Leo Trotzki

 

Geschichte der russischen Revolution

Band 2: Oktoberrevolution

 

Kapitel 1:
“Julitage“: Vorbereitung und Beginn

Im Jahre 1915 kostete Rußland der Krieg zehn Milliarden Rubel, im Jahre 1916 neunzehn Mi1iarden, im ersten Halbjahr 1917 bereits zehneinhalb Milliarden. Die Staatsschuld wäre zu Beginn des Jahres 1918 auf sechzig Mil1iarden angewachsen, das heißt fast dem gesamten Nationalvermögen gleichgekommen, das man auf siebzig Milliarden schätzte. Das Zentral-Exekutivkomitee entwarf einen Aufruf zur Kriegsanleihe unter dem sirupsüßen Namen „Freiheitsanleihe“, während die Regierung zu der simplen Schlußfolgerung gelangte, sie würde ohne eine neue grandiose Außenanleihe nicht nur die ausländischen Bestellungen nicht bezahlen können, sondern auch außerstande wäre, den inneren Verpflichtungen nachzukommen. Das Passivum der Handelsbilanz wuchs dauernd. Die Entente ging offenbar daran, den Rubel endgültig seinem eigenen Schicksal zu überlassen. Am gleichen Tage, als der Aufruf zur Freiheitsanleihe die erste Seite des Sowjetorgans Iswestja füllte, berichtete der Regierungsanzeiger über einen scharfen Kurssturz des Rubels. Die Druckpresse konnte nicht mehr Schritt halten mit dem Inflationstempo. Von den alten soliden Geldzeichen, auf denen noch der Abglanz ihrer einstigen Kaufkraft weilte, schickte man sich an, zu den fuchsroten Flaschenetiketten überzugehen, die in der Umgangssprache bald den Namen „Kerenski“ erhielten. Bourgeois wie Arbeiter legten, jeder auf seine Art, in diesen Namen eine Note des Abscheus hinein.

In Worten akzeptierte die Regierung das Programm der staatlichen Wirtschaftsregulierung und schuf sogar zu diesem Zweck Ende Juni schwerfällige Verwaltungsorgane. Doch Wort und Tat des Februarregimes standen, wie Geist und Fleisch des frommen Christen, in ständigem Kampfe miteinander. Die entsprechend zusammengesetzten Regulierungsorgane waren mehr besorgt um den Schutz der Unternehmer vor den Launen der schwankenden und wankenden Staatsmacht als um die Zähmung privater Interessen. Das administrative und technische Industriepersonal fiel Schicht um Schicht auseinander; die Spitzen, erschreckt über die Gleichmachungstendenzen der Arbeiter, gingen entschlossen auf die Seite der Unternehmer über. Die Arbeiter standen den Kriegslieferungen, mit denen die wackligen Betriebe noch für ein bis zwei Jahre im voraus gedeckt waren, voller Widerwillen gegenüber. Doch auch die Unternehmer verloren den Geschmack an der Produktion, die mehr Sorgen als Gewinne versprach. Vorsätzliche Betriebseinstellungen von oben, nahmen systematischen Charakter an. Die Eisenindustrie hatte sich um vierzig Prozent verringert, die Textilindustrie um zwanzig Prozent. An allem Lebensnotwendigem herrschte Mangel. Die Preise stiegen zusammen mit Inflation und Wirtschaftsverfall. Die Arbeiter kämpften um die Kontrolle über den vor ihnen verborgenen administrativ-kommerziellen Mechanismus, von dem ihr Schicksal abhing. Der Arbeitsminister Skobeljew predigte den Arbeitern in wortreichen Manifesten die Unzulässigkeit einer Einmischung in die Betriebsverwaltung. Am 24. Juni berichteten die Iswestja, es sei abermals die Schließung einer Reihe von Betrieben geplant. Gleiche Nachrichten kamen aus der Provinz. Der Eisenbahntransport war noch schwerer getroffen als die Industrie. Die Hälfte der Lokomotiven erforderte kapitale Reparaturen, ein großer Teil des rollenden Materials befand sich an der Front, es fehlte an Brennstoff. Das Verkehrsministerium kam aus dem Kriegszustande mit den Eisenbahnarbeitern und Angestellten nicht heraus. Die Lebensmittelversorgung verschlimmerte sich dauernd. In Petrograd gab es Brotvorräte nur noch für zehn bis fünfzehn Tage, in anderen Zentren stand es nicht viel besser. Bei der halben Paralyse des rollenden Materials und dem drohenden Eisenbahnstreik bedeutete dies ständig Hungergefahr. In der Perspektive öffnete sich kein Lichtblick. Nicht dies hatten die Arbeiter von der Revolution erwartet.

Wenn möglich noch schlimmer stand es in der Sphäre der Politik. Unentschlossenheit ist der schwierigste Zustand im Leben von Regierungen, Nationen, Klassen, wie auch des einzelnen Menschen. Die Revolution ist die erbarmungsloseste von allen Lösungsarten historischer Fragen. Ausweichen ist in der Revolution die verheerendste aller denkbaren Politik. Die Partei der Revolution darf nicht schwanken, ebensowenig wie der Chirurg, der das Messer in den kranken Körper eingeführt hat. Indes war das aus der Februarumwälzung entstandene Doppelregime organisierte Unentschlossenheit. Alles kehrte sich gegen die Regierung. Bedingte Freunde wurden Gegner, Gegner Feinde, die Feinde bewaffneten sich. Die Konterrevolution, inspiriert vom Zentralkomitee der Kadettenpartei, dem politischen Stab all jener, die etwas zu verlieren hatten, mobilisierte ganz offen. Das leitende Komitee des Offiziersverbandes beim Hauptquartier in Mohilew, der etwa hunderttausend unzufriedene Kommandeure repräsentierte, und der Sowjet des Verbandes der Kosakentruppen in Petrograd bildeten zwei militärische Hebel der Konterrevolution. Die Reichsduma beschloß, trotz Verfügung des Junikongresses der Sowjets, ihre „Privatberatungen“ fortzusetzen. Ihr provisorisches Komitee bot legale Deckung für konterrevolutionäre Arbeit, die von Banken und Gesandtschaften der Entente weitestgehend finanziert wurde. Gefahren drohten den Versöhnlern von rechts und links. Beunruhigt nach allen Richtungen spähend, beschloß die Regierung insgeheim, Mittel zur Organisierung einer gesellschaftlichen Konterspionage, das heißt einer politischen Geheimpolizei, zu bewilligen. Ungefähr um die gleiche Zeit, Mitte Juni, setzte die Regierung die Wahlen zur Konstituierenden Versammlung auf den 17. September fest. Die liberale Presse führte trotz Teilnahme der Kadetten an der Regierung eine hartnäckige Kampagne gegen den offiziell festgesetzten Termin, an den niemand glaubte und den niemand ernsthaft verteidigte. Das Bild der Konstituierenden Versammlung, so grell in den ersten Märztagen, verblaßte und verschwamm. Alles kehrte sich gegen die Regierung, sogar ihre blutarmen guten Absichten. Erst am 30. Juni faßte sie Mut, die adligen Dorfvormünder, die Semskije Natschalniki (Landvögte), deren Name allein schon seit ihrer Einführung durch Alexander III. dem Lande verhaßt war, abzuschaffen. Und diese erzwungene und verspätete Teilreform drückte der Provisorischen Regierung den Stempel schmachvoller Feigheit auf Währenddessen erholte sich der Adel von seiner Angst, die Bodenbesitzer schlossen sich zusammen und begannen vorzustoßen. Das provisorische Dumakomitee wandte sich Ende Juni an die Regierung mit der Forderung, entschiedene Maßnahmen zum Schutze der Gutsbesitzer gegen die Bauern zu treffen, die von „verbrecherischen Elementen“ aufgewiegelt wären. Am 1. Juli wurde in Moskau der Allrussische Kongreß der Bodenbesitzer eröffnet, in seiner überwiegenden Mehrheit adlig. Die Regierung wand sich, bemüht, bald die Muschiks, bald die Gutsbesitzer durch Phrasen zu hypnotisieren. Am schlimmsten aber stand es an der Front. Die Offensive, die der entscheidende Einsatz Kerenskis auch im inneren Kampfe geworden war, zuckte in Konvulsionen. Der Soldat wollte nicht Krieg führen. Die Diplomaten des Fürsten Lwow fürchteten sich, den Diplomaten der Entente in die Augen zu schauen. Eine Anleihe brauchte man um jeden Preis. Um feste Hand zu zeigen, unternahm die ohnmächtige und gezeichnete Regierung eine Offensive gegen Finnland, die sie, wie alle ihre schmutzigsten Geschäfte, durch die Hände der Sozialisten verwirklichte. Gleichzeitig wuchs der Konflikt mit der Ukraine stärker an und führte zum offenen Bruch.

