Leo Trotzki

 

1917
Die Lehren des Oktobers


„Die demokratische Diktatur des Proletariats und des Bauerntums“
Februar und Oktober


Der Verlauf und Ausklang der Oktoberrevolution hat jener scholastischen Parodie auf den Marxismus, welche in den russischen sozialdemokratischen Kreisen, angefangen bei der Gruppe „Befreiung der Arbeit“, am weitesten verbreitet bei den Menschewiki und auch am vollendetsten dort ausgedrückt, überaus weit verbreitet war, einen tödlichen Schlag versetzt. Der Sinn dieses Pseudo-Marxismus bestand darin, daß er den bedingten und umgrenzten Gedanken von Marx „Die fortgeschrittenen Länder zeigen den zurückgebliebenen ihre zukünftige Entwicklung“ verwandelt hat in ein absolutes – wie es Marx genannt hat – überhistorisches Gesetz, und auf dieses Gesetz waren die Anhänger des Pseudo-Marxismus bestrebt, die Taktik der Arbeiterpartei zu gründen. So betrachtet, konnte das Proletariat in Rußland den Kampf um die Macht nicht eher beginnen, bis die ökonomisch entwickelteren Länder einen „Präzedenzfall“ aufgestellt hatten. Gewiß, es läßt sich nicht bestreiten, daß jedes zurückgebliebene Land in der Geschichte der vorgeschritteneren Länder einiges findet, was auf die eigene zukünftige Entwicklung hinweist, von einer Wiederholung im ganzen kann jedoch keine Rede sein. Im Gegenteil, je mehr die kapitalistische Wirtschaft zur Weltwirtschaft wurde, um so eigenartiger gestaltete sich das Schicksal der zurückgebliebenen Länder, in denen die Elemente der Rückständigkeit mit den letzten Errungenschaften der kapitalistischen Entwicklung Hand in Hand gingen. Engels schrieb in seinem Vorwort zu seinem Buche Bauernkrieg: „In einer gewissen Etappe, welche nicht überall gleichzeitig oder auf denselben Entwicklungsstufen einzutreten braucht, bemerkt die Bourgeoisie, daß ihr der proletarische Weggenosse über den Kopf wächst“. Durch die geschichtliche Entwicklung hat die russische Bourgeoisie und sie mehr als jede andere, diese Tatsache früher und im vollsten Umfange erfahren. Lenin hat schon am Vorabend der Revolution von 1905 die Eigenartigkeit der russischen Revolution in der Formel „Demokratische Diktatur des Proletariats und des Bauerntums“ ausgedrückt. Die Formel an sich, das hat die weitere Entwicklung gezeigt, konnte nur als eine Etappe zur sozialistischen Diktatur des Proletariats, das sich auf das Bauerntum stützt, angesehen werden. Die Lenin’sche Formel war durch und durch revolutionär, dynamisch, sie war dem menschewistischen Schema vollkommen entgegengesetzt; diesem Schema zufolge konnte für Rußland nur eine Wiederholung der Geschichte der fortgeschritteneren Länder in Betracht kommen, in denen die Bourgeoisie die Herrschaft und die Sozialdemokraten die Opposition vertreten. In bestimmten Kreisen unserer Partei wurde in der Lenin’schen Formel die Betonung nicht auf die Diktatur des Proletariats und der Bauern gelegt, sondern auf ihren demokratischen Charakter, als Gegensatz zu dem sozialistischen Charakter, was so viel hieß: in Rußland, einem zurückgebliebenen Land, ist nur eine demokratische Revolution denkbar. Die sozialistische Revolution hätte also demzufolge im Westen ihren Anfang nehmen müssen: der Weg zum Sozialismus führt über England, Frankreich und Deutschland. Eine solche Auffassung mußte aber unbedingt zum Menschewismus hinübergleiten und das zeigte sich auch offensichtlich im Jahre 1917, als die Aufgaben der Revolution nicht mehr Prognosen waren, sondern Fragen der Tat.

