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Wenn wir von den Losungen der revolutionären Periode sprechen, darf dies nicht allzu eng aufgefaßt werden. Sowjets können nur in einer revolutionären Periode gebildet werden. Doch wann beginnt diese? Das steht nicht im Kalender. Man kann es nur praktisch herausfinden. Sowjets müssen geschaffen werden, sobald sie geschaffen werden können. [1*]
Die Losung der Arbeiterkontrolle über die Produktion gehört im großen und ganzen der gleichen Periode an wie die Schaffung von Sowjets. Aber auch das darf nicht mechanisch verstanden werden. Besondere Bedingungen können die Massen sehr viel früher zur Produktionskontrolle bringen, als sie bereit sind, an die Schaffung von Sowjets heranzugehen.
Brandler und sein linker Schatten – Urbahns – haben die Losung der Produktionskontrolle unabhängig von der politischen Situation aufgestellt. Das hat nichts gebracht als die Diskreditierung der Losung selbst. Dennoch wäre es unrichtig, auf die Losung jetzt, unter den Bedingungen der heraufziehenden politischen Krise, zu verzichten, bloß deshalb, weil es noch keine Massenoffensive gibt. Für die Offensive selbst braucht man Losungen, die die Perspektive der Bewegung festlegen. Eine Periode der Propaganda muß dem Eindringen der Losung in die Massen unvermeidlich vorausgehen.
Die Kampagne für die Arbeiterkontrolle kann je nach den Umständen unter dem Gesichtspunkt der Produktion oder unter dem des Konsums eingeleitet werden. Das Versprechen der Brüning-Regierung, gleichzeitig mit dem Lohnabbau auch die Warenpreise herabzusetzen, hat sich nicht verwirklicht. Die Frage muß die rückständigsten, heute noch sehr weit vom Gedanken der Machteroberung entfernten Schichten des Proletariats lebhaft interessieren. Die Arbeiterkontrolle über Produktionskosten und Handelsgewinne ist die einzig reale Form des Kampfes um den Preisabbau. Bei der allgemeinen Unzufriedenheit könnten Arbeiterkommissionen unter Beteiligung von Arbeiter-Hausfrauen, die überprüfen, aus welchen Gründen z.B. Margarine im Preis steigt, ein sehr wirksamer Anfang einer Arbeiterkontrolle aber die Produktion werden. Selbstverständlich ist das nur einer der möglichen Wege, ein Beispiel. Hier handelt es sich noch nicht um die Leitung der Produktion, darauf wird die Arbeiterfrau nicht sogleich eingehen, dieser Gedanke liegt ihr fern. Aber von der Konsumtionskontrolle aus wird es ihr leichter fallen, zur Produktionskontrolle überzugehen und von dieser – zur direkten Leitung der Produktion, entsprechend der allgemeinen Entwicklung der Revolution.
Produktionskontrolle bedeutet im heutigen Deutschland, unter den Bedingungen der jetzigen Krise, Kontrolle nicht nur der produzierenden, sondern auch der halb und ganz stillgelegten Unternehmen. Das setzt Heranziehung jener Arbeiter zur Kontrolle voraus, die vor der Entlassung in den Unternehmen gearbeitet haben. Die Aufgabe ist die Ingangsetzung der ruhenden Unternehmen unter Führung der Betriebsausschüsse, auf Grund eines Wirtschaftsplanes. Das führt dicht an die Frage der staatlichen Produktionsleitung heran, d.h. an die Enteignung der Kapitalisten durch den Arbeiterstaat. Die Arbeiterkontrolle ist kein andauernder, „normaler“ Zustand wie die Institution der Tarifverträge oder der Sozialversicherung. die Kontrolle ist eine Übergangsmaßnahme unter den Bedingungen höchster Spannung des Klassenkampfes und denkbar nur als Brücke zur revolutionären Verstaatlichung der Industrie.
Die Brandlerianer beschuldigen die Linke Opposition, von ihnen die Parole der Produktionskontrolle übernommen zu haben, nachdem sie sie jahrelang verspottete. Diese Beschuldigung kommt recht überraschend! Die Losung der Produktionskontrolle wurde zum ersten Male in breiterem Maßstäbe von den Bolschewiki im Jahre 1917 aufgestellt. In Petrograd lag die Führung der ganzen Kampagne auf diesem Gebiete wie auch auf anderen in Händen des Sowjets. Als einer, der diese Arbeit verfolgt und an ihr teilgenommen hat, bezeuge ich: Wir brauchten weder Brandler-Thalheimers Initiative zu erbitten, noch ihre theoretischen Anweisungen zu benutzen. Die Beschuldigung des „Plagiats“ ist einigermaßen unvorsichtig formuliert.