Weit zurück lagen die Tage, wo Albert Thomas Hymnen sang auf die strahlende Revolution und auf Kerenski. Anfang Juli löste den französischen Gesandten Paléologue, der allzu stark nach dem Aroma Rasputinscher Salons duftete, der „radikale“ Noulens ab. Der Journalist Claude Anet hielt dem neuen Gesandten einen einführenden Vortrag über Petrograd. Gegenüber der französischen Gesandtschaft, auf der anderen Seite der Newa, läge der Wyborger Bezirk. „Das ist der Bezirk der großen Fabriken, der restlos den Bolschewiki gehört. Lenin und Trotzki walten dort wie die Herren.“ Im gleichen Bezirk befänden sich die Kasernen des Maschinengewehrregiments, das etwa zehntausend Mann und über tausend Maschinengewehre zähle: weder Sozialrevolutionäre noch Menschewiki hätten Zutritt zu den Kasernen des Regiments. Die übrigen Regimenter seien entweder bolschewistisch oder neutral. „Wollten Lenin und Trotzki Petrograd besetzen, wer würde sie daran hindern?“ Noulens hörte staunend zu. „Weshalb aber duldet die Regierung einen solchen Zustand?“ – „Was bleibt ihr anderes zu tun übrig?“ antwortete der Journalist. „Man muß begreifen, daß die Regierung über keine andere Macht als über die moralische verfügt, und auch die scheint mir sehr schwach zu sein ...“

Keinen Ausweg findend, zersplitterte die erwachte Energie der Massen in eigenmächtigen Aktionen, Partisanenerhebungen, gelegentlichen Expropriationen. Arbeiter, Soldaten, Bauern versuchten stückweise zu lösen, was zu lösen die von ihnen selbst geschaffene Macht sich weigerte. Unentschlossenheit der Führung erschöpft die Massen am stärksten. Fruchtloses Warten bewegt sie zu immer eindringlicheren Schlägen gegen die Pforte, die man vor ihnen nicht öffnen will, oder zu direkten Verzweiflungsausbrüchen. Bereits in den Tagen des Sowjetkongresses, als die Provinzler nur mit Mühe die über Petrograd erhobene Hand ihrer Führer zurückhalten konnten, hatten die Arbeiter und Soldaten hinreichende Gelegenheit gehabt, sich über die Gefühle und Absichten der Sowjetspitzen ihnen gegenüber zu unterrichten. Nach Kerenski wurde Zeretelli nicht nur eine fremde, sondern auch verhaßte Gestalt für die Mehrheit der Petrograder Arbeiter und Soldaten. An der Peripherie der Revolution wuchs der Einfluß der Anarchisten, die im selbstherrlichen Revolutionskomitee in der Villa Durnowo die Hauptrolle spielten. Aber auch diszipliniertere Arbeiterschichten, sogar weite Kreise der bolschewistischen Partei begannen die Geduld zu verlieren oder jenen Gehör zu schenken, die sie schon verloren hatten. Die Demonstration vom 18. Juni enthüllte allen, daß die Regierung keine Stütze besaß. „Was schauen sie dort oben zu?“ fragten Soldaten und Arbeiter und meinten jetzt nicht nur die Versöhnler-Führer, sondern auch die leitenden Institutionen der Bolschewiki.

Der Kampf um den Arbeitslohn bei den Inflationspreisen entnervte und erschöpfte die Arbeiter. Besonders scharf spitzte sich diese Frage während des Juni im Putilow-Gigant zu, wo 36.000 Menschen arbeiteten. Am 21. Juni entbrannte in einigen Werkstätten der Fabrik ein Streik. Die Unfruchtbarkeit solcher vereinzelter Ausbrüche war der Partei nur zu klar. Am nächsten Tage erklärte die von den Bolschewiki geleitete Versammlung, in der die wichtigsten Arbeiterorganisationen und siebzig Betriebe vertreten waren, „die Sache der Putilow-Arbeiter als Angelegenheit des gesamten Petrograder Proletariats“ und forderte die Putilower auf, „ihre gerechte Empörung zurückzuhalten“. Der Streik wurde vertagt. Doch die nächsten zwölf Tage brachten keinerlei Veränderungen. Die Massen in den Fabriken waren in tiefer Gärung und suchten einen Ausweg. Jedes Unternehmen hatte seinen Konflikt, und alle diese Konflikte führten nach oben, zur Regierung. Ein Memorandum des Gewerkschaftsverbandes der Lokomotivbrigaden an den Verkehrsminister lautete: „Wir erklären zum letztenmal: die Geduld hat eine Grenze. Weiter in solcher Lage zu leben, fehlt uns die Kraft ...“ Das war eine Beschwerde nicht nur über Not und Hunger, sondern auch über Zweideutigkeit, Charakterlosigkeit, Betrug. Die Eingabe protestierte besonders zornig gegen „die an uns gerichteten endlosen Ermahnungen zu Bürgerpflicht und Enthaltsamkeit bei hungrigem Magen.“

Die Machtübergabe im März an die Provisorische Regierung durch das Exekutivkomitee war unter der Bedingung erfolgt, daß die revolutionären Truppen nicht aus der Hauptstadt entfernt würden. Aber jene Tage lagen weit zurück. Die Garnison bewegte sich nach links, die regierenden Sowjetkreise nach rechts. Der Kampf gegen die Garnison verschwand nicht von der Tagesordnung. Wenn auch nicht geschlossene Truppenteile aus der Hauptstadt hinausgeführt wurden, so schwächte man die revolutionäreren Teile unter dem Vorwand strategischer Notwendigkeit systematisch durch Herauspumpen von Marschkompanien. Gerüchte über Auflösung immer neuer und neuer Truppenteile an der Front wegen Ungehorsam und Weigerung, Kampfbefehle auszuführen, drangen ununterbrochen in die Hauptstadt. Zwei sibirische Divisionen – ist es lange her, daß die sibirischen Schützen als die sichersten galten? – wurden unter Anwendung von Waffengewalt aufgelöst. Wegen Massenauflehnung gegen Kampfbefehle wurden allein in der der Hauptstadt nächstgelegenen 5. Armee siebenundachtzig Offiziere und 12.725 Soldaten zur Verantwortung gezogen. Die Petrograder Garnison, Akkumulator der Unzufriedenheit von Front, Dorf, Arbeitervierteln und Kasernen, war dauernd in Wallung. Bärtige Vierziger forderten mit hysterischer Beharrlichkeit Entlassung nach Hause, zu den Feldarbeiten. Die Regimenter, die auf der Wyborger Seite lagen: das I. Maschinengewehr-, das I. Grenadier-, das Moskauer, das 180. Infanterieregiment und andere wurden dauernd von den heißen Sprudeln der proletarischen Vorstadt umspült. Tausende Arbeiter gingen an den Kasernen vorbei, unter ihnen nicht wenige unermüdliche Agitatoren des Bolschewismus. Vor den schmutzigen, verhaßten Mauern fanden fast ununterbrochen fliegende Meetings statt. Am 22. Juni, bevor noch die durch die Offensive hervorgerufenen patriotischen Manifestationen erloschen waren, tauchte auf dem Sampsonjewski-Prospekt unvorsichtigerweise ein Automobil des Exekutivkomitees mit Plakaten auf: „Vorwärts für Kerenski.“ Das Moskauer Regiment nahm die Agitatoren fest, zerriß die Aufrufe und schickte das patriotische Automobil zum Maschinengewehrregiment.

Die Soldaten waren überhaupt ungeduldiger als die Arbeiter: sowohl, weil ihnen unmittelbare Entsendung an die Front drohte, als auch, weil sie Erwägungen politischer Strategie viel schwerer zugänglich waren. Außerdem hatte jeder in der Hand eine Flinte, und nach dem Februar neigte der Soldat dazu, deren selbständige Macht zu überschätzen. Ein alter Arbeiterbolschewik, Lisdin, erzählte später, wie die Soldaten des 180. Reserveregiments ihm sagten: „Was schlafen die Unseren dort im Kschessinskaja-Palais, gehen wir doch, Kerenski verjagen ...“ In den Regimentsversammlungen wurden fortwährend Resolutionen angenommen über die Notwendigkeit, sich endlich gegen die Regierung zu erheben. Delegationen von einzelnen Betrieben kamen zu den Regimentern mit der Anfrage, ob die Soldaten auf die Straße gehen würden. Die Maschinengewehrschützen schickten ihre Vertreter zu anderen Garnisonteilen mit der Aufforderung, gegen die Kriegsverlängerung zu protestieren. Ungeduldigere Delegierte fügen hinzu: das Pawlower und das Moskauer Regiment und vierzigtausend Putilower werden „morgen“ hervortreten. Die offiziellen Ermahnungen des Exekutivkomitees wirken nicht. Immer schärfer gestaltet sich die Gefahr, daß Petrograd, von Front und Provinz nicht unterstützt, stückweise zerschlagen wird. Am 21. Juni forderte Lenin in der Prawda die Petrograder Arbeiter und Soldaten auf, auszuharren, bis die Ereignisse die schweren Reserven auf die Seite Petrograds stoßen würden. „Wir begreifen die Erbitterung, wir begreifen die Erregung der Petrograder Arbeiter. Aber wir sagen ihnen: Genossen, ein Hervortreten jetzt wäre unzweckmäßig.“ Am nächsten Tag kam eine private Beratung führender Bolschewiki, offenbar „linker“ als Lenin, zu dem Entschluß, daß man trotz der Stimmung der Arbeiter- und Soldatenmassen den Kampf noch nicht annehmen dürfe: „Es ist besser abzuwarten, damit sich die regierenden Parteien durch die begonnene Offensive endgültig mit Schmach bedecken. Dann ist das Spiel unser.“ So gibt der Bezirksorganisator Lazis, einer der Ungeduldigsten jener Tage, die Sache wieder. Das Komitee ist immer häufiger gezwungen, Agitatoren zu Truppenteilen und Betrieben auszusenden, um von vorzeitigen Aktionen zurückzuhalten. Verlegen die Köpfe schüttelnd, beklagen sich die Wyborger Bolschewiki im eigenen Kreise: „Wir müssen Feuerwehr spielen.“ Die Rufe: auf die Straße! verstummten jedoch nicht einen Tag. Darunter gab es auch offen provokatorische. Die Militärische Organisation der Bolschewiki war gezwungen, sich an die Soldaten und Arbeiter mit einem Aufruf zu wenden: „Keinen Aufforderungen, im Namen der Militärischen Organisation auf die Straße zu gehen, vertrauen. Zu einem Hervortreten ruft die Militärische Organisation nicht auf.“ Und dann noch dringlicher: „Fordert von jedem Agitator oder Redner, der euch im Namen der Militärischen Organisation auf die Straße ruft, eine mit den Unterschriften des Vorsitzenden und des Sekretärs versehene Legitimation.“