Sich inmitten einer realen revolutionären Lage auf den bis zu seinen letzten Konsequenzen durchgeführten Standpunkt der Demokratie gegen den Sozialismus als einer verfrühten Erscheinung stellen, hieß, politisch die proletarische Position mit der kleinbürgerlichen zu vertauschen und zum linken Flügel der nationalen Revolution überzugehen.

Die Februarrevolution, wenn man sie als selbständige betrachtet, war eine bürgerliche Revolution. Aber als solche kam sie viel zu spät und hatte keinen Bestand. Sie verstrickte sich in Widersprüche, welche sofort ihren Ausdruck in einer Doppelregierung fanden und mußte entweder zur proletarischen Revolution auswachsen – was auch geschah – oder aber Rußland unter irgendein bürgerlich-oligarchisches Regime zurückversetzen, in ein halbkoloniales Gebilde umwandeln. Die Periode, die dem Februarumsturz folgte, kann man entweder als eine Zeit der Befestigung und Vertiefung der „demokratischen“ Revolution ansehen, oder als eine Vorbereitung zu dem proletarischen Umsturz. Auf dem ersten Standpunkt standen nicht nur die Menschewiki und Sozial-Revolutionäre, sondern auch ein gewisser Teil führender Elemente unserer eigenen Partei. Der Unterschied war, daß letztere tatsächlich bestrebt waren, die demokratische Revolution möglichst nach links zu treiben. Aber die Methode war im Grunde genommen dieselbe: „Druck“ auf die herrschende Bourgeoisie, in der Voraussetzung, daß dieser Druck nicht über den Rahmen des bürgerlich-demokratischen Regimes hinausführen würde. Wenn diese Politik überwogen hätte, wäre die Revolution über unsere Partei hinweggegangen und wir hätten zum Schluß einen Aufstand der Arbeiter- und Bauernmassen ohne Parteiführung erlebt, mit anderen Worten – die Julitage im gigantischen Maßstab schon nicht als Episode, sondern als Katastrophe.

Es liegt auf der Hand, daß die unmittelbare Folge dieser Katastrophe die Zertrümmerung der Partei gewesen wäre. Dies zeigt den ganzen Umfang der Meinungsverschiedenheiten.

Der Einfluß der Menschewiki und Sozial-Revolutionäre in der ersten Revolutionsperiode war kein zufälliger: er drückte das Vorhandensein großer kleinbürgerlicher und namentlich bäuerlicher Massen aus und zeigte zugleich die Unreife der Revolution. Dieser Unreife, bei völlig neuartigen Verhältnissen, die durch den Krieg bedingt waren, verdankten die kleinbürgerlichen Revolutionäre die Führung, oder die scheinbare Führung, die darin bestand, daß sie die historischen Ansprüche der Bourgeoisie auf die Macht verteidigten. Aber das besagt noch nicht, daß die russische Revolution nur den Weg gehen konnte, den sie vom Februar bis Oktober 1917 gegangen ist. Dieser letzte Weg ergab sich nicht nur aus dem gegenseitigen Verhältnis der Klassen, sondern auch aus den zeitweiligen Bedingungen, die der Krieg hervorgerufen hatte. Durch den Krieg war das Bauerntum in der Form einer Armee von mehreren Millionen organisiert und bewaffnet worden. Ehe das Proletariat Zeit gefunden hatte, sich unter eigenem Banner zu organisieren, um die Bauernmassen mit sich zu ziehen, hatten die kleinbürgerlichen Revolutionäre einen natürlichen Rückhalt in der durch den Krieg empörten Bauernarmee gefunden. Mit dieser millionenstarken Masse, von der zunächst alles abhing, übten die kleinbürgerlichen Revolutionäre einen Druck auf das Proletariat aus und zogen es in der ersten Zeit hinter sich her. Daß die Entwicklung der Revolution auch eine andere hätte sein können, und zwar bei derselben Klassenzusammensetzung, ergibt sich aus den Ereignissen, die dem Kriege vorangingen. Im Juli 1914 wurde Petrograd von revolutionären Zusammenstößen erschüttert. Es kam zu offenen Straßenkämpfen. Die Führung dieser Bewegung hatte fraglos unsere unterirdische Parteiorganisation und unsere legale Parteipresse. Der Bolschewismus hatte seinen Einfluß im offenen Kampfe mit dem Liquidatorentum und mit den kleinbürgerlichen Parteien überhaupt gefestigt; das weitere Anwachsen der Bewegung hätte vor allem ein Erstarken der bolschewistischen Partei bedeutet. Ein Sowjet der Arbeiterdeputierten von 1914 – wenn er zustande gekommen – wäre aller Wahrscheinlichkeit nach schon von Anfang an bolschewistisch gewesen. Das Erwachen der Landbevölkerung wäre direkt oder indirekt von den städtischen bolschewistischen Sowjets ausgegangen. Damit ist nicht gesagt, daß die Sozial-Revolutionäre sogleich in den Dörfern verschwunden wären, nein, voraussichtlich hätte die erste Etappe der Bauernrevolution unter der Flagge der Sozial-Revolutionäre gestanden, aber bei der von uns angedeuteten Entwicklung der Ereignisse wären die Sozial-Revolutionäre gezwungen gewesen, ihren linken Flügel hervorzuschieben, um Verbindung mit den bolschewistischen Sowjets in den Städten zu suchen. Der Ausgang des Aufstandes wäre letzten Endes selbstverständlich auch in diesem Falle vor allem von der Stimmung und Haltung der mit den Bauern verbundenen Armee abhängig gewesen. Es ist nicht möglich und auch überflüssig, heute feststellen zu wollen, ob die Bewegung der Jahre 1914-1915 zum Siege geführt hätte, wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre, der in die Kette der Entwicklung ein neues gewaltiges Glied einfügte. Es spricht aber vieles dafür, daß, wenn die siegreiche Revolution sich auf dem Wege weiterentwickelt hätte, den ihr die Juliereignisse von 1914 eröffnet haben, nach Beseitigung des Zarentums die revolutionären Arbeitersowjets ans Ruder gekommen wären, die durch die linken „Narodniki“ (in der ersten Zeit!) auch die Bauernmassen in ihr Lager hinübergezogen hätten.