Aber nicht darin liegt das Übel. Viel schlimmer steht es mit dem zweiten Teil der Beschuldigung: bisher hätten die „Trotzkisten“ sich einer Kampagne unter der Losung der Produktionskontrolle widersetzt, während sie nun für diese Losung eintreten. Die Brandlerianer sehen hier unsere Inkonsequenz! In Wirklichkeit bezeugen sie lediglich völliges Unverständnis für die revolutionäre Dialektik, die der Losung der Arbeiterkontrolle zugrunde liegt, die sie auf ein technisches Rezept zur „Massenmobilisierung“ reduzieren. Sie verurteilen sich selber, wenn sie sich darauf berufen, schon jahrelang eine Losung zu wiederholen, die nur für eine revolutionäre Periode taugt. Der Specht, der jahraus, jahrein an der Eichenrinde klopft, meint wohl in der Tiefe seiner Seele, der Holzfäller, der mit einem Axtstreich den Baum umlegt, habe an ihm, dem Specht, ein verbrecherisches Plagiat begangen.
Für uns ist die Losung der Produktionskontrolle mit einer Periode der Doppelherrschaft in der Industrie verbunden, die dem Übergang vom bürgerlichen Regime zum proletarischen entspricht. Nein, erwidert Thalheimer, Doppelherrschaft würde „Gleichberechtigung (!) mit den Unternehmern“ bedeuten; die Arbeiter aber kämpfen um die vollständige Leitung der Betriebe. Die, die Brandlerianer, werden nicht gestatten daß man die revolutionäre Losung „kastriere“ – wörtlich so! Für sie bedeutet „Produktionskontrolle die Leitung der Produktion durch die Arbeiter“ (17. Januar). Warum die Leitung dann Kontrolle nennen? In der allgemeinen Sprache versteht man unter Kontrolle die Beobachtung und Überprüfung der Arbeit der einen Institution durch eine andere. Die Kontrolle kann sehr aktiv sein, selbständig und umfassend sein. Sie bleibt aber Kontrolle. Die eigentliche Idee dieser Losung ist aus dem Übergangsregime in den Betrieben entstanden, wo Kapitalist und Administration keinen Schritt mehr ohne Zustimmung der Arbeiter tun können, andererseits aber die Arbeiter noch nicht die politischen Voraussetzungen für die Verstaatlichung geschaffen, die technische Leitung noch nicht erobert, die dazu erforderlichen Organe noch nicht gebildet haben. Vergessen wir nicht, daß es nicht nur um die Werksleitung geht, sondern auch um den Produktionsabsatz, die Versorgung der Betriebe mit Rohstoff, Materialien, Neuausrüstungen, Krediten usw.
Das Kräfteverhältnis im Betriebe wird durch die Macht des allgemeinen Drucks des Proletariats auf die bürgerliche Gesellschaft bestimmt. Die Kontrolle ist, allgemein gesprochen, nur bei unzweifelhafter Übermacht der Kräfte des Proletariats über die Kräfte des Kapitals möglich. Doch ist es falsch zu glauben, in der Revolution würden alle Fragen mit Gewalt gelöst; die Betriebe besetzen kann man mit Hilfe der Roten Garde; um sie zu leiten bedarf es neuer rechtlicher und administrativer Voraussetzungen, außerdem braucht man Kenntnisse, Erfahrung und geeignete Organisationen. Eine gewisse Lehrzeit ist nötig. Das Proletariat ist daran interessiert, für diese Periode die Leitung in den Händen der erfahrenen Administration zu belassen, sie aber zu zwingen, alle Bücher zu öffnen und über alle Verbindungen und Aktivitäten eine wachsame Aufsicht auszuüben.
Die Arbeiterkontrolle beginnt beim einzelnen Unternehmen. Das Kontrollorgan ist der Betriebsausschuß. Die betrieblichen Kontrollorgane treten miteinander in Verbindung, je nach den wirtschaftlichen Zusammenhängen der verschiedenen Unternehmen. In diesem Stadium besteht noch kein allgemeiner Wirtschaftsplan. Die Praxis der Arbeiterkontrolle bereitet lediglich die Elemente dieses Planes vor.
