Karl Kautsky

Die Sozialisierung der Landwirtschaft

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Anhang:
A. Hofer

Der Bauer als Erzieher

Vorbemerkung

Den allgemeinen theoretischen Darlegungen Kautskys lassen wir einige praktisch polemische Ausführungen folgen, die der sozialistische Gutsbesitzer A. Hofer vor Jahren in der Neuen Zeit (27. Jahrgang, 2. Band) veröffentlichte.

Die mehr parteipolitischen Auseinandersetzungen aus dieser Artikelserie haben wir fortgelassen.

Bei der heutigen wirtschaftlichen Lage Deutschlands ist die Entscheidung, ob Groß- oder Kleinbetrieb, von weittragender praktischer Bedeutung. Die Darstellung Hofers, die Gegenüberstellung des Großund Kleinbetriebes bei der Ausführung der landwirtschaftlichen Arbeiten im Wandel des Jahres erläutert anschaulicher als alles Theoretisieren did technische Ueberlegenheit des ländlichen Großbetriebes, die durch den Krieg eher noch gesteigert als verringert wurde. Mögen die angeführten Zahlen heute nicht mehr zutreffen, so ändert das nichts an dem technisch-wirtschaftlichen Verhältnis von Groß- und Kleinbetrieb, da die Ausgaben bei beiden gleichmäßig gestiegen sind. Die Sozialisierung hingegen wird eine Reihe von Schranken hinwegräumen, die es bisher verhinderten, daß die technischen Vorteile des ländlichen Großbetriebes sich in vollem Maße wirtschaftlich geltend machten. Bei der erklärlichen Unkenntnis großstädtischer Leser über die Einzelheiten des ländlichen Betriebes und über die wissenschaftlichen Errungenschaften der Agrikultur-Chemie und der Agrartechnik und bei dem begreiflichen Hang der Kleinstadtund Landbewohner zur romantischen Betrachtung der bäuerlichen Wirtschaft sind diese nüchtern sachkundigen Ausführungen eines praktischen Landwirts mitnationalökonomischer Bildung und praktisch politischer Schulung heute von besonderem Interesse als ein wichtiger Beitrag zur Kernfrage unserer landwirtschaftlichen Entwicklung. Sozialisierung landwirtschaftlicher Großbetriebe oder Zerschlagung vorhandener Großwirtschaften in Mittelund Kleinbetriebe. Gerade der lebhaft polemische Charakter der Hoferschen Ausführungen ergänzt Kautskys Schrift sehr glücklich, und viele Punkte, die Kautsky nur flüchtig berührt, werden hier ausführlicher behandelt. Hofer stellt einen Großbetrieb von 3000 Morgen einer Anzahl Kleinbetriebe von gleichem Flächenumfang gegenüber und untersucht, wie sich die Bearbeitung des Bodens von der Aussaat bis zur Ernte nun praktisch gestaltet.

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Der Bauer als Erzieher

1. Die Ausrüstung der Wirtschaft

Wir wollen uns die Sache an der Hand eines Beispieles aus der heutigen kapitalistischen Gesellschaft klarzumachen versuchen. Nehmen wir eine Fläche von 750 Hektar oder 3.000 Morgen. Diese Fläche kann unter den heutigen Verhältnissen mit Pferdebetrieb in Großwirtschaft noch rationell bewirtschaftet werden, vorausgesetzt, daß die Besitzung gut arrondiert ist, das heißt daß das Gutsgehöft von allen Grenzpunkten möglichst gleichmäßig entfernt liegt.

Nehmen wir also an, diese 3.000 Morgen wären kahles Land, meinetwegen von einer noch viel größeren Besitzung oder von einer Staatsdomäne abgetrennt, und ständen zum Verkauf. Nun kauft ein einzelner Geldbesitzer diesen Landkomplex, um ihn im Großbetrieb zu bewirtschaften.

Er wird zunächst möglichst in der Mitte dieser 750 Hektar die passendste Stelle für das zu errichtende Gehöft aussuchen. Natürlich hat er die Baugrundverhältnisse, Höhenlage und Wasserverhältnisse zu berücksichtigen. Ein gewisser Spielraum ist ihm in der Auswahl der Hofstelle gegeben. Nun beginnt das Bauen. Es werden gebaut 3 Ställe à 20.000 Mark, 3 Scheunen à 15.000 Mark, ferner 10 Wohnhäuser mit allem Zubehör, und zwar 9 Vierfamilienhäuser und ein Wohnhaus für den Besitzer. Die Baukosten dieser 10 Wohnhäuser berechnen wir durchschnittlich mit je 10.000 Mark. Wir haben jetzt im ganzen für den Gehöftaufbau die Summe von 205.000 Mark verwendet. Nun fehlen noch Schmiede, Speichereinrichtung und vielleicht noch ein paar Schuppen für Geräteaufbewahrung usw. Dazu soll unser Großbesitzer noch weitere 45.000 Mark verwenden. Er hat jetzt 250.000 Mark hineingesteckt und sein Gehöft in modernster Weise allen Erfordernissen entsprechend aufgebaut.