Auf dem berühmten Ankerplatz in Kronstadt, wo die Anarchisten immer sicherer die Stimme erheben, wird ein Ultimatum nach dem anderen ausgearbeitet. Am 23. Juni forderten die Delegierten des Ankerplatzes, den Kronstädter Sowjet übergehend, vom Justizministerium die Freilassung einer Gruppe Petrograder Anarchisten und drohten andernfalls mit einem Überfall der Matrosen auf das Gefängnis. Am nächsten Tage erklärten Vertreter aus Oranienbaum dem Justizminister, daß ihre Garnison über die Verhaftungen in der Villa Durnowo ebenso erregt sei wie Kronstadt und daß man bei ihnen „schon die Maschinengewehre putzt“. Die bürgerliche Presse griff diese Drohungen flugs auf und fuchtelte damit dicht vor der Nase ihrer verbündeten Versöhnler. Am 26. Juni trafen Delegierte des Gardegrenadierregiments von der Front bei ihrem Reservebataillon mit der Erklärung ein: das Regiment sei gegen die Provisorische Regierung und fordere den Übergang der Macht an die Sowjets; lehne die von Kerenski begonnene Offensive ab und hege die Befürchtung, das Exekutivkomitee sei zusammen mit den Ministern-Sozialisten auf die Seite der Bourgeois übergegangen. Das Organ des Exekutivkomitees veröffentlichte über diesen Besuch einen vorwurfsvollen Bericht.

Wie ein Kessel brodelte nicht allein Kronstadt, sondern die ganze Baltische Flotte, deren Basis hauptsächlich Helsingfors war. Die Hauptkraft der Bolschewiki in der Flotte war zweifellos Antonow-Owssejenko, schon als junger Offizier Teilnehmer am Sewastopoler Aufstand von 1905, Menschewik in den Jahren der Reaktion, Emigrant-Internationalist in den Kriegsjahren, Mitarbeiter Trotzkis bei der Herausgabe der Zeitung Nasche Slowo in Paris, nach Rückkehr aus der Emigration übergetreten zu den Bolschewiki. Politisch schwankend, aber persönlich mutig, impulsiv und zerfahren, jedoch fähig zur Initiative und Improvisation, nahm Antonow-Owssejenko, in jenen Tagen noch wenig bekannt, bei den weiteren Revolutionsereignissen nicht den letzten Platz ein. „Wir im Helsingforser Parteikomitee“, erzählt er in seinen Erinnerungen, „begriffen die Notwendigkeit von Ausdauer und ernstlicher Vorbereitung. Wir hatten auch entsprechende Anweisungen vom Zentralkomitee. Doch wir waren uns der ganzer Unvermeidlichkeit des Ausbruches bewußt und blickten besorgt in die Richtung auf Petrograd.“ Und dort häuften sich die Elemente der Explosion von Tag zu Tag. Das 2. Maschinengewehrregiment, rückständiger als das 1., forderte in einer Resolution die Übergabe der Macht an die Sowjets. Das 3. Infanterieregiment verweigerte die Aussonderung von vierzehn Marschkompanien. Die Versammlungen in den Kasernen bekamen immer drohenderen Charakter. Am 1. Juli war ein Meeting beim Grenadierregiment von Verhaftung des Komiteevorsitzenden und Obstruktion gegen die menschewistischen Redner begleitet. Nieder mit der Offensive! Nieder mit Kerenski! Im Mittelpunkt der Garnison standen die Maschinengewehrschützen, die auch dem Julistrom die Schleusen öffneten.

Dem Namen des 1. Maschinengewehrregiments sind wir bereits bei den Ereignissen der ersten Revolutionsmonate begegnet. Bald nach der Umwälzung aus eigener Initiative von Oranienbaum in Petrograd „zur Verteidigung der Revolution“ eingetroffen, stieß das Regiment sogleich auf den Widerstand des Exekutivkomitees, welches beschloß, dem Regiment zu danken und es nach Oranienbaum zurückzuschicken. Die Maschinengewehrschützen weigerten sich kategorisch, die Hauptstadt zu verlassen: „Die Konterrevolutionäre könnten den Sowjet überfallen und das alte Regime wieder aufrichten.“ Das Exekutivkomitee gab nach, und einige tausend Maschinengewehrschützen blieben in Petrograd zusammen mit ihren Maschinengewehren. Im Volkshause untergebracht, wußten sie nicht, was weiter mit ihnen geschehen werde. Unter ihnen waren jedoch nicht wenig Petrograder Arbeiter, und nicht zufällig übernahm deshalb die Sorge um die Maschinengewehrschützen das Komitee der Bolschewiki. Sein Beistand sicherte den Bezug von Lebensmitteln aus der Peter-Paul-Festung. Die Freundschaft war angebahnt. Bald wurde sie unerschütterlich. Am 21. Juni faßten die Maschinengewehrschützen in einer allgemeinen Versammlung den Beschluß: „Fernerhin sind Kommandos zur Front nur dann zu entsenden, wenn der Krieg einen revolutionären Charakter tragen wird.“ Am 2. Juli veranstaltete das Regiment im Volkshause ein Abschiedsmeeting zu Ehren der an die Front abkommandierten „letzten“ Marschkompanie. Es sprachen Lunatscharski und Trotzki: dieser zufälligen Tatsache versuchten die Behörden später außergewöhnliche Bedeutung beizumessen. Im Namen des Regiments antworteten der Soldat Schilin und ein alter Bolschewik, der Unteroffizier Laschewitsch. Die Stimmung war sehr gehoben, man brandmarkte Kerenski, schwor Treue der Revolution, doch niemand machte praktische Vorschläge für die nächste Zukunft. Indessen wartete man während der letzten Tage in der Stadt beharrlich auf Ereignisse. Die „Julitage“ warfen ihre Schatten voraus. „Überall, in allen Winkeln“, erinnert sich Suchanow, „im Sowjet, im Mariinski-Palais, in den Bürgerwohnungen, auf den Plätzen und Boulevards, in Kasernen und Fabriken, sprach man von irgendeinem, heute, morgen zu erwartenden Hervortreten. Niemand wußte Bestimmtes über das Wer, Wie und Wo. Aber die Stadt fühlte sich wie am Vorabend einer Explosion.“ Eine Aktion kam auch wirklich zum Durchbruch. Der Anstoß dazu folgte von oben, aus den regierenden Sphären.

Am gleichen Tage, als Trotzki und Lunatscharski bei den Maschinengewehrschützen über die Unzulänglichkeit der Koalition sprachen, traten vier Minister-Kadetten, die Koalition sprengend, aus der Regierung aus. Als Vorwand wählten sie das für ihre Großmachtansprüche unannehmbare Kompromiß, das ihre Versöhnlerkollegen mit der Ukraine abgeschlossen hatten. Der wirkliche Grund des demonstrativen Bruchs lag darin, daß die Versöhnler mit der Zähmung der Massen zögerten. Die Wahl des Moments war durch das vorläufig offiziell noch nicht zugegebene, jedoch für alle Eingeweihten außer Zweifel stehende Fiasko der Offensive diktiert. Die Liberalen erachteten es an der Zeit, ihre linken Verbündeten Aug’ in Aug’ mit der Niederlage und den Bolschewiki zu lassen. Das Gerücht vom Rücktritt der Kadetten verbreitete sich unverzüglich in der Hauptstadt und verallgemeinerte politisch alle offenen Konflikte in der einen Parole, richtiger dem einen Schrei: Schluß mit dem Hin und Her der Koalition! Soldaten und Arbeiter glaubten, von der Entscheidung der Frage, wer weiter das Land regieren werde, die Bourgeoisie oder die eigenen Sowjets, hingen alle anderen Fragen ab: sowohl die des Arbeitslohns wie die des Brotpreises wie auch jene, ob man an der Front unbekannt wofür, umzukommen habe. In diesen Erwartungen war ein gewisses Element von Illusion, sofern die Massen hofften, durch den Regierungswechsel die sofortige Lösung aller schmerzlichen Fragen zu erreichen. Doch letzten Endes hatten sie recht: die Machtfrage entschied die Richtung der gesamten Revolution, das heißt, sie bestimmte auch das Schicksal jedes einzelnen. Anzunehmen, die Kadetten hätten jene Wirkung, die ihr Akt offener Sabotage gegen die Sowjets hervorrufen würde, nicht vorauszusehen vermocht, hieße Miljukow entschieden unterschätzen. Der Führer des Liberalismus war sichtlich bestrebt, die Versöhnler in eine zugespitzte Situation hineinzutreiben, aus der nur das Bajonett einen Ausweg schaffen könnte: in jenen Tagen glaubte er fest, ein kühner Aderlaß würde die Lage retten.