Der Krieg hat die sich ausbreitende revolutionäre Bewegung aufgehalten, dann aber außerordentlich beschleunigt. In der Riesenarmee schuf der Krieg den kleinbürgerlichen Parteien eine völlig neue, nicht nur soziale, sondern auch organisatorische Basis; denn darin besteht das Eigenartige der Bauernschaft, daß sie selbst, wenn sie revolutionär ist, sich schwer in eine Organisation einfügen läßt. Durch die Armee erhielten die kleinbürgerlichen Parteien eine fertige Organisation, mit der sie dem Proletariat zu imponieren und es in den Bann der „Vaterlandsverteidigung“ zu bringen suchten. Hieraus ergibt sich, warum Lenin so nachdrücklich gegen die alte Losung „Demokratische Diktatur des Proletariats und des Bauerntums“ auftrat; denn unter den neuen Verhältnissen hätte diese Losung ein Aufgehen der bolschewistischen Partei in den linken Flügel des Blocks der Vaterlandsverteidigung bedeutet. Lenin sah die Hauptaufgabe darin, die proletarische Avantgarde aus diesem Sumpf herauszuführen. Nur unter dieser Voraussetzung konnte das Proletariat – in der folgenden Etappe – den Kristallisationspunkt bilden für die arbeitenden Massen in den Dörfern. Aber was sollte mit der demokratischen Revolution oder richtiger mit der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauern geschehen? Lenin gibt eine erbarmungslose Lektion denjenigen „alten Bolschewisten“, welche mehr als einmal, sagt er, „in der Geschichte unserer Partei die traurige Rolle gespielt haben, mechanisch sinnlose und erlernte Phrasen zu wiederholen, statt die Eigenartigkeit der neuen, lebendigen Wirklichkeit zu studieren.“ „Nicht den alten Formeln, sondern der neuen Wirklichkeit muß man sich anpassen.“ (N. Lenin, Gesammelte Werke, Band 14, Teil 1, Seite 28/33). Lenin fragt: „Wird diese Wirklichkeit überhaupt von der alt-bolschewistischen Formel des Genossen Kamenew – ‚die bürgerlich-demokratische Revolution ist nicht beendet‘ erfaßt?“ „Nein“, antwortet er, „diese Formel ist veraltet. Sie taugt nicht mehr – sie ist tot – zwecklos sind die Versuche, sie neu zu beleben.“