Nun wird an geeigneter Stelle der Brunnen angelegt und zugleich Wasserleitung eingerichtet nach sämtlichen Ställen, nach dem Herrenhaus und zu den Leutewohnungen. Diese Einrichtungen nebst den Kosten für den Brunnen dürften 5.000 Mark betragen. Ein guter Weg bis zur nächsten öffentlichen Straße wird ebenfalls an geeigneter Stelle angelegt. Für seine Hofstelle und zu dem Wege hat unser Besitzer etwa 15 Morgen seines Landes opfern müssen. Nehmen wir an, der Preis beträgt pro Morgen Land 200 Mark, so muß er sich 3.000 Mark für diesen Zweck zur Last schreiben. Jetzt mietet er sich 36 Arbeiterfamilien, mit diesen kann er unter moderner Anwendung von Maschinen seine 3.000 Morgen bearbeiten, 60 Arbeitspferde dürften für diesen Landkomplex ebenfalls vollkommen genügen. Er wird die Pferde pro Stück mit 400 Mark durchschnittlich bezahlen, also 24.000 Mark für diesen Zweck aufwenden. Für diese 60 Pferde braucht er eine entsprechende Anzahl Geschirre. Das wird pro Pferd eine Ausgabe von 20 Mark bedeuten. Nun muß er sich 20 Arbeitswagen à 100 Mark besorgen und für den Winter 30 Arbeitsschlitten, die etwa 25 Mark pro Stück kosten. Für Wagen und Schlitten zum persönlichen Bedarf opfert unser Großbesitzer ebenfalls 3.000 Mark.

Nun kommen die Ackergerätschaften an die Reihe. Unser Großbesitzer braucht für 15 Gespanne Eggen und Pflüge, er braucht 3 bis 4 Ackerwalzen, ein paar Häufelzöche, 2 Drillmaschinen, 1 Düngerstreumaschine, 2 Kleesämaschinen, 5 bis 6 Pferderechen, 1 Heuwender, 4 bis 5 Grasmähmaschinen, ebensoviel Getreidemäher, 1 Kartoffelaushebemaschine und noch manche andere. Für diese Gerätschaften und Maschinen werden etwa 15.000 Mark aufzuwenden sein.

Nun fehlen noch die Maschinen, die auf dem Hofe Verwendung finden. Da ist zunächst der Dampfdreschsatz, Lokomobile mit Dreschmaschine, die zusammen etwa 10.000 Mark kosten dürften, Häckselmaschine, ebenfalls durch die Lokomobile zu treiben, 500 Mark und Einrichtung zur Mahlmühle etwa 1.000 Mark. Für Maschinen und Geräte, die auf dem Speicher und zur eigenen Reinigung des Getreides, speziell Saatgetreides, Verwendung finden, können wir ebenfalls noch 1.000 Mark ansetzen.

Nun ist noch die Dunggrube an geeigneter Stelle auf dem Hofe anzulegen; die Herstellung derselben dürfte ebenfalls noch 500 Mark erfordern, dann ist das nötige Nutzinventarium anzuschaffen, und der Betrieb kann beginnen.

Rechnen wir nun zusammen, welches Kapital gebraucht wird für Gebäude, lebendes und totes Arbeitsinventar, bis der Besitzer dieser 3.000 Morgen den Betrieb in der Großwirtschaft aufnehmen kann, so erhalten wir die Summe von 316.900 Mark.

Nehmen wir jetzt den anderen Fall. Die in Betracht kommenden 750 Hektar resp. 3.000 Morgen Land würden nicht von einem einzelnen Kapitalbesitzer, der im Großbetrieb wirtschaften will, sondern von kleinen Leuten gekauft. Diese Leute wollen aber nur so viel Land, wie sie, das heißt Mann und Frau, zusammen bearbeiten können ohne fremde Hilfskraft. 7½ Hektar resp. 30 Morgen dürften die Höchstgrenze darstellen. Ohne Mitarbeit ihrer Kinder können sie diese 30 Morgen schon gar nicht mehr beschicken. Um zu richtigen Vergleichsgrößen zu kommen, müßten wir die Größe der Fläche für den Familienbetrieb eigentlich kleiner annehmen, denn die 36 Familien des Großbesitzers stellen nur Mann und Frau zur Arbeit. Der Einfachheit halber nehmen wir aber die Größe von 30 Morgen an. Es treten in unserem Falle also 100 Familien als Käufer an, denen die 750 Hektar aufgeteilt werden.