Am Morgen des 3. Juli wählten einige tausend Maschinengewehrschützen, nachdem sie die Versammlung der Kompanie- und Regimentskomitees ihres Regiments gesprengt hatten, einen eigenen Vorsitzenden und verlangten sofortige Beratung der Frage über ein bewaffnetes Auftreten. Das Meeting nahm sogleich einen stürmischen Lauf. Die Frontfrage wurde von der Regierungskrise durchkreuzt. Der Versammlungsvorsitzende Golowin, Bolschewik, versuchte zu bremsen, indem er vorschlug, sich vorher mit anderen Truppenteilen und der Militärischen Organisation zu verständigen. Doch jedes Anzeichen von Verschleppung brachte die Soldaten außer sich. In der Versammlung tauchte der Anarchist Bleichmann auf, eine kleine, aber farbige Gestalt auf dem Hintergrunde des Jahres 1917. Mit sehr bescheidenem Ideengepäck, aber einem gewissen Instinkt für die Masse, aufrichtig in seiner ewig entzündbaren Beschränktheit, mit entblößter Brust und wildem Lockenhaar, fand Bleichmann in Versammlungen nicht wenig halbironische Sympathien. Die Arbeiter zwar verhielten sich ihm gegenüber zurückhaltend, etwas ungeduldig, besonders die Metallarbeiter. Die Soldaten jedoch lächelten lustig über seine Reden, stießen einander mit den Ellenbogen an, ermunterten den Sprecher durch kernige Wörtchen: sie standen sichtlich wohlwollend zu seinem exzentrischen Aussehen, seiner unüberlegten Entschlossenheit, seinem wie Essig beißenden jüdisch-amerikanischen Akzent. Ende Juni plätscherte Bleichmann in allerhand improvisierten Meetings, wie ein Fisch im Wasser. Seinen Entschluß hatte er stets bereit: heraus mit der Waffe in der Hand. Organisation? „Uns organisiert die Straße.“ Aufgabe? „Die Provisorische Regierung stürzen, wie man es mit dem Zaren gemacht hat, obwohl auch damals keine Partei dazu aufforderte.“ Solche Reden entsprachen in jenem Augenblick am allerbesten der Stimmung der Maschinengewehrschützen, und nicht nur ihrer. Auch viele der Bolschewiki verbargen ihre Befriedigung nicht, wenn die unteren Schichten ihre offiziellen Ermahnungen übergingen. Die aufgeklärten Arbeiter erinnerten sich noch, daß im Februar die Führer just am Vorabend des Sieges daran gewesen waren, zum Rückzug zu blasen; daß im März der Achtstundentag auf Initiative von unten erobert ward; daß im April eigenmächtig auf die Straße hinausgegangene Regimenter Miljukow gestürzt hatten. Die Erinnerung an diese Tatsachen kam den gespannten und ungeduldigen Massenstimmungen sehr entgegen.

Die Militärische Organisation der Bolschewiki, die man unverzüglich davon benachrichtigte, daß in dem Meeting der Maschinengewehrschützen Siedetemperatur herrsche, schickte einen Agitator nach dem anderen hin. Bald erschien auch Newski selbst, der von den Soldaten hochgeachtete Leiter der Militärischen Organisation. Er fand scheinbar Gehör. Doch die Stimmung der sich endlos ausdehnenden Versammlung wechselte, wie ihre Zusammensetzung. „Für uns war es die größte Überraschung“, erzählt Podwojski, ein anderer Führer der Militärischen Organisation, „als um 7 Uhr abends ein Berittener herangesprengt kam mit der Nachricht, ... die Maschinengewehrschützen hätten erneut beschlossen, hervorzutreten.“ An Stelle des alten Regimentskomitees wählten sie ein Provisorisches Revolutionskomitee, je zwei Mann pro Kompanie, unter dem Vorsitz des Fähnrichs Semaschko. Speziell dafür bestimmte Delegierte besuchten bereits Regimenter und Betriebe, um Unterstützung werbend. Die Maschinengewehrschützen hatten selbstverständlich nicht vergessen, ihre Leute auch nach Kronstadt zu senden. So spannten sich, ein Stockwerk unter den offiziellen Organisationen, teilweise mit deren Deckung, zeitweilig neue Fäden zwischen den erregteren Truppenteilen und den Fabriken. Die Massen beabsichtigten nicht, mit dem Sowjet zu brechen, im Gegenteil, sie wollten, daß er die Macht übernähme. Noch weniger dachten sie daran, mit der bolschewistischen Partei zu brechen. Doch schien es ihnen, sie sei zu unentschlossen. Sie wollten mit der Schulter nachdrücken, das Exekutivkomitee verwarnen, die Bolschewiki vorwärtsstoßen. Es entstehen improvisierte Vertretungen, neue Verbindungsknoten und Aktionszentren, nicht dauernde, sondern für den gegebenen Fall. Wechsel von Lage und Stimmung vollziehen sich so schnell und schroff, daß selbst die elastischste Organisation, wie die der Sowjets, unvermeidlich zurückbleibt und die Massen gezwungen sind, jedesmal Hilfsorgane für die Forderungen des Augenblicks zu schaffen. Bei solchen Improvisationen schlüpfen nicht selten zufällige und nicht immer zuverlässige Elemente durch. Öl ins Feuer gießen die Anarchisten, desgleichen manche von den neuen und ungeduldigen Bolschewiken. Es schmieren sich zweifellos auch Provokateure heran, vielleicht auch deutsche Agenten, doch am ehesten Agenten der echtrussischen Konterspionage. Wie das komplizierte Gewebe der Massenbewegungen in einzelne Fäden zerlegen? Der Gesamtcharakter der Ereignisse tritt immerhin in aller Klarheit hervor. Petrograd fühlt seine Kraft, will vorstürmen, ohne sich nach Provinz oder Front umzusehen, und sogar die bolschewistische Partei ist bereits unfähig, es zurückzuhalten. Hier konnte nur Erfahrung helfen.

Während sie Regimenter und Betriebe auf die Straße riefen, vergaßen die Delegierten der Maschinengewehrschützen nicht hinzuzufügen, daß das Hervortreten ein bewaffnetes sein müsse. Wie auch anders? Doch nicht sich waffenlos den Schlägen der Feinde aussetzen? Außerdem, und was vielleicht das wichtigste war, mußte man seine Macht zeigen, ein Soldat ohne Waffe aber ist keine Macht. In diesem Punkte waren alle Regimenter und alle Fabriken gleicher Meinung: Wenn hervortreten, dann nicht anders als mit einem Vorrat an Blei. Die Maschinengewehrschützen verloren keine Zeit: indem sie das große Spiel unternahmen, mußten sie es so schnell wie möglich zu Ende fahren. Das Material der Voruntersuchung charakterisierte später mit folgenden Worten die Handlungen des Fähnrichs Semaschko, eines der Hauptführer des Regiments: „... forderte von den Fabriken Automobile an, rüstete sie mit Maschinengewehren aus, entsandte sie zum Taurischen Palais und an andere Stellen, gab die Marschrouten an, führte persönlich das Regiment aus der Kaserne in die Stadt, fuhr zum Reservebataillon des Moskauer Regiments, um es zum Hervortreten zu bewegen, was er auch erreichte, versprach den Soldaten des Maschinengewehrregiments Unterstützung seitens der Regimenter der Militärischen Organisation, unterhielt dauernde Verbindung mit dieser Organisation, die sich im Hause Kschessinskaja befand, sowie mit dem Führer der Bolschewik, Lenin, entsandte Wachen zum Schutze der Militärischen Organisation“. Der Hinweis auf Lenin ist hier zur Vervollständigung des Bildes gemacht: Lenin war weder an diesem, noch an den vorangegangenen Tagen in Petrograd: seit dem 29. Juni hielt er sich krankheitshalber in einer Sommerfrische in Finnland auf. Doch im übrigen gibt die gedrängte Sprache des Kriegsgerichtsbeamten gar nicht übel das Vorbereitungsfieber der Maschinengewehrschützen wieder. Im Kasernenhof ging eine nicht minder heiße Arbeit. Waffenlose Soldaten versorgte man mit Gewehren, manche mit Bomben, auf jedes Lastauto, das von den Betrieben geliefert wurde, stellte man drei Maschinengewehre mit Bedienung. Das Regiment sollte auf der Straße in Kampfordnung erscheinen.