Es ist richtig, daß Lenin manchmal gesagt hat, daß die Sowjets der Arbeiter, Soldaten und Bauern in der ersten Epoche der Februarrevolution bis zu einem bestimmten Grade die Herrschaft der revolutionär-demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauern verwirklicht hatten. Und das ist richtig in dem Maße, in dem diese Sowjets überhaupt die Macht darstellten, jedoch, wie Lenin des öfteren festgestellt hat, stellten diese Räte der Februarepoche nur eine beschränkte Macht dar. Sie unterstützten die Macht der Bourgeoisie, indem sie auf dieselbe nur einen halboppositionellen „Druck“ ausübten. Diese Zwitterstellung erlaubte ihnen auch nicht, aus den Grenzen einer demokratischen Koalition der Arbeiter, Bauern und Soldaten hinauszutreten. Insofern diese Koalition sich nicht auf geregelte staatliche Beziehungen, sondern auf die bewaffnete Macht und auf die unmittelbaren revolutionären Erwägungen stützte, neigte sie, was die Form der Machtausübung betraf, zur Diktatur, obwohl sie derselben bei weitem nicht gewachsen war. Hieraus ergab sich die Labilität der damaligen Sowjets. Sie wurden vor die Entscheidung gestellt, entweder unterzugehen oder die Macht tatsächlich zu ergreifen. Die Macht ergreifen konnten sie aber nicht in ihrer Eigenschaft als demokratische Koalition der Arbeiter und Bauern, die sich aus vielen Parteien zusammensetzte, sondern nur durch die proletarische Diktatur, die von einer einzigen Partei geführt wird, die auch die Bauernmassen hinter sich hat, angefangen mit ihren halbproletarischen Schichten. Mit anderen Worten, die demokratische Arbeiter- und Bauernrevolution konnte man als ein unreifes Gebilde ansehen, das zur wirklichen Herrschaft nicht geeignet war, als eine Tendenz, nicht als ein Endergebnis. Die weitere Entwicklung in der Richtung der Eroberung der Macht mußte notwendigerweise die demokratische Hülle zerreißen und die übergroße Mehrheit der Bauern vor die Notwendigkeit stellen, den Arbeitern zu folgen, sie mußte dem Proletariat die Möglichkeit schaffen, die Klassendiktatur zu verwirklichen, und dadurch als Forderung des Tages hinzustellen: eine rücksichtslos radikale Demokratisierung aller sozialen Beziehungen und den rein sozialistischen Einbruch des Arbeiterstaates in die kapitalistischen Eigentumsrechte. Wer unter diesen Verhältnissen sich noch an die Formel „Demokratische Diktatur“ geklammert hat, mußte von vornherein auf die Macht verzichten und die Revolution in die Sackgasse führen.