Die Produktionsleitung durch die Arbeiter geht dagegen schon von Anfang an in hohem Grade von oben aus, denn sie ist direkt mit der Macht und mit einem allgemeinen Wirtschaftsplan verbunden. Leitungsorgane sind nicht mehr die Betriebsausschüsse, sondern die zentralisierten Sowjets. Die Rolle der Betriebsausschüsse bleibt natürlich sehr bedeutend. Aber auf dem Gebiet der Betriebsleitung handelt es sich nicht mehr um eine Führungs-, sondern um eine Hilfsfunktion.
In Rußland, wo mit der Bourgeoisie auch die technische Intelligenz davon überzeugt war, das bolschewistische Experiment werde sich nur wenige Wochen halten, und daher Sabotage aller Art vornahm, jegliche Verständigung ablehnte, kam die Arbeiterkontrolle nicht zur Entfaltung. Der Bürgerkrieg ruinierte überdies die Wirtschaft, indem er die Arbeiter in Soldaten verwandelte. Die russische Erfahrung ist daher in bezug auf die Arbeiterkontrolle als besonderes Regime der Industrie wenig instruktiv. Umso wertvoller ist aber diese Erfahrung unter einem anderen Gesichtspunkt: sie beweist, daß selbst in einem rückständigen Lande bei allgemeiner Sabotage nicht nur der Eigentümer, sondern auch des technisch-administrativen Personals, das junge, unerfahrene, von Feinden umringte Proletariat dennoch die Leitung der Produktion zu organisieren verstand. Was könnte da erst die deutsche Arbeiterklasse vollbringen!
Das Proletariat ist, wie gesagt, daran interessiert, den Übergang von privatkapitalistischer zu staatskapitalistischer und sozialistischer Produktion mit den geringsten wirtschaftlichen Erschütterungen, mit dem geringsten Verlust an Nationaleinkommen zu bewerkstelligen. Deshalb wird es, sobald es sich der Macht nähert oder gar die Macht in kühnem und energischem Kampf erobert, sich bereit zeigen, in Betrieben, Fabriken und Banken ein Übergangsregime zu errichten.
Werden sich in Deutschland während der Revolution die Verhältnisse in der Industrie anders gestalten als in Rußland? Diese Frage zu beantworten ist, besonders aus der Ferne, nicht leicht. Der reale Verlauf des Klassenkampfes wird möglicherweise für die Arbeiterkontrolle als besondere Etappe keinen Raum lassen. Bei äußerst angespannter Entwicklung des Klassenkampfes, bei zunehmendem Druck der Arbeiter einerseits und bei Sabotage der Unternehmer und Administratoren andererseits, ist es möglich, daß selbst für provisorische Vereinbarungen kein Raum mehr bleibt. Die Arbeiterklasse müßte in diesem Falle mit der Macht zugleich die völlige Leitung der Unternehmungen in ihre Hände nehmen. Der gegenwärtige, halbparalysierte Zustand der Industrie und das Vorhandensein einer ungeheuren Arbeitslosenarmee machen einen solchen „verkürzten“ Weg ziemlich wahrscheinlich.
Andererseits aber bilden das Vorhandensein mächtiger Organisationen der Arbeiterklasse, die Erziehung der deutschen Arbeiter im Geist systematischer Aktionen und nicht der Improvisationen, das langsame Tempo der Revolutionierung der Massen Bedingungen, die zugunsten des ersten Weges sprechen. Es wäre daher unzulässig, im voraus auf die Parole der Produktionskontrolle zu verzichten.
Jedenfalls ist es evident, daß für Deutschland noch mehr als für Rußland die Parole der Arbeiterkontrolle einen anderen Sinn hat als die der Arbeiterselbstverwaltung. Wie viele andere Übergangslosungen behält sie größte Bedeutung unabhängig davon, bis zu welchem Grade sie sich als realisierbar erweist oder überhaupt zur Verwirklichung kommt.
Durch die Bereitschaft, Übergangsformen der Arbeiterkontrolle zu schaffen, bringt die proletarische Avantgarde die konservativen Schichten des Proletariats auf ihre Seite, neutralisiert gewisse Gruppen des Kleinbürgertums, besonders der technischen, administrativen, Handels- und Bankangestellten. Sollten die Kapitalisten und die ganze obere Schicht der Administration Widerstand leisten und zur Wirtschaftssabotage Zuflucht nehmen, so würde die Verantwortung für die dann erforderlichen harten Maßnahmen in den Augen des Volkes nicht auf die Arbeiter, sondern auf die feindlichen Klassen zurückfallen. Das ist – neben ihrem oben aufgezeigten wirtschaftlichen und administrativen – der komplementäre politische Sinn der Losung der Arbeiterkontrolle.