In den Betrieben spielte sich überall ungefähr das gleiche ab: es kamen Delegierte von den Maschinengewehrschützen oder den Nachbarbetrieben und riefen auf die Straße. Als hätte man sie längst erwartet: die Arbeit wurde sofort eingestellt. Ein Arbeiter der Fabrik Reno erzählt: „Nach dem Mittagessen kamen einige Maschinengewehrschützen zu uns gelaufen mit der Bitte, ihnen Lastautos zu geben. Trotz des Protestes unseres Kollektivs (der Bolschewiki) mußte man die Wagen stellen ... Hastig luden sie auf die Autos die „Maxims“ (Maschinengewehre) und sausten zum Newski. Da waren nun unsere Arbeiter nicht mehr zu halten ... Wie sie an der Arbeit standen, in ihren Schürzen, von der Werkbank weg, gingen sie in den Hof ...“ Die Proteste der Bolschewiki in den Betrieben hatten, wie wohl anzunehmen ist, nicht immer sehr eindringlichen Charakter. Der längste Kampf ging um das Putilowwerk. Gegen 2 Uhr mittags verbreitete sich in den Abteilungen die Nachricht, eine Delegation des Maschinengewehrkommandos sei erschienen und rufe zu einem Meeting. Etwa zehntausend Arbeiter versammelten sich vor dem Kontor. Unter Beifallsrufen berichteten die Maschinengewehrschützen, sie hätten den Befehl erhalten, am 4. Juli zur Front zu gehen, seien aber entschlossen, „nicht an die deutsche Front zu fahren gegen das deutsche Proletariat, sondern gegen die eigenen Minister-Kapitalisten“. Die Stimmung stieg. „Gehen wir, gehen wir!“ schrien die Arbeiter. Der Sekretär des Fabrikkomitees, ein Bolschewik, machte Einwände und schlug vor, die Partei zu befragen. Proteste von allen Seiten: „Nieder! wieder wollt ihr die Sache verschleppen ... so weiter zu leben ist nicht möglich ...“ Gegen 6 Uhr erschienen Vertreter des Exekutivkomitees, doch diesen gelang es noch weniger, die Arbeiter zu beeinflussen. Das Meeting ging weiter, das endlose, entnervende, hartnäckige Meeting einer vieltausendköpfigen Masse, die einen Ausweg sucht und sich nicht suggerieren läßt, daß es ihn nicht gibt. Der Vorschlag, eine Delegation zum Exekutivkomitee zu entsenden: wieder eine Verschleppung. Die Versammlung geht immer noch nicht auseinander. Inzwischen bringt eine Gruppe Arbeiter und Soldaten die Nachricht, die Wyborger Seite marschiere bereits zum Taurischen Palais. Länger zurückzuhalten war nun unmöglich. Man beschloß, loszugehen. Der Putilowarbeiter Jefimow kam zum Bezirkskomitee der Partei gerannt, um sich zu erkundigen: „Was werden wir tun?“ Man antwortete: „Wir werden keine Aktionen beginnen, doch die Arbeiter ihrem Schicksal überlassen können wir nicht, deshalb gehen wir mit ihnen zusammen.“ In diesem Augenblick erschien das Bezirkskomiteemitglied Tschudin mit der Kunde: in allen Bezirken gingen die Arbeiter auf die Straße, die Parteimitglieder seien gezwungen, „die Ordnung aufrechtzuerhalten“. So wurden die Bolschewiki von der Bewegung erfaßt und in sie hineingezogen, dabei bestrebt, eine Rechtfertigung für ihr Handeln zu finden, das dem offiziellen Parteibeschluß zuwiderlief.

Das industrielle Leben der Hauptstadt hörte gegen 7 Uhr abends völlig auf. Fabrik nach Fabrik erhob sich, machte sich marschbereit, Abteilungen der Roten Garde wurden ausgerüstet. „In der tausendköpfigen Arbeitermasse“, erzählt der Wyborger Metelew, „liefen mit den Gewehrschlössern knackend hunderte Junggardisten geschäftig hin und her. Die einen füllten die Magazintaschen mit Patronenpäckchen, die anderen zogen die Riemen stramm, die dritten schnallten sich die Patronentaschen um, die vierten paßten die Bajonette auf, und jene Arbeiter, die, keine Waffe hatten, halfen den Gardisten beim Ausrüsten ...“ Der Sampsonjewski-Prospekt, die Hauptader der Wyborger Seite, ist von Volk überfüllt. Links und rechts dichte Arbeiterkolonnen. In der Nähe des Prospekts das Maschinengewehrregiment, das Rückgrat des Zuges. An der Spitze jeder Kompanie – Lastautomobile mit „Maxims“. Hinter dem Maschinengewehrregiment – Arbeiter; als Nachhut, die Demonstration deckend, Teile des Moskauer Regiments. Über jeder Abteilung ein Banner: „Alle Macht den Sowjets.“ Der Trauerzug im März oder die Maidemonstration waren wahrscheinlich massenreicher. Doch der Julizug ist wuchtiger, gefahrdrohender und – einheitlicher in der Zusammensetzung. „Unter roten Fahnen schreiten nur Arbeiter und Soldaten“, schreibt einer der Teilnehmer. „Es fehlen die Kokarden der Beamten, die glänzenden Knöpfe der Studenten, die Hüte der „sympathisierenden Damen“, all das gab es vor vier Monaten, im Februar, im heutigen Zuge ist nichts davon, heute gehen nur die schwarzen Sklaven des Kapitals.“ Durch die Straßen jagen, wie einst, in verschiedene Richtungen Automobile mit bewaffneten Arbeitern und Soldaten: Delegierte, Agitatoren, Kundschafter, Verbindungsmänner, Abteilungen, um Arbeiter und Regimenter herauszuholen. Die Flinten sind bei allen nach vorn gerichtet. Die stachligen Lastwagen riefen das Bild der Februartage in Erinnerung, elektrisierten die einen, terrorisierten die anderen. Der Kadett Nabokow schreibt: „Die gleichen wahnwitzigen, stumpfen, tierischen Gesichter, die wir noch aus den Februartagen in Erinnerung haben“, das heißt aus den Tagen jener Revolution, die die Liberalen offiziell ruhmreich und unblutig genannt hatten. Gegen 9 Uhr bewegten sich bereits sieben Regimenter zum Taurischen Palais. Unterwegs schlossen sich Kolonnen aus Fabriken und neue Truppenteile an. Die Bewegung des Maschinengewehrregiments bewies gewaltige Ansteckungskraft. Die „Julitage“ waren eingeleitet.

Es begannen fliegende Meetings. Hier und dort hörte man Schüsse. Nach Schilderung des Arbeiters Korotkow „holte man auf dem Litejny-Prospekt aus einem Keller ein Maschinengewehr mit einem Offizier heraus, der an Ort und Stelle niedergemacht wurde“. Die verschiedensten Gerüchte eilen der Demonstration voraus, Angst verbreitet sich von ihr strahlenförmig in alle Richtungen. Was melden die Telephone der aufgescheuchten Zentrumviertel nicht alles! Man erzählt, gegen 8 Uhr abends sei ein bewaffnetes Automobil zum Warschauer Bahnhof herangejagt auf der Suche nach dem gerade an diesem Tage zur Front abreisenden Kerenski, in der Absicht, ihn zu verhaften, doch das Automobil hätte den Zug verpaßt und die Verhaftung sei mißglückt. Diese Episode wurde später mehr als einmal angeführt, als Beweis für die Verschwörung. Wer eigentlich in dem Automobil gewesen war und wer dessen geheimnisvolle Absichten aufgedeckt hat, ist allerdings unbekannt geblieben. An jenem Abend fuhren Automobile mit bewaffneten Menschen in allen Vierteln herum, wahrscheinlich auch im Umkreis des Warschauer Bahnhofs. Kräftige Worte an die Adresse Kerenskis ertönten vielerorts. Das diente wohl als Grundlage für die Mythe, nimmt man nicht an, daß sie überhaupt von Anfang bis zu Ende erfunden ist.

Die Iswestja entwarfen folgendes Schema der Ereignisse vom 3. Juli: „Um 5 Uhr nachmittags traten bewaffnet hervor: das 1. Maschinengewehrregiment, Teile des Moskauer-, des Grenadier- und des Pawlowski-Regiments. Ihnen schlossen sich Arbeiterhaufen an ... Gegen 8 Uhr abends begannen am Kschessinskaja-Palais einzelne Truppenteile in voller Kampfausrüstung zusammenzuströmen, mit roten Bannern und Plakaten, die den Übergang der Macht an die Sowjets forderten. Vom Balkon ertönten Reden ... Um 10½ Uhr findet auf dem Platze vor dem Gebäude des Taurischen Palais ein Meeting statt ... Die Truppenteile wählten eine Deputation, die dem Allrussischen Zentral-Exekutivkomitee in ihrem Namen folgende Forderungen überbrachte: Nieder mit den zehn bürgerlichen Ministern, alle Macht dem Sowjet, Einstellung der Offensive, Beschlagnahme der bürgerlichen Zeitungsdruckereien, Verstaatlichung von Grund und Boden, Produktionskontrolle.“ Sieht man von einigen nebensächlichen Retuschen ab: „Teile von Regimentern“ statt Regimenter, „Arbeiterhaufen“ statt geschlossene Betriebe, dann kann man sagen, daß Zeretelli-Dans Offiziosus die Vorgänge im allgemeinen nicht entstellt, insbesondere die zwei Brennpunkte der Demonstration richtig vermerkt: die Villa Kschessinskaja und das Taurische Palais. Geistig und physisch drehte sich die Bewegung um diese antagonistischen Zentren: zum Hause Kschessinskaja geht man der Direktive, der Leitung, der begeisternden Rede wegen, zum Taurischen Palais, um Forderungen zu stellen und sogar um mit seiner Kraft zu drohen.