Selbstverständlich muß nun jeder dieser kleinen Leute möglichst mitten in seinen 30 Morgen Land das Gehöft erbauen, sonst geht den Leuten der einzige Vorteil des Kleinbetriebs, nämlich die nahe Entfernung des Landes, verloren. In der Auswahl des Bauplatzes ist ihm durch die Lage der Dinge wenig Spielraum gelassen. Jeder dieser Besitzer muß sich nun ein Wohnhaus, einen Stall, eine Scheune und einen Keller bauen. Unter 3000 Mark ist das Wohnhaus selbst bei den bescheidensten Ansprüchen nicht herzustellen. Für die anderen Gebäude wollen wir nur zusammen 2000 Mark auswerfen, so kostet die Einrichtung des Gehöftes immerhin 5.000 Mark. Wir haben da sehr niedrige Zahlen angenommen. Unsere 100 Kleinbesitzer brauchen also 500.000 Mark, um die Gehöfte aufzubauen. Jedes Gehöft muß einen Brunnen haben. Es gibt Gegenden, in denen die Herstellung von Brunnen ungeheure Kosten verursacht. Wir nehmen hier nur an, daß die Fertigstellung jedes Brunnens 300 Mark kostet. Das belastet die 100 Kleinbesitzer mit 30.000 Mark. Jeder dieser Besitzer braucht einen Weg bis zur nächsten öffentlichen Landstraße. Nehmen wir jetzt an, Hofstelle und Weg beanspruchen bei jedem der Kleinbesitzer nur vi Morgen Land, so gehen unseren 100 Kleinbesitzern immerhin 75 Morgen verloren. Wenn wir, wie vorhin, den Kaufpreis pro Morgen mit 200 Mark annehmen, so kommt trotzdem ein Betrag von 15.000 Mark heraus.

Auf den 30 Morgen braucht schon jeder der Besitzer 2 Pferde. Er wird leichtere Pferde kaufen wie unser Großbesitzer. Setzen wir hier einen Durchschnittspreis pro Pferd von 300 Mark, so erhalten wir bei 200 Pferden, die erforderlich sind, die Summe von 60.000 Mark. Die Geschirre für diese Pferde werden ebenfalls schwächer ausfallen können. Rechnen wir pro Pferd 15 Mark für das Geschirr, so müssen wir 3000 Mark in Anrechnung bringen. Ferner muß jeder unserer 100 Kleinwirte einen Arbeitswagen, sagen wir à 60 Mark, und einen Arbeitsschlitten à 15 Mark, wie auch je einen halbwegs anständigen Spazierwagen respektive Schlitten haben, die zusammen 200 Mark kosten mögen. Dabei müssen wir das Konto unserer Kleinbesitzer mit 27.500 Mark belasten.

Nun kommen die Ackergerätschaften an die Reihe. Jeder Besitzer braucht wenigstens 2 Pflüge, außerdem 1 Häufelpflug, 2 Sorten Eggen, 1 Walze, 1 Pferderechen. Die Anschaffung dieser Gerätschaften kostet jeden einzelnen, ganz minimal gerechnet, 200 Mark, zusammen 20.000 Mark.

Bleiben noch die auf dem Hofe notwendig gebrauchten Maschinen: nämlich 1 Roßwerk mit Göpelbetrieb, 1 Dreschmaschine, 1 Häckselmaschine, 1 Puntzmühle, Getreidehechel, Schaufeln, Siebe usw. Die Kosten für die Anschaffung dieser Maschinen und Geräte dürften auf 500 Mark zu stehen kommen. Für sämtliche 100 Kleinbesitzer käme die Summe von 50.000 Mark heraus. Die Anlage einer richtigen Dunggrube würde auch etwa 40 Mark in Anspruch nehmen, so daß wir nochmals 4.000 Mark dem Kleinbesitzerkonto zur Last schreiben müßten.

Nehmen wir nun die Gesamtsumme zusammen, die unsere 100 Kleinbesitzer nötig hätten, um ihr Gehöft aufzubauen und die nötigen Anschaffungen von Arbeitsinventar zu machen, so ergibt sich als Resultat das nette Kapital von 706.500 Mark.

Unser Großbesitzer hat, um ebensoweit zu kommen wie unsere 100 Kleinbesitzer, nur 316.900 Mark Kapital gebraucht. Das ergibt eine Differenz von 389.600 Mark. Diese Summe brauchen die 100 Kleinbesitzer von vornherein mehr, um zunächst ebensoweit dazustehen wie der Großwirtschafter. Für jeden unserer 100 Kleinbesitzer beträgt diese größere Kapitalslast 3.896 Mark. Wenn wir den Zinsfuß zu 4 Prozent annehmen, dann hat jeder der Kleinbesitzer von seinen 30 Morgen jährlich 155,84 Mark mehr herauszuwirtschaften wie von entsprechender Größe der Großgrundbesitzer, oder wenn wir für den Morgen umrechnen, dann hat der Kleinbesitzer 5,19 Mark pro Morgen jährlich mehr aufzubringen.