Jedenfalls ist es der Gipfel des politischen Zynismus, wenn Leute, die die Losung der Arbeiterkontrolle in einer nicht-revolutionären Situation aufgestellt und ihr damit rein reformistischen Charakter verliehen haben, uns der zentristischen Halbheit bezichtigen, weil wir es ablehnen, Kontrolle und Leitung ein-ander gleichzusetzen.
Die Arbeiter, die sich zum Verständnis der Probleme der Produktionsleitung durcharbeiten, wollen und können sich nicht an Worten berauschen. Sie sind von den Betrieben her gewohnt, mit weniger nachgiebigem Material als mit Phrasen umzugehen, und sie werden viel besser als die Bürokraten unseren Gedanken verstehen; wirklich revolutionäres Denken besteht nicht darin, immer und überall Gewalt anwenden zu wollen, und noch weniger, sich an Worten über die Gewalt zu verschlucken. Wo Gewalt not tut, muß man sie kühn, entschlossen und bis zu Ende anwenden. Doch muß man die Grenzen der Gewalt kennen, wissen, wo Gewalt mit Manövern zu kombinieren ist, der Schlag mit – Verständigung. An Lenin-Gedächtnistagen wiederholt die Stalinbürokratie die eingepaukten Phrasen vom „revolutionären Realismus“, um ihn während der übrigen 364 Tage um so ungebundener zu verhöhnen.
Die prostituierten Theoretiker des Reformismus versuchen in Brünings Notverordnungen gegen die Arbeiter die Morgenröte des Sozialismus zu entdecken. Vom „Kriegssozialismus“ Hohenzollerns zum Polizeisozialismus Brünings!
Die linken Bourgeoisideologen träumen von kapitalistischer Planwirtschaft. Doch der Kapitalismus hat bereits bewiesen, daß er nur fähig ist, planmäßig die Produktivkräfte im Interesse des Krieges zu vergeuden. Abgesehen von allem anderen: wie will man die Unabhängigkeit Deutschlands vom Weltmarkt – bei seinen ungeheuren Ein- und Ausfuhrziffern – realisieren?
Wir schlagen unsererseits vor, mit dem Sektor der sowjetisch-deutschen Beziehungen zu beginnen, d.h. mit der Ausarbeitung eines großen Plans zur Zusammenarbeit zwischen der sowjetischen und der deutschen Wirtschaft im Zusammenhang mit dem zweiten Fünfjahresplan und als dessen Ergänzung. Dutzende und Hunderte großer Betriebe könnten voll in Gang gesetzt werden. Die Arbeitslosigkeit Deutschlands könnte gänzlich liquidiert werden – kaum wären dazu mehr als zwei, drei Jahre nötig – auf Grund eines Wirtschaftsplanes, der alle Wirtschaftszweige wenigstens dieser beiden Länder umfassen würde.
Die kapitalistischen Wirtschaftsführer Deutschlands können natürlich keinen solchen Plan schaffen, denn er würde ihre soziale Selbstvernichtung bedeuten. Die Sowjetregierung aber kann und muß unter Mitwirkung der deutschen Arbeiterorganisationen, vor allem der Gewerkschaften und der fortschrittlichen Vertreter der deutschen Technik einen gänzlich realistischen Plan ausarbeiten, der wahrhaft grandiose Perspektiven eröffnen kann. Wie kläglich würden sich all die „Probleme“ der Reparationen und zusätzlichen Zollpfennige im Vergleich mit den Möglichkeiten ausnehmen, die durch die Verbindung der natürlichen, technischen und organisatorischen Hilfsmittel der sowjetischen und der deutschen Wirtschaft erschlossen würden!
Die deutschen Kommunisten propagieren die Erfolge des sowjetischen Aufbaus. Das ist unentbehrlich. Sie ergehen sich dabei in Übertreibungen und süßlichen Beschönigungen. Das ist überflüssig. Am schlimmsten aber ist, daß sie die Erfolge und Schwierigkeiten der Sowjetwirtschaft nicht mit den unmittelbaren Interessen des deutschen Proletariats, mit Arbeitslosigkeit, Lohnabbau und der allgemeinen wirtschaftlichen Ausweglosigkeit Deutschlands zu verbinden wissen. Sie verstehen nicht, die Frage der sowjetisch-deutschen Zusammenarbeit auf streng realistischer und zugleich von Grund auf revolutionärer Basis zu stellen – und wollen das nicht.