Um 3 Uhr nachmittags erschienen in der Stadtkonferenz der Bolschewiki, die an diesem Tage in der Villa Kschessinskaja stattfand, zwei Delegierte der Maschinengewehrschützen mit der Nachricht, ihr Regiment habe beschlossen, hervorzutreten. Keiner hatte dies erwartet und keiner es gewünscht. Tomski erklärte: „Die Regimenter, die auf die Straße gegangen sind, handelten unkameradschaftlich, indem sie das Komitee unserer Partei nicht zur Besprechung der Demonstrationsfrage eingeladen haben. Das Zentralkomitee schlägt der Konferenz vor: erstens, einen Aufruf, herauszugeben, um die Massen zurückzuhalten, zweitens, in einem Appell das Exekutivkomitee aufzufordern, die Macht zu übernehmen. Jetzt von bewaffneter Demonstration zu sprechen, ohne eine neue Revolution zu wollen, ist unzulässig.“ Tomski, ein alter Arbeiter-Bolschewik, der seine Treue zur Partei durch Jahre Katorga besiegelt hatte, später als Gewerkschaftsführer bekannt, neigte seinem Charakter nach überhaupt eher dazu, von einer Demonstration abzuhalten, als dazu aufzurufen. Aber diesmal entwickelte er nur Lenins Gedanken: „jetzt von bewaffneter Demonstration zu sprechen, ohne eine neue Revolution zu wollen, ist unzulässig.“ Sogar der Versuch der friedlichen Demonstration vom 10. Juni hatten ja die Versöhnler als Verschwörung verschrien! Die erdrückende Mehrheit der Konferenz war mit Tomski einverstanden. Man muß um jeden Preis die Lösung hinausziehen. Die Offensive an der Front hält das ganze Land in Spannung. Ihr Mißerfolg ist vorbestimmt, wie auch die Bereitschaft der Regierung, die Verantwortung für die Niederlage auf die Bolschewiki abzuwälzen. Man muß den Versöhnlern Zeit lassen, sich endgültig zu kompromittieren. Wolodarski antwortete namens der Konferenz den Maschinengewehrschützen in dem Sinne, daß das Regiment sich dem Parteibeschluß zu fügen habe. Die Maschinengewehrschützen entfernen sich unter Protest. Um 4 Uhr bestätigt das Zentralkomitee den Beschluß der Konferenz. Ihre Teilnehmer gehen auseinander, in die Bezirke und Betriebe, um die Massen von einer Demonstration abzuhalten. Ein entsprechender Aufruf wird der Prawda geschickt zur Veröffentlichung am nächsten Morgen auf der ersten Seite. Stalin wird beauftragt, die vereinigte Tagung des Exekutivkomitees von dein Parteibeschluß in Kenntnis zu setzen. Die Absichten der Bolschewiki lassen somit keinen Platz für Zweifel. Das Exekutivkomitee wandte sich an die Arbeiter und Soldaten mit einer Warnung: „Unbekannte Menschen ... rufen euch mit den Waffen auf die Straße“, und bestätigte damit, daß der Ruf von keiner einzigen Sowjetpartei stammte. Aber die Zentralkomitees, der Parteien wie der Sowjets, denken und die Massen lenken.

Gegen 8 Uhr abends kam das Maschinengewehr- und hinterher das Moskauer-Regiment zum Palais Kschessinskaja. Populäre Bolschewiki: Newski, Laschewitsch, Podwojski, versuchten vom Balkon aus, die Regimenter zur Umkehr zu bewegen. Man antwortete ihnen von unten: Nieder! Solche Rufe hatte der bolschewistische Balkon von den Soldaten noch nicht vernommen, und das war ein bedrohliches Anzeichen. Hinter dem Rücken der Regimenter tauchten die Betriebe auf: „Alle Macht den Sowjets!“ „Nieder mit den zehn Ministern-Kapitalisten!“ Das waren die Banner des 18. Juni. Aber jetzt waren sie von Bajonetten umgeben. Die Demonstration war eine machtvolle Tatsache. Was tun? Ist es für Bolschewiki denkbar, beiseite zu stehen? Die Mitglieder des Petrograder Komitees gemeinsam mit den Konferenzdelegierten und den Vertretern der Regimenter und Betriebe beschließen: Die Frage zu revidieren, die unfruchtbaren Zurechtweisungen einzustellen, die zur Entfaltung gelangte Bewegung so zu lenken, daß die Regierungskrise im Interesse des Volkes gelöst werde; zu diesem Zwecke die Soldaten und Arbeiter aufzurufen, friedlich zum Taurischen Palais zu marschieren, Delegierte zu wählen und durch sie ihre Forderungen dem Exekutivkomitee zu übergeben. Die anwesenden Mitglieder des Zentralkomitees sanktionierten diese Änderung der Taktik. Der neue Beschluß, vom Balkon verkündet, wird mit Beifallsrufen und Marseillaise begrüßt. Die Bewegung ist von der Partei legalisiert: die Maschinengewehrschützen können erleichtert aufatmen. Ein Teil des Regiments betritt sogleich die Peter-Paul-Festung, um deren Garnison zu beeinflussen und, wenn nötig, die von der Festung durch die schmale Kronwerksker Meerenge getrennte Villa Kschessinskaja gegen einen Anschlag zu schützen.

Die Spitzenabteilungen der Demonstration betreten den Newski, die Pulsader der Bourgeoisie, Bürokratie und des Offizierskorps, wie ein fremdes Land. Von Bürgersteigen, Fenstern und Balkonen späht lauernd die Mißgunst tausender Augen. Regiment wälzt sich auf Betrieb, Betrieb auf Regiment heran. Es kommen immer neue und neue Massen. Alle Banner, Gold auf Rot, schreien ein und dasselbe: Alle Macht den Sowjets! Der Zug beherrscht den Newski und ergießt sich in unüberwindlichem Strom zum Taurischen Palais. Plakate: „Nieder mit dem Krieg!“, rufen die schärfste Feindseligkeit bei den Offizieren, darunter nicht wenig Invaliden, hervor. Mit den Armen fuchtelnd und sich überschreiend, mühen sich Student, Studentin, Beamter ab, den Soldaten auseinanderzusetzen, daß die hinter ihrem Rücken stehenden deutschen Agenten Wilhelms Truppen nach Petrograd hereinlassen wollen, um die Freiheit zu ersticken. Den Rednern scheinen ihre eigenen Argumente unwiderstehlich. „Von Spionen betrogen!“ sagen Beamte von den Arbeitern, die sie düster abwehren. „Von Fanatikern hineingehetzt!“ antworten Nachsichtigere. „Dunkelmänner!“ stimmen die einen und die anderen überein. Doch die Arbeiter haben ihr eigenes Maß für die Dinge. Nicht bei deutschen Spionen haben sie jenen Gedanken gelernt, der sie heute auf die Straße führt. Die Demonstranten drängen unhöflich die lästigen Belehrer aus ihrer Mitte und bewegen sich vorwärts. Das bringt die Patrioten vom Newski in Raserei. Stoßtrupps, am häufigsten von Invaliden und Georgsrittern angeführt, überfallen einzelne Demonstrantenreihen, um ein Banner zu entreißen. Da und dort kommt es zu Zusammenstößen. Die Atmosphäre wird erhitzt. Schüsse ertönen, einer, noch einer. Aus einem Fenster? Aus dem Anitschkin-Palais? Vom Pflaster antwortet man mit einer Salve nach oben – ohne Adresse. Vorübergehend gerät die Straße in Verwirrung. Gegen Mitternacht, erzählt ein Arbeiter der Firma „Vulkan“, während das Grenadierregiment den Newski passierte, setzte neben der Öffentlichen Bibliothek von irgendwoher eine Schießerei ein, die etliche Minuten andauerte. Eine Panik brach aus. Die Arbeiter zerstreuten sich in die Seitenstraßen. Die Soldaten warfen sich unter dem Feuer hin: nicht umsonst haben viele von ihnen die Schule des Krieges durchgemacht. Dieser mitternächtliche Newski-Prospekt mit den auf der Straße unter Feuer liegenden Gardegrenadieren bietet ein phantastisches Schauspiel. Weder Puschkin noch Gogol, die Sänger des Newski, haben sich ihn so vorgestellt! Indes war diese Phantastik Realität: auf dem Pflaster blieben Tote und Verwundete.

 

 

Das Taurische Palais lebte an diesem Tage sein besonderes Leben. Angesichts des Austritts der Kadetten aus der Regierung berieten beide Exekutivkomitees, das der Arbeiter und Soldaten und das der Bauern, gemeinsam ein Referat Zeretellis über das Thema: wie ist der Pelz der Koalition zu waschen, ohne das Fell naß zu machen? Das Geheimnis einer solchen Operation wäre wohl schließlich entdeckt worden, wenn das die unruhigen Vorstädte nicht verhindert hätten. Telephonische Berichte über das bevorstehende Auftreten des Maschinengewehrregiments rufen auf den Gesichtern der Führer Grimassen des Zorns und Ärgers hervor. Können denn die Soldaten und Arbeiter nicht abwarten, bis ihnen die Zeitungen rettende Entschlüsse bringen? Scheele Blicke der Mehrheit in die Richtung der Bolschewiki. Doch kam die Demonstration diesmal auch für diese überraschend. Kamenjew und andere anwesende Vertreter der Partei erklären sich sogar bereit, nach der Tagessitzung in die Betriebe und Kasernen zu gehen, uni die Massen von einer Demonstration zurückzuhalten. Später deuteten die Versöhnler diese Geste als Kriegslist. Die Exekutivkomitees nehmen eiligst einen Aufruf an, der, wie üblich, jede Demonstration als Revolutionsverrat erklärt. Was aber nun mit der Regierungskrise? Der Ausweg ist gefunden: das amputierte Kabinett bleibt, wie es ist, und die Gesamtfrage wird bis zum Zusammentritt der Provinzmitglieder des Exekutivkomitees vertagt. Verschleppen, Zeit gewinnen für die eigenen Schwankungen – ist das nicht die weiseste aller Politik?