Wir werden nachher gleich untersuchen, ob wenigstens durch den Betrieb selbst der Kleinbesitzer in der Lage ist, diesen großen Vorsprung, den der Großwirtschafter errungen hat, wieder wettzumachen. – Um überhaupt mit dem Betrieb beginnen zu können, ist es nötig, die Hypotheken zu regeln.

Zugegeben, daß Landschaft oder ähnliche gemeinnützige Institute einen gewissen Prozentsatz Geld dem Großbesitzer wie den kleinen Leuten zu gleichen Bedingungen gewähren. Es wird aber wahrscheinlich noch Geld gebraucht werden, das von Privatleuten gelichen werden muß und das diese eintragen lassen. Der Großbesitzer braucht eine Summe, die in die Hunderttausende geht. Unter normalen Verhältnissen wird er leicht einen Geldgeber finden, der gern bereit ist, dafür, daß er eine so große Summe sicher an einer Stelle unterbringen kann, den Zinsfuß um 1 Prozent zu ermäßigen.

Dem kleinen Besitzer geht dieser Vorteil verloren. Er muß das Geld von kleinen Leuten nehmen, denen selbst um jeden Pfennig Zins zu tun ist, oder aber er muß sich an Geldleute wenden, die dafür, daß sie ihr Geld in kleinen Posten anlegen und ab und zu Verluste haben, aucli entsprechend höhere Zinsen berechnen.
 

2. Die Bodenbestellung

Wenden wir uns jetzt der Wirtschaftsführung zu, um zu sehen, wie Licht und Schatten da zwischen groß und klein verteilt ist.

Es ist endlich Frühling geworden. Frost, Regen und Wind haben im langen Winter die Gebäude arg mitgenommen. Auf dem Felde ist es für die Bestellungsarbeiten noch zu naß und daher die passende Zeit, Zäune und Gebäude in Ordnung zu bringen. Der Großbesitzer mit seinen 3.000 Morgen hat seine 17 bis 18 Gebäude auszubessern. Die 100 Kleinbesitzer aber haben es mit 300 Gebäuden und Zäunen zu tun. Wieviel Kalk, Ziegel, Dachpfannen, Zement, wieviel Zaundraht, Pfähle und Nägel werden wohl die 100 Kleinbesitzer mehr brauchen wie der eine Großbesitzer?

Aendern wir jetzt aber der leichteren Darstellung wegen unser Beispiel ein wenig und nehmen an, neben dem Großgut von 3.000 Morgen befänden sich die verstreut wohnenden 100 Kleinbesitzer, die je 30 Morgen Land ihr eigen nennen.

Die Frühjahrssaatbestellung rückt heran. Es muß künstlicher Dünger auf den Acker gestreut werden. Der Großbesitzer hat sich je nach Bedarf ein paar Eisenbahnwaggons Kunstdünger kommen lassen, bespannt seine Arbeitswagen mit je 4 Pferden und ladet auf jede Fuhre 50 bis 60 Zentner, so daß jedes Pferd 12 bis 15 Zentner Gewicht nach Hause zieht.

Die Kleinbesitzer haben, um den teuren Preisen des Hökerkaufmanns auf dem Lande zu entgehen, sich vielleicht auch gemeinsam ein paar Waggons Kunstdünger kommen lassen. Zur Frühjahrsbestellung braucht jeder von ihnen vielleicht 5 Zentner. Der Dünger ist angekommen, und alle Reflektanten werden zur Verteilung zum Bahnhof bestellt. Nun holt der Besitzer mit seinem Fuhrwerk ganze 5 Zentner nach Hause. Der Gutskutscher schaffte 50 bis 60 Zentner. Ist der Bahnhof vielleicht etwas abgelegen, dann fällt der Kleinbesitzer von vornherein dem näher wohnenden Kaufmann und seinen höheren Preisen in die Hände.

Der Kunstdünger ist nun glücklich ausgestreut. Leider hat dabei der Wind einen gewissen Prozentsatz gerade auf das Feld der bösen Nachbarn getrieben. Der Gutsbesitzer nebenan hat mit seiner Maschine den teuren Kunstdünger in tadellosester Weise gleichmäßig ausgestreut.

