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Auszug aus: August Thalheimer: Zur Losung der Arbeiterkontrolle der Produktion. In: Gegen den Strom. Organ der KPD-Opposition, Nr.16/1, August 1931.
Nachgedruckt in junge Welt – Die Tageszeitung, Wochenendbeilage, 4. Dezember 2004, S.3.
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Die staatliche Kontrolle, die die Sozialdemokratie verlangt oder von der sie nur redet, ist die „Kontrolle“ der kapitalistischen Wirtschaft durch Organe des kapitalistischen Staates, bestenfalls durch Organe, die paritätisch mit Vertretern der Unternehmer und der Gewerkschaften, Konsumgenossenschaften usw. besetzt sind, wobei die Vertreter des bürgerlichen Staates den Ausschlag geben. Eine „Kontrolle“ zudem, die auf die Erhaltung, ja Wiederbefestigung der kapitalistischen Profitwirtschaft abzielt. Eine solche „Kontrolle“ ist ein grober Betrug an der Arbeiterklasse. Diese Art „Kontrolle“ soll der Arbeiterschaft vorgaukeln, daß sie damit tatsächlich an der Leitung der Wirtschaft teilnehme, daß sie einen Schritt zum Sozialismus mache, während in Wirklichkeit weder das eine noch das andere ist, sondern nur eine Hilfeleistung der Arbeiter für die Kapitalisten wäre, ähnlich wie die politische „Kontrolle“, die die Arbeiterräte 1918/1919 über die staatliche Bürokratie ausübten.
Die Arbeiterkontrolle der Produktion dagegen beruht auf proletarischer Klassengrundlage. Sie soll ausgeübt werden durch Klassenorgane der Arbeiter und Angestellten (Kontrollausschüsse). Sie soll wirkliche revolutionäre Eingriffe in die Leitung der kapitalistischen Betriebe machen. (...)
Soll man mit der Propaganda der Arbeiterkontrolle erst beginnen, wenn der Machtkampf begonnen hat? Nein, man muß mit ihr schon früher beginnen. Es bedarf einer propagandistischen Vorbereitung von langer Hand. (...)
Es löst sich entweder so, daß die Propaganda der Arbeiterkontrolle der Produktion in Verbindung mit der tatsächlichen Lage aus einer objektiven Notwendigkeit zur erkannten Notwendigkeit, zur Einsicht und zum Willen der Arbeiterklasse führt, die erkannte Notwendigkeit zu verwirklichen, indem sie den Machtkampf, die außerparlamentarische Massenaktion beginnt. Die Propaganda dieser Losung dient also der Überleitung des Tageskampfes zum Machtkampf.
Dabei ist klar, und von Lenin ist wiederholt worden, daß die proletarische Revolution in Deutschland einer viel gründlicheren Vorbereitung, eines längeren Anlaufs bedarf, als dies in Rußland der Fall war. Die Propaganda und Agitation für die Arbeiterkontrolle der Produktion kann nicht erst warten, bis der Machtkampf begonnen hat; sie ist notwendig, damit er beginnt. In einer Lage, in der das kapitalistische Chaos, das Versagen der kapitalistischen Wirtschaftsleitung allen in die Augen fällt, in der das Wirtschaftsleben unter dieser Leitung zusammenzubrechen und stillzustehen droht, zeigt sie konkret der Arbeiterklasse die nächsten Schritte, die aus dem kapitalistischen Chaos in die sozialistische Ordnung führen. Sie zeigt das unmittelbar Notwendige und, sobald die Arbeiterklasse sich entschließt, den Machtkampf zu beginnen, auch das unmittelbar zu Verwirklichende.
Warum, könnte man fragen, sich nicht beschränken auf die (unbedingt notwendige) Propaganda des Endziels – der Enteignung der Kapitalisten, der sozialistischen Wirtschaft? Antwort: Weil dies praktisch das übernächste ist. Die Arbeiterkontrolle der Produktion ist wirtschaftlich der nächste notwendige, praktisch realisierbare revolutionäre Schritt auf wirtschaftlichem Gebiet.
Der (...) Einwand ist: „Arbeiterkontrolle der Produktion“ ist „Anarchosyndikalismus“. Ihr wollt mit revolutionären Eingriffen in einzelnen Betrieben beginnen, aber notwendig ist sozialistische Planwirtschaft im Staatsumfang.
Die so reden, beweisen damit nur, daß sie über die konkreten Formen des Kampfes um die Macht und der Übergänge (es sind eine Reihe von Übergängen) von der kapitalistischen zur sozialistischen Wirtschaft in einem hochkapitalistischen Lande wie Deutschland noch nie nachgedacht haben.
Beginnen kann dieser Kampf nur in einzelnen Betrieben, mit Kontrollmaßregeln und Eingriffen in die Leitung einzelner Betriebe. Er kann nur so beginnen, weil er den Machtkampf der Arbeiterklasse in ihrer ganzen Breite beginnt. Nur ein bürokratischer Pedant kann sich vorstellen, daß heute die Machtorgane des bürgerlichen Staates und die kapitalistischen Unternehmerorgane im Betrieb zu 100 Prozent funktionieren, und daß morgen die politischen und wirtschaftlichen Organe des Arbeiterstaats funktionieren. Dazwischen liegt der revolutionäre Massen- und Machtkampf, der gleichzeitig die alte kapitalistische Leitung durch eine Reihe von Schlägen zertrümmert und die neue sozialistische Leitung durch eine ganze Reihe von Einzelmaßregeln an einzelnen Punkten der Wirtschaft aufzubauen beginnt. Die zentrale Zusammenfassung und Ordnung kann erst kommen – wenn bereits etwas da ist, was zusammenzufassen ist.
Zuletzt aktualisiert am 18.7.2008