Nur im Kampfe gegen die Massen hielten die Versöhnler Zeitverlust für unzulässig. Der offizielle Apparat wurde unverzüglich in Bewegung gesetzt, um gegen den Aufstand – so wurde die Demonstration von Anfang an bezeichnet – zu rüsten. Die Führer suchten überall bewaffnete Kräfte zum Schutze der Regierung und des Exekutivkomitees. Unterzeichnet von Tschcheidse und anderen Präsidiumsmitgliedern, ergingen an die verschiedensten militärischen Stellen Aufforderungen, dem Taurischen Palais Panzerautos, Drei-Zoll-Geschütze und Geschosse zu liefern. Gleichzeitig erhielten fast sämtliche Regimenter Befehl, bewaffnete Abteilungen zur Verteidigung des Palais zu entsenden. Doch machte man dabei nicht halt. Das Büro beeilte sich noch am selben Tage, an die Front, und zwar an die der Hauptstadt nächstgelegene 5. Armee, telegraphisch Order zu geben, „nach Petrograd eine Kavalleriedivision, eine Infanteriebrigade und Panzerwagen zu schicken“. Der Menschewik Wojtinski, der mit dem Schutz des Exekutivkomitees betraut war, gestand später in seinem retrospektiven Überblick: „Der ganze Tag des 3. Juli war ausgefüllt mit der Zusammenziehung von Truppen, mit der Befestigung des Taurischen Palais ... Wir hatten die Aufgabe, mindestens einige Kompanien heranzuholen ... Eine Zeitlang besaßen wir absolut keine militärischen Kräfte. An der Eingangstüre des Taurischen Palais standen sechs Mann Posten, die außerstande waren, die Menge aufzuhalten ...“ Dann wieder: „Am ersten Demonstrationstag waren zu unserer Verfügung nur hundert Mann, – mehr Kräfte besaßen wir nicht. Wir entsandten Kommissare an alle Regimenter mit der Bitte, uns Soldaten für den Wachtdienst zu stellen ... Aber jedes Regiment blickte sich nach dem anderen um, – was dieses tun werde. Man mußte um jeden Preis diesem Unwesen ein Ende bereiten, und wir forderten Truppen von der Front an.“ Sogar vorsätzlich ließe sich schwer eine bösere Satire auf die Versöhnler ausdenken. Hunderttausende Demonstranten fordern die Übergabe der Macht an die Sowjets. Tschcheidse, der das Sowjetsystem repräsentiert, und schon allein damit Kandidat für den Premierposten, sucht Militärkräfte gegen die Demonstranten. Die grandiose Bewegung für die Macht der Demokratie wird von deren Führern erklärt als Überfall bewaffneter Banden auf die Demokratie.

Im gleichen Taurischen Palais trat nach langer Pause die Arbeitersektion des Sowjets zusammen, die während der letzten zwei Monate durch partielle Neuwahlen in den Betrieben ihre Zusammensetzung derart hatte verändern können, daß das Exekutivkomitee nicht ohne Grund dort eine Übermacht der Bolschewiki befürchtete. Die künstlich hinausgeschobene Sitzung der Sektion, die schließlich einige Tage vorher von den Versöhnlern selbst anberaumt worden war, fiel zufälligerweise mit der bewaffneten Demonstration zusammen: die Zeitungen erblickten auch darin die Hand der Bolschewiki. Sinowjew entwickelte in seinem Referat vor der Sektion triftig den Gedanken, daß die Versöhnler, Verbündete der Bourgeoisie, gegen die Konterrevolution weder kämpfen wollten noch könnten, denn unter diesem Namen verstünden sie nur vereinzelte Äußerungen des Schwarzhundert-Hooliganentums, nicht aber den politischen Zusammenschluß der besitzenden Klassen mit dem Ziele, die Sowjets, als Widerstandszentren der Werktätigen, zu zermalmen. Das Referat traf den Kern. Die Menschewiki, die sich zum erstenmal auf sowjetistischem Boden in der Minderheit fühlten, schlagen vor, keine Beschlüsse zu fassen, sondern zum Schutze der Ordnung in die Bezirke auseinanderzugehen. Aber schon ist’s zu spät! Die Kunde davon, daß vor dem Taurischen Palais bewaffnete Arbeiter und Maschinengewehrschützen aufmarschiert seien, ruft im Saal größte Erregung hervor. Die Tribüne besteigt Kamenjew. „Wir haben zur Demonstration nicht aufgerufen“, sagt er, „sondern die Volksmassen sind von selbst auf die Straße gegangen ... Wenn aber die Massen hinausgegangen sind, ist unser Platz unter ihnen ... Unsere Aufgabe ist jetzt, der Bewegung einen organisierten Charakter zu verleihen.“ Kamenjew schließt mit dem Vorschlag, eine Kommission von fünfundzwanzig Mann zur Leitung der Bewegung zu wählen. Trotzki unterstützt diesen Vorschlag. Tschcheidse fürchtet die bolschewistische Kommission und dringt vergeblich darauf, die Frage an das Exekutivkomitee zu verweisen. Die Debatte nimmt stürmischen Charakter an. Sobald sie sich endgültig überzeugt haben, zusammen nicht mehr als ein Drittel der Versammlung zu bilden, verlassen Menschewiki und Sozialrevolutionäre den Saal. Das wird nun überhaupt die beliebte Taktik der Demokraten: sie beginnen die Sowjets in dem Augenblick zu boykottieren, wo sie in ihnen die Mehrheit verlieren. Eine Resolution, die das Zentral-Exekutivkomitee auffordert, die Macht in seine Hand zu nehmen, wird mit 276 Stimmen angenommen, in Abwesenheit der Opposition. Es werden auch sofort fünfzehn Mann in die Kommission gewählt; zehn Plätze hält man der Minderheit frei; sie werden unbesetzt bleiben. Die Tatsache der Wahl einer bolschewistischen Kommission bedeutete für Freund und Feind, daß die Arbeitersektion des Petrograder Sowjets von nun an die Basis des Bolschewismus geworden war. Ein großer Schritt vorwärts! Im April erstreckte sich der Einfluß der Bolschewiki ungefähr auf ein Drittel der Petrograder Arbeiter; im Sowjet bildeten sie in jenen Tagen einen unbedeutenden Sektor. jetzt, Anfang Juli stellen die Bolschewiki der Arbeitersektion etwa zwei Drittel der Delegierten: das bedeutet, daß ihr Einfluß in den Massen entscheidend geworden ist.

Durch die zum Taurischen Palais führenden Straßen strömen Arbeiter-, Arbeiterinnen- und Soldatenkolonnen mit Bannern, Gesang und Musik. Es zieht leichte Artillerie auf, deren Kommandeur Begeisterung auslöst durch die Mitteilung, sämtliche Batterien der Division seien mit den Arbeitern. Durchfahrt und Garten am Taurischen Palais sind vom Volke überfüllt. Alle drängen sich vor der Tribüne bei der Haupteinfahrt des Palais zusammen. Zu den Demonstranten tritt Tschcheidse heraus mit der verdrießlichen Miene eines Menschen, den man unnütz bei der Arbeit gestört hat. Der populäre Sowjetvorsitzende wird von mißgünstigem Schweigen empfangen. Mit müder und heiserer Stimme wiederholt Tschcheidse die allgemeinen Phrasen, deren alle schon überdrüssig sind. Nicht besser wird auch der ihm zu Hilfe auftauchende Wojtinsky aufgenommen. „Dagegen wurde Trotzki, der“ – nach Miljukows Worten – „verkündete, nun sei der Moment gekommen, wo die Macht an die Sowjets übergehen müsse, mit stürmischem Beifall begrüßt“ ... Dieser Satz ist beabsichtigt zweideutig. Keiner der Bolschewiki sagte, „der Moment ist gekommen“. Ein Schlosser der kleinen Fabrik Duflon auf der Petersburger Seite erzählte später über das Meeting vor den Mauern des Taurischen Palais: „Ich erinnere mich an die Rede Trotzkis, der sagte, daß es noch nicht an der Zeit sei, die Macht zu übernehmen.“ Der Schlosser gibt den Sinn der Rede richtiger wieder als der Geschichtsprofessor. Aus dem Munde der bolschewistischen Redner erfuhren die Demonstranten von dem eben in der Arbeitersektion errungenen Sieg, und diese Tatsache gab ihnen eine fast greifbare Befriedigung – als Eintritt in die Epoche der Sowjetmacht.

Die vereinigte Sitzung der Exekutivkomitees wurde kurz vor Mitternacht wieder eröffnet: um diese Zeit warfen sich die Grenadiere auf dem Newski hin. Auf Dans Antrag wird bestimmt, daß in der Versammlung nur jene bleiben dürfen, die sich im voraus verpflichten, angenommene Beschlüsse zu verteidigen und durchzuführen. Das ist ein neues Wort! Das Arbeiter- und Soldatenparlament, als welches die Menschewiki den Sowjet proklamiert hatten, versuchen sie nun in ein administratives Organ der Versöhnlermehrheit umzuwandeln. Wenn sie in der Minderheit bleiben werden – es sind nur noch zwei Monate bis dahin – werden die Versöhnler leidenschaftlich die Sowjetdemokratie verteidigen. Heute aber, wie auch sonst in allen entscheidenden Momenten des öffentlichen Lebens, wird die Demokratie zur Reserve entlassen. Einige Interrayonisten verließen unter Protest die Sitzung; Bolschewiki waren überhaupt nicht zugegen, sie berieten in der Villa Kschessinskaja, was morgen zu tun. Im weiteren Verlauf der Sitzung erscheinen die Interrayonisten und Bolschewiki im Saal mit der Erklärung, niemand könne ihnen das Mandat rauben, das ihnen die Wähler übertragen haben. Die Mehrheit schweigt sich aus, und Dans Resolution fällt unmerklich unter den Tisch. Die Sitzung schleppt sich hin wie eine Agonie. Mit welken Stimmen überzeugen die Versöhnler einander von ihrem Recht. Zeretelli als Post- und Telegraphenminister beklagt sich über die unteren Beamten: „Von dem Post- und Telegraphenstreik habe ich erst soeben erfahren ... Was die politischen Forderungen trifft, so ist ihre Parole ebenfalls: Alle Macht den Sowjets!“