Nun beginnt die Saatbestellung. Mit seinen von 4 kräftigen Pferden gezogenen schweren Kultivatoren, denen entsprechende vierspännige Eggen folgen, arbeitet der Großbesitzer seinen Acker in tadellosester Weise vor. Zwei- bis dreimaliges Ueberarbeiten mit den schweren Apparaten haben genügt, den Boden so durchzuarbeiten, daß die Einsaat mit der Drillmaschine vorgenommen werden kann. Bei den langen Streifen bringt die Drillarbeit ungemein viel Nutzen. Gegenüber der früher üblichen Handsäerei respektive dem Arbeiten mit der Breitsäemaschine wird durch die Drillmaschine, die jedes Korn in die Erde bringt, ein Drittel an Saatgut gespart. Außerdem kommt die Saat in die vorschriftsmäßige Tiefe, was ein sicheres und gleichmäßiges Aufgehen verbürgt.

Der Kleinbesitzer nebenan hat auch mit der Saatbestellung begonnen. Statt des teuren Kultivators hat er zum Voreggen sogenannte Schareggen, die Zinken mit sogenannten Gänsefüßchen haben oder etwas Aehnliches. Der Apparat muß seinen beiden schwachen Pferdchen angepaßt sein, ebenso die anderen Eggen. Nach dem mechanischen Prinzip, „was am Wege verloren geht, wird an Kraft gewonnen“, arbeitet er um so öfter über dieselbe Stelle, und erzielt doch nicht die nötige tiefgründige Lockerung und Herausbringung von Quecke usw. Dafür stampfen die Pferdehufe durch das oftmalige Herumdrehen auf derselben Stelle den Acker tüchtig fest, namentlich wenn der Boden noch nicht so richtig trocken ist.

Dann kommt das Säen selbst. Eine Drillmaschine ist für 30 Morgen zu teuer. Der Kleinbauer sät mit der Hand. Das ist natürlich immer mehr oder weniger unvollkommen. Damit überall wenigstens die Minimalzahl von Körnern hinfällt, wird auf vier Fünftel des Ackers Saatgut verschwendet. Ein im Verhältnis zur Fläche sehr großer Prozentsatz an Saatgut fällt auf die Grenzraine und Grabenkränze.

Ebenso ist es mit dem Aussäen der teuren Kleesaat. Der Großbesitzer hat auch für diesen Zweck eine tadellos funktionierende Maschine. Der Kleinbesitzer kann sich nicht allerhand derartige Maschinen anschaffen, die er nur ein paar Stunden im ganzen Jahre braucht. Auch eine genossenschaftliche Anschaffung solcher Maschinen ist schwer möglich, denn wenn die Zeit da ist und das Wetter günstig, muß vor allem gesät werden. Oft werden die frühen Morgenstunden, solange ein etwaiger Nachtfrost das Betreten der Winterfelder, ohne dort Schaden anzurichten, noch möglich macht, zur Aussaat von Klee und Sämereien benutzt. Bei diesen teuren Sämereien wird der Bauer durch seinen rückständigen Handbetrieb empfindlich geschädigt. Jeder plötzliche Windstoß treibt diese bekanntlich nur mit drei Fingern gestreute teure Saat an die falsche Stelle,

Doch noch etwas anderes. Unter den 100 Kleinbesitzern befinden sich sicher einige, die das Talent haben, Saatgetreide als Spezialität zu züchten. Durch Auslese der Getreidestauden respektive der Aehren, durch Kreuzung verschiedener Getreidesorten miteinander, durch Auswahl passenden Bodens, durch vergleichende Beobachtung des Wachstums und der Erträge verschiedener Getreidesorten unter denselben Saat-, Düngungs- und Bodenverhältnissen würden diese Leute ihre speziellen Kenntnisse und Veranlagungen zum Segen für sich und andere entfalten können, wenn sie nur mehr Bewegungsfreiheit hätten. 30 Morgen ist eine kleine Fläche. Verschiedene Sorten derselben Getreideart lassen sich da nicht sehr gut anbauen und namentlich nicht ein Weiterzüchten. Schon von den Grundstücken der vielen kleinen Nachbarn treibt bei den Windblütlern die Luft den Blütenstaub an den verkehrten Ort.

Aber auch bei den Insektenblütlern, zum Beispiel den Leguminosen, wird bei nahe beieinanderliegenden Pflanzensorten derselben Art eine ewige Kreuzung stattfinden.

Unsere Kleinbesitzer werden ihre Spezialität nicht entfalten können. Auch der Mangel an genügend getrennten Aufbewahrungsorten auf dem Gehöft verbietet es.

Sie werden das dem großen Nachbarn nebenan überlassen müssen, der bei seinen Versuchen die zu beobachtenden Getreidesorten so weit voneinander entfernt anbauen kann, daß eine nicht gewollte Vermischung tunlichst vermieden werden wird.