Ganz im Anfang der Krise – nun sind es schon über zwei Jahre her – haben wir diese Frage in der Presse gestellt. Die Stalinisten verkündeten sogleich, wir glaubten an die friedliche Koexistenz von Sozialismus und Kapitalismus, wir wollten den Kapitalismus retten usw. Sie haben nur eines nicht vorausgesehen und begriffen: welch machtvoller Faktor der sozialistischen Revolution ein konkreter Wirtschaftsplan der Zusammenarbeit sein könnte, würde er zum Gegenstand der Diskussion in Gewerkschaften und Betriebsversammlungen, unter den Arbeitern nicht nur der beschäftigten, sondern der stillgelegten Unternehmen gemacht, mit der Losung der Arbeiterkontrolle über die Produktion verbunden und dann mit der Parole der Machteroberung. Denn eine wirklich planmäßige, internationale Zusammenarbeit läßt sich nur bei einem Außenhandelsmonopol in Deutschland verwirklichen, bei Verstaatlichung der Produktionsmittel, mit anderen Worten: nur bei Diktatur des Proletariats. Auf diesem Wege könnte man neue Arbeitermillonen, parteilose, sozialdemokratische, katholische, zum Kampf um die Macht führen.
Die Tarnow schrecken die deutschen Arbeiter damit, der industrielle Verfall als Folge der Revolution würde schreckliches Chaos, Hunger usw. mit sich bringen. Vergessen wir nicht: diese Leute haben den imperialistischen Krieg unterstützt, der dem Proletariat nichts als Qualen, Elend und Erniedrigung bringen konnte. Dem Proletariat die Leiden des Krieges unter Hohenzollerns Fahne aufbürden – ja, die Opfer der Revolution unter dem Banner des Sozialismus? – nein, niemals!
Das Gerede davon, „unsere deutschen Arbeiter“ würden „solche Opfer“ nicht tragen wollen, ist eine Schmeichelei und gleichzeitig eine Verleumdung der deutschen Arbeiter. die deutschen Arbeiter sind unglücklicherweise allzu geduldig. Die sozialistische Revolution würde von ihnen nicht den hundertsten Teil der Opfer fordern, die der Hohenzollern-Leipart-Welsche Krieg verschlungen hat.
Von welchem Chaos sprechen die Tarnows? Das halbe deutsche Proletariat liegt auf der Straße. Selbst bei Milderung der Krise in ein, zwei Jahren würde sie in 5 Jahren in noch schrecklicherer Form wiederkehren, abgesehen davon, daß die Todeskonvulsionen des Kapitalismus unvermeidlich zu einem neuen Kriege führen. Mit welchem Chaos schrecken die Hilferding? Ginge die sozialistische Revolution von einer prosperierenden kapitalistischen Industrie aus – was im allgemeinen unmöglich ist, so könnte in den ersten Monaten und Jahren des Wechsels des wirtschaftlichen Regimes, bei Umstoßung der alten Proportionen und bei Instabilität der neuen, eine vorübergehende Schwächung der Wirtschaft eintreten. Doch der Sozialismus hätte im heutigen Deutschland von einer Wirtschaft auszugehen, deren Produktivkräfte bloß zur Hälfte arbeiten. Die Wirtschaftsregulierung verfügte somit von allem Anfang an über 50 Prozent Reserven. Das ist mehr als ausreichend, um die Schwankungen der ersten Schritte zu kompensieren, die scharfen Stöße des neuen Systems abzudämpfen und es selbst vor zeitweiligem Niedergang der Produktionskräfte zu sichern. In der konventionellen Sprache der Ziffern ausgedrückt: müßte die soziale Revolution von einer hundertprozentigen kapitalistischen Wirtschaft in der ersten Zeit auf 75 und sogar 50 Prozent zurückgehen, so könnte von einer fünfzigprozentigen kapitalistischen Wirtschaft aus die proletarische Revolution sich lediglich auf 75 und 100 Prozent erheben, um sodann einen Aufschwung zu nehmen, der mit keinem bisher dagewesenen vergleichbar wäre.
1*. Erinnern wir daran, daß in China die Stalinisten die Bildung von Sowjets in der Periode des revolutionären Aufstiegs verhinderten und, nachdem sie beschlossen hatten, in der Periode des Niedergangs den Kantoner Aufstand zu organisieren, die Massen zur Schaffung von Sowjets erst am Tage des Aufstands aufriefen!
Zuletzt aktualiziert am 22.7.2008