Delegierte der das Palais von allen Seiten umlagernden Demonstranten fordern Zutritt zur Sitzung. Man läßt sie besorgt und feindselig ein. Indes glaubten die Delegierten aufrichtig, die Versöhnler könnten diesmal nicht anders, als ihnen entgegenkommen. Enthüllten doch die durch den Austritt der Kadetten erhitzten Zeitungen der Menschewiki und Sozialrevolutionäre heute selbst Intrigen und Sabotage ihrer bürgerlichen Verbündeten. Außerdem hat sich die Arbeitersektion für die Macht der Sowjets ausgesprochen. Worauf noch warten? Doch die leidenschaftlichen Appelle, in denen die Empörung noch Hoffnung atmet, fallen kraftlos und unangebracht in die abgestandene Atmosphäre des Versöhnlerparlaments. Die Führer beschäftigt nur ein Gedanke: wie die ungebetenen Gäste am schnellsten loswerden? Man bittet sie, sich auf die Galerie zu entfernen: sie auf die Straße zu jagen, zu den Demonstranten, wäre zu unvorsichtig. Von der Galerie herab hörten die Maschinengewehrschützen verwundert die sich entwickelnden Debatten an, deren einziges Ziel war, Zeit zu gewinnen: die Versöhnler warteten auf zuverlässige Regimenter. „In den Straßen ist revolutionäres Volk“, sprach Dan, „aber dieses Volk verrichtet eine konterrevolutionäre Sache ...“ Dan wird unterstützt von Abramowitsch, einem der Führer des jüdischen Bundes, einem konservativen Pedanten, dessen sämtliche Instinkte durch die Revolution verletzt sind. „Wir sind Zeugen einer Verschwörung“, behauptet er entgegen allem Augenschein und fordert die Bolschewiki auf, offen zuzugeben, daß „es ihre Arbeit ist“. Zeretelli vertieft das Problem: „Auf die Straße zu gehen mit der Forderung: Alle Macht den Sowjets, – ist das eine Unterstützung der Sowjets? Wenn die Sowjets wollten, sie könnten die Macht haben. Hindernisse stehen dem Willen der Sowjets von keiner Seite entgegen. Solche Aktionen aber gehen nicht den Weg der Revolution, sondern den Weg der Konterrevolution.“ Diese Überlegungen konnten die Arbeiterdelegierten unmöglich begreifen. Es schien ihnen, die hohen Führer seien völlig übergeschnappt. Schließlich bestätigt die Versammlung noch einmal mit allen gegen elf Stimmen, daß das bewaffnete Auftreten ein Dolchstoß in den Rücken der revolutionären Armee sei, und so weiter. Die Sitzung wird um 5 Uhr morgens geschlossen.

Die Massen versickerten allmählich in ihre Bezirke. Bewaffnete Automobile waren die ganze Nacht unterwegs, Regimenter, Fabriken, Bezirkszentren miteinander verbindend. Wie Ende Februar, zogen auch jetzt die Massen nachts das Fazit des verflossenen Kampftages. Aber nun taten sie es mit Hilfe eines komplizierten Systems von Organisationen: der Betriebe, der Partei, der Truppen, die dauernd miteinander berieten. Es galt in den Bezirken als selbstverständlich, daß die Bewegung nicht beim halben Worte haltmachen durfte. Das Exekutivkomitee hatte den Beschluß über die Machtfrage vertagt. Die Massen deuteten es als Schwankung. Die Schlußfolgerung war klar: man muß weiter nachdrücken. Die Nachtsitzung der Bolschewiki und Interrayonisten, die im Taurischen Palais parallel mit der Sitzung der Exekutivkomitees stattfand, zog ebenfalls das Fazit des vergangenen Tages und versuchte vorauszusehen, was der morgige Tag in sich berge. Die Berichte aus den Bezirken besagten, daß die heutige Demonstration die Massen erst in Bewegung gebracht und zum erstenmal die Machtfrage in aller Schärfe vor ihnen gestellt habe. Morgen werden die Fabriken und Regimenter auf Antwort drängen, und nichts wild sie in den Außenbezirken festhalten. Die Diskussionen drehten sich nicht um die Frage, ob man zur Machtergreifung aufrufen solle oder nicht, wie später die Gegner behaupteten, sondern darum, ob man versuchen müsse, die Demonstration zu liquidieren, oder aber sich am nächsten Morgen an ihre Spitze stellen soll.

Spät in der Nacht, kurz vor 3 Uhr, marschierte das Putilowwerk, eine dreißigtausendköpfige Masse, viele mit Frauen und Kindern, ans Taurische Palais heran. Der Zug hatte sich um 11 Uhr in Bewegung gesetzt, unterwegs hatten sich ihm andere, saumseligere Betriebe angeschlossen. Am Narwaer Tor war trotz der späten Nachtstunde die Volksansammlung so groß, als sei niemand im Bezirk zurückgeblieben. Die Frauen hatten geschrien: „Alle müssen gehen ... Wir werden die Wohnungen bewachen ...“ Nach dem Läuten vom Glockenturm der Erlöserkirche fielen Schüsse, wie aus einem Maschinengewehr. Von unten gab man eine Salve gegen den Glockenturm „Beim Gostinyj Dwor („Handelshof“) überfiel eine Gesellschaft von Junkern und Studenten die Demonstranten, und versuchte ihnen ein Plakat zu entreißen. Die Arbeiter leisteten Widerstand, es kam zu einem Handgemenge, jemand schoß, dem Schreiber dieser Zeilen wurde der Kopf eingeschlagen, Hüften und Brust mit Füßen getreten.“ Dies erzählt der uns schon bekannte Arbeiter Jefimow. Nachdem sie die ganze, schon in Schweigen gehüllt Stadt durchquert hatten, erreichten die Putilower schließlich das Taurische Palais. Dank der energischen Vermittlung des damals mit den Gewerkschaften eng verbundenen Rjasanow wurde eine Betriebsdelegation zum Exekutivkomitee durchgelassen. Die Arbeitermasse, hungrig und todmüde, lagerte sich auf der Straße und im Garten, die meisten streckten sich hin in der Hoffnung, eine Antwort zu erlangen. Das Putilowwerk, um 3 Uhr nachts auf der Erde lagernd, rings um das Taurische Palais, wo die demokratischen Führer die Ankunft der Truppen von der Front erwarteten – das ist eines der erschütterndsten Bilder der Revolution auf dem scharfen Bergpaß vom Februar zum Oktober. Zwölf Jahre vorher haben nicht wenige dieser Arbeiter an der Januarprozession zum Winterpalais teilgenommen, unter Heiligenbildern und Kirchenfahnen; Jahrhunderte sind verstrichen seit jenem Sonntag. Neue Jahrhunderte werden verstreichen im Laufe der nächsten vier Monate.

Auf die Beratung der bolschewistischen Führer und Organisatoren, die über den morgigen Tag streiten, legt sich der schwere Schatten des Putilow-Werkes, das im Hofe lagert. Morgen werden die Putilower nicht zur Arbeit gehen: von welcher Arbeit könnte auch die Rede sein nach dem nächtlichen Wachen? Sinowjew wird unterdessen zum Telephon gerufen; aus Kronstadt telephoniert Raskolnikow, um zu melden: am frühen Morgen werde die Festungsgarnison nach Petrograd marschieren und niemand und nichts sie davon abbringen. Der junge Unterleutnant zur See bleibt am anderen Ende des Telephondrahtes hängen: ist es denkbar, daß das Zentralkomitee ihm befehlen wird, sich von den Matrosen zu trennen und sich in ihren Augen zu erledigen? Zu dem Bilde des Feldlager haltenden Putilowwerkes gesellt sich ein anderes, nicht weniger eindrucksvolles Bild der Matroseninsel, die in diesen schlaflosen Nachtstunden zur Hilfeleistung des Arbeiter- und Soldaten-Petrograd rüstet. Nein, die Lage ist zu klar. Für Schwankungen ist kein Raum mehr. Trotzki fragt zum letztenmal: vielleicht doch noch versuchen, der Demonstration einen unbewaffneten Charakter zu verleihen? Nein, auch davon kann keine Rede sein. Eine Kolonne Junker würde zehntausende Unbewaffneter vor sich hertreiben wie eine Hammelherde. Die Soldaten und auch die Arbeiter würden einen solchen Vorschlag mit Entrüstung aufnehmen wie eine Falle. Die Antwort ist kategorisch und überzeugend. Einmütig beschließen alle, die Massen morgen zur Fortsetzung der Demonstration im Namen der Partei aufzurufen. Sinowjew befreit Raskolnikows Seele, der sich am Telephon abmartert. Es wird sogleich ein Aufruf an die Arbeiter und Soldaten verfaßt: Auf die Straße! Der Tagesaufruf des Zentralkomitees zum Abbruch der Demonstration wird aus der Stereotypplatte herausgeschnitten; aber es ist bereits zu spät, ihn durch einen neuen Text zu ersetzen. Die weiße Seite der Prawda wird morgen ein mörderisches Corpus delicti gegen die Bolschewiki werden: sie haben es wohl im letzten Moment mit der Angst gekriegt und den Aufruf zum Aufstands zurückgezogen; oder vielleicht umgekehrt: haben auf den ursprünglichen Aufruf zur friedlichen Demonstration verzichtet, um die Sache zum Aufstand kommen zu lassen? Indes erschien der wahre Beschluß der Bolschewiki als Flugblatt. Es rief die Arbeiter und Soldaten auf, „ihren Willen durch eine friedliche und organisierte Demonstration den im Augenblick tagenden Exekutivkomitees kundzutun“. Nein, das ist kein Appell zum Aufstands!

 


Zuletzt aktualisiert am 15.10.2003