Nun nebenbei sei erwähnt, wie diesen Kleinbesitzern immer die Gefahr droht, daß, wenn sie mit vieler Mühe und Arbeit ihren Acker von Unkraut möglichst befreit zu haben glauben, durch nachlässige Nachbarn diese Hoffnung illusorisch gemacht wird. Sie haben ihr Feld gut bestellt und für reines, unkrautfreies Saatgut gesorgt; da betrachten sie eines Tages ihr Feld und sehen, wie das Unkraut lustig in die Höhe schießt. Der böse Nachbar trägt die Schuld. Der Großbesitzer riskiert in dieser Hinsicht immer nur einen für seine Verhältnisse kurzen, schmalen Streifen an irgendeiner Grenze.

Nun kommt das Kartoffelsetzen an die Reihe. Zu diesem Zwecke muß der für die Kartoffeln bestimmte Acker gründlich und recht tiefgründig durchgearbeitet werden. Bei dieser Arbeit ist unser Großbesitzer mit seinen schweren Gerätschaften und Pferden dem Kleinen natürlich wieder überlegen. Beim Setzen selbst dürfte Wind und Sonne zwischen groß und klein ebenfalls ungünstig verteilt sein. Das Setzen mit dem Spaten hat der Kleinbauer in der Hauptsache aufgegeben, weil die Reinhaltung der Kartoffeln mittels Handhacke gar zu viel Arbeit verursacht und mittels Häufelpflug ebensogut besorgt werden kann. Auch der Kleinbauer setzt heutzutage die Kartoffeln hinterm Pflug in langen Reihen. Der Unterschied ist auch da wieder der, daß die Arbeit bei den längeren Reihen des Großbesitzers besser schafft und bei dem selteneren Kehren nicht so viel Saatgut zerstört wird. Der Großbesitzer schafft sich oft auch ein Pfluggerät an, mittels dessen der Kartoffelacker gerillt oder gekämmt wird. In die Rillen werden die Kartoffeln gelegt und die Rillen einfach zugeschleppt. Derselbe mehrscharige Apparat wird nachher auch zur Lockerung und Reinhaltung benutzt. Der Kleinbesitzer kann sich nicht für jeden Zweck verschiedene Geräte anschaffen.

Beim Behäufeln gereichen die kurzen Reihen dem Kleinbauern wiederum zum Nachteil. Zeit und Kraft gehen verloren, und viele Stauden werden beim Kehren geschädigt.

Bei der Kartoffelernte nun ist heute der Großgrundbesitzer dem Kleinbauern weit überlegen. Ersterer bespannt seine Kartoffelaushebemaschine, die sehr viel Arbeit spart. Der Kleinbauer kann diese Maschine nicht anwenden. Einmal verhindern dieses die kurzen Reihen, und dann sind für diese Maschine vier recht kräftige Pferde nötig, die je zwei und zwei voneinander gespannt werden müssen. Der Kleinbauer wird verdammt sein, im Schweiße seines Angesichts ewig seine Kartoffeln mit der Handhacke aus der Erde zu buddeln.

Bei günstigem Wetter beginnt nun auch bald das Rübensetzen. Der Kleinbauer besetzt gemeinhin einen weit größeren Prozentsatz seiner Fläche mit Futterrüben wie der Großbesitzer.

Finden wir vielleicht hierbei eine Ueberlegenheit des Kleinbetriebs über den Großbetrieb?

Das Setzen der Rüben bereitet viel Arbeit. Die Pflanzen, werden in der Regel auf besonders kräftig gedüngten und geschützt liegenden Beeten herangezogen. Schon hier müssen die Setzpflanzen reingehalten und womöglich öfter gegossen werden. Sind sie groß genug geworden, dann werden sie abgezogen, um auf dem Rübenacker wieder eingepflanzt zu werden. Unter Umständen muß bei ungünstiger Witterung jede gesetzte Rübenpflanze angegossen und womöglich auch noch später wiederholt gegossen werden. Nachher kommt das wiederholte Behacken und Reinhalten der Pflanzen, was sehr viel Arbeit verursacht.

Sehen wir einmal näher zu.

Der Großbesitzer benutzt, wenn er großen Rübenbau treiben will, unter Umständen seine Drillmaschine und drillt die Rübenkerne, dann fällt die Aufzucht der jungen Pflanzen auf besonderen Beeten, ihr Versehen und eventuelles Gießen weg. Allerdings wird dabei viel mehr Saatgut gebraucht und die aufgehenden Pflanzen müssen verzogen werden, was ebenfalls große Arbeit verursacht. Indes kann hinterher der Großbesitzer mit geeigneten Rübenhackmaschinen die gröbste Arbeit des Bodeniockerns und Reinhaltens besorgen. Doch Rüben vertragen kein Behäufeln, wie es die Kartoffeln lieben; die Hauptarbeit des Reinhaltens und Hackens wird hier Handarbeit bleiben.