Die grundlegende Frage, um die sich alle übrigen gruppierten, war: Kampf um die Macht oder nicht? Soll man die Macht übernehmen oder nicht? Schon hieraus ergab sich, daß wir zwei Anschauungen vor uns hatten und zwar nicht etwa ein episodenhaftes Auseinandergehen der Ansichten, sondern zwei Tendenzen ausgesprochen prinzipieller Bedeutung. Eine dieser Tendenzen – die ursprüngliche – war proletarisch und bewegte sich auf dem Wege zur Weltrevolution; die andere, die „demokratische“, das heißt kleinbürgerliche, führte letzten Endes zur Unterordnung der proletarischen Politik unter die jeweiligen Forderungen der sich in Umwandlung befindenden bürgerlichen Gesellschaft. Diese beiden Tendenzen stießen während des ganzen Jahres 1917 bei allen einigermaßen bedeutenden Fragen aufeinander. Gerade die revolutionäre Epoche, das heißt die Zeit, wo die aufgespeicherte Kraft der Partei in unmittelbaren Umlauf gesetzt wird, mußte unabwendbar diese Verschiedenheit der Auffassung aufdecken. In größerem oder geringerem Maße, mit diesen oder jenen Abweichungen, werden diese zwei Tendenzen sich in den verschiedenen Revolutionsepochen auch in den anderen Ländern immer wieder zeigen. Wenn man unter Bolschewismus eine Erziehung, eine solche Organisation des proletarischen Vortrupps versteht, durch den ihm eine bewaffnete Ergreifung der Macht ermöglicht wird, wenn man die Sozialdemokratie als eine reformistisch-oppositionelle Betätigung im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft und eine Erziehung der Massen zur Anerkennung der Unantastbarkeit des bürgerlichen Staates ansieht, so wird es klar, daß auch innerhalb der kommunistischen Partei, die ja auch nicht fertig aus dem Ofen der Weltentwicklung kommt, der Kampf zwischen der sozialdemokratischen Tendenz und dem Bolschewismus um so heftiger, offener, demaskierter sich äußern muß, je mehr die Partei in die Periode der unmittelbaren Revolution tritt, wo die Frage der Machtergreifung zur Schicksalsfrage wird.

Erst am 4. April, das heißt nach der Ankunft Lenins in Petrograd, ist die Partei vor das Problem der Machtergreifung gestellt worden. Aber auch von diesem Moment an ist die Linie der Partei durchaus keine einheitliche gewesen, und sie war weit davon, für alle über jeden Zweifel erhaben zu sein. Ungeachtet der Entscheidung auf der Konferenz im April 1917 haben die Widerstände, die dem revolutionären Kurse entgegengebracht wurden – bald offen, bald unbewußt – in der ganzen Vorbereitungszeit angedauert. Das Studium der Meinungsverschiedenheiten zwischen der Februarrevolution und der Befestigung des Oktobers ist nicht nur theoretisch von außerordentlichem Interesse, sondern hat auch praktisch eine unermeßliche Bedeutung. Lenin hat im Jahre 1910 die Meinungsverschiedenheiten, die sich auf dem zweiten Kongreß 1903 zeigten, „Anticipation“, das heißt Vorwegnahme genannt. Es ist sehr wichtig, diesen Zwiespalt von seiner Entwicklung an im Jahre 1903 und sogar noch eher, zum Beispiel vom „Economismus“ an zu verfolgen. Aber dieses Studium erhält erst einen Sinn, wenn es bis zum Ende durchgeführt wird und besonders auch durch die Epoche, wo diese Verschiedenheit der Auffassungen der allergrößten Prüfung ausgesetzt war, das heißt durch die Oktoberrevolution.

Wir können uns in dem vorliegenden Werk nicht die Aufgabe stellen, alle Stadien dieses Kampfes zu erschöpfen. Aber wir halten es für notwendig, wenigstens teilweise die unbegreifliche Lücke auszufüllen, die unsere Literatur in bezug auf diese wichtigste Periode in der Entwicklung unserer Partei aufweist.

Im Mittelpunkt des Zwiespaltes steht wie schon gesagt, die Frage der Machtergreifung. Diese ist überhaupt das Merkmal, an dem der Charakter einer revolutionären (und nicht nur einer revolutionären) Partei erkannt wird. Zugleich mit der Frage der Machtergreifung wird in dieser Periode gestellt und entschieden das Problem des Krieges.

Wir wollen alle Fragen in chronologischer Reihenfolge betrachten: die Stellung der Partei und der Parteipresse in der ersten Zeit nach der Beseitigung des Zarismus bis zur Ankunft Lenins; der Kampf um Lenins Thesen; die Aprilkonferenz; die Juliereignisse; der Kornilowputsch; die demokratische Konferenz und das Vorparlament; die Frage des bewaffneten Aufstandes und der Besitzergreifung der Macht (September-Oktober); die Frage der sozialistischen „Einheits“-Regierung.

Das Studium dieser Zwiespalte wird uns, wie wir annehmen, die Möglichkeit geben, Schlüsse zu ziehen, die auch für die anderen Parteien der kommunistischen Internationale von Bedeutung sein können.


Zuletzt aktualisiert am 18.11.2007