Beim Rübenbau ist fraglos der Kleinbesitzer seinem großen Nachbarn überlegen. Während der Kleinbesitzer von seinen 30 Morgen einen bis zwei Morgen Rüben, also den dreißigsten bis fünfzehnten Teil seines Areals setzen und bearbeiten kann, wird der Großbesitzer von 3.000 Morgen reichlich zu tun haben, wenn er 50 Morgen, also den sechzigsten Teil seines Besitzes mit Rüben bepflanzen und diese von seinen Leuten bearbeiten lassen will.

Also der Kleinbesitz wäre hier dem Großbesitz überlegen, wenn – ja wenn die Kartoffelaushebemaschine nicht gekommen wäre und wenn die Kartoffel nicht einen viel höheren Ertrag vom Boden geben würde.

Das einzige Argument, das der Kleinbesitz zuungunsten des Großbesitzes in die Wagschale werfen konnte, nämlich den Anbau von Hackfrüchten, das hat die Kartoffelaushebemaschine über den Haufen geworfen.

Von einem Morgen respektive einem Viertel Hektar erzielt man, hochgerechnet, einen Durchschnittsertrag von 300 Zentner Rüben. Rechnet man pro Zentner Futterrübe 50 Pfennig, so würde das also einen Bruttoertrag von 150 Mark pro Morgen geben.

Beim Kartoffelbau erzielt man pro Morgen einen Ertrag von 100 Zentnern, das ist nicht besonders hoch gegriffen, aber wenn man die Kartoffeln auf einem Acker bauen würde mit entsprechendem Dünger, wie ihn die Rübe, um überhaupt zu gedeihen, notwendig braucht, dann müßten wir Erträge von 120–130 Zentner pro Morgen annehmen.

Berechnen wir die Kartoffeln pro Zentner mit 1,50 Mark, was nicht sonderlich hoch gegriffen, ist, dann beträgt der Ertrag pro Morgen 150–195 Mark. Dieser Ertrag ist aber erzielt mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand, während die Rüben, um 300 Zentner zu geben, ungeheure Arbeit erfordern.

Der Großbesitzer wird also seinen Kleinnachbar ruhig seine teuren Rüben bauen lassen, während er selber mit Hilfe der Kartoffelaushebemaschine zum rentableren Kartoffelbau übergeht.

Gewiß hat der Bauer von den Rüben, deren Blätter er täglich bricht, den ganzen Sommer hindurch Vorteil, aber die Rüben quittieren diese Behandlung dann natürlich durch entsprechend geringeren Ertrag bei der Ernte.
 

3. Die Viehweide

Nun ist mittlerweise das Nutzvieh auf die Weide gejagt. Der Großbesitzer nebenan hat seine Kühe und sein Jungvieh in eingezäunte große Weidegärten getrieben, die an passenden Stellen angelegt sind, oder er hat vorhandene Wiesenflächen benutzt. Geeignete Tränkteiche, falls keine natürlichen Wasserläufe bei Anlage der Gärten berücksichtigt werden konnten, sind gegraben. Hier können die Tiere nach Belieben ihren Durst stillen. Einfache Schuppen können errichtet werden, in welchen die Tiere zur Nacht, bei ungünstiger Witterung oder gegen die sengenden Strahlen der Mittagsonne Schutz suchen können.

Jedes Tier, sei es Milchkuh oder Jungvieh, kann sich hier in diesen weiten Gärten das ihm am meisten zusagende Futter auswählen oder an der Stelle fressen, wo dasselbe Futtergras infolge anders zusammengesetzten Bodens einen anderen Geschmack angenommen hat. Jedes Tier kann ganz nach Belieben die ihm zum Fressen am meisten zusagende Zeit auswählen, ebenso entsprechend sein Trinkund Ruhebedürfnis befriedigen. Selbstredend wird die Milchkuh dafür durch erhöhte Milchproduktion dankbar sein, ebenso wie Jungvieh durch schnelleres Wachstum respektive vermehrten Fleischund Fettansatz diese Weidegärten lohnt. Auf dieser Erfahrung fußend, sind heutzutage die Gutsbesitzer allgemein bestrebt, sich entsprechende Weidegärten anzulegen. Die Ersparnis der Arbeitskraft zum Hüten wird nebenbei natürlich auch noch gerne mitgenommen.

Der Kleinbauer hat keine Auswahl zur Anlegung passender Weidegärten. Er kann auch sowieso keine anlegen, denn sonst bleibt ihm ein zu geringer Teil des Ackers für den Fruchtwechsel. Feldfrüchte, die er in gewisser Menge notwendig anbauen muß, würden zu oft auf dieselbe Stelle kommen. Für wenige Stücke Vieh einen Garten mit Zaun zu machen und zu unterhalten, ist auch verhältnismäßig teuer. Zwischen Zaun und Acker geht außerdem wieder ein Streifen Land verloren; kurz, er muß seine Kühe und sein Jungvieh auf der Wiese anbinden.

Da bekommt nun jedes Stück, ob Milchkuh, Jungvieh oder Schaf, seinen besonderen Wirkungskreis angewiesen. Sparsam muß umgegangen werden mit der Weide. Soweit die Leine reicht, ist innerhalb des Kreises alles kahl abgefressen, und die Tiere haben gewöhnlich einen sichtbaren Steg in Halbkreisform an der Grenze zwischen neuer Weide und der abgefressenen ausgestrampelt. Welche Tantalusqualen mögen die Tiere da oftmals ausstehen auf dürrer Heide, von bösen Verhältnissen im Kreise herumgeführt, und ringsherum ist schöne grüne Weide!

Den Besitzern der Tiere hinwieder erwächst eine stete Arbeit mit ihnen. Beim Großbesitzer hat die Erfahrung gegezeigt, daß die Tiere am besten gedeihen, wenn sie so wenig wie möglich gestört werden; wohl müssen die Kühe natürlich gemelkt werden, aber im übrigen ist es am zweckmäßigsten, so selten wie möglich in den Weidegarten hineinzugehen, man kann die Tiere sehr gut durch ein Glas beobachten. Dagegen muß unser Kleinbauer immerwährend hin und her laufen. Da muß der Pflock aus der Erde gezogen und an anderer Stelle wieder einhämmert werden; da hat sich ein Tier in der Leine verwickelt oder die Kreise des anderen gestört; da muß Trinkwasser getragen werden; da müssen die Tiere zur Nacht in den Stall und am Morgen auf die Weide geführt werden. Zur Nacht dürfen sie nicht draußen bleiben, weil sie sich losreißen könnten. Ein andermal wiederum hat sich die Zentrifugalkraft des Hungers stärker erwiesen als die Zentripetalkraft der halbverfaulten Leine; das Tier steht plötzlich mitten in einem Getreidefeld, woselbst es ihm so behagt, daß es sich, als der unerlaubte Seitensprung endlich bemerkt wurde, durchaus nicht greifen lassen will und durch sein Laufen mit dem nachschleppenden Ende der Leine die ärgsten Verwüstungen anrichtet und schließlich die anderen Tiere auch in Aufregung und Rebellion bringt. Auch die Tiere wollen sich nicht an die Scholle fesseln lassen. Besonders Schafe, die bekanntlich nicht sonderlich intelligent sind, pflegen die geringste ihnen unerwartete Erscheinung damit zu quittieren, daß sie mit einem mächtigen Anlauf den Erdpflock lösen oder die Leine zerreißen und sich auf dem Hofe in Sicherheit bringen.

Wem wurde nicht schon ein verzweifelter oder wütender Blick von ehrsamen Bauersleuten nachgesandt, wenn sein unschuldiges Hündchen, das er spazieren führte, die angebundenen Bauernschafe in die wildeste Flucht trieb!
 

4. Die Ernte

Mittlerweile ist die Zeit der Futterernte herangerückt. Der Großbesitzer bespannt seine Mähmaschinen, und je nach der Anzahl der Mähmaschinen, die er arbeiten läßt, hat er es ganz in der Hand, die Futterernte zu beschleunigen. Heuwender, Pferderechen und neuerdings sogar eine verbesserte Harkmaschine, die das Futler gleich in reguläre kleine runde Kaufen zusammenbringt, wirken überaus arbeitersparend.

Unser Kleinbesitzer kann die Mähmaschine nicht so verwenden. Auf seinen vielleicht je 1 Hektar großen beiden Futterschlägen, die vielleicht noch durch ein Getreidefeld getrennt sind, lohnt es nicht, die Maschine anzuspannen, abgesehen von den für ihn unerschwinglichen Anschaffungskosten. Er müßte, um mit der Maschine beginnen zu können, sowieso erst mit der Sense rings um die Fläche einen Strich vorhauen. In die Ecken kommt die Maschine ebenfalls nicht hinein, und überhaupt bei den scharfen Kurven, die die kleine Fläche der Maschine gleich bietet, arbeitet dieselbe nicht besonders, es muß immer mit der Hand nachgeholfen werden. Eine Harkmaschine kann auch unser Kleinbesitzer anwenden, er kann diese aber nicht kleiner oder billiger kaufen wie der Großbesitzer. Er müßte eine Harkmaschine für 30 Morgen haben, während 5–6 Pferderechen unserem Großbesitzer für 3.000 Morgen reichlich genügen. Eine genossenschaftliche Anschaffung all dieser Maschinen findet ihre Verhinderung darin, daß diese Maschinen, wenn sie überhaupt in Arbeit treten, von allen Besitzern zu gleicher Zeit gebraucht werden.

Nun beginnt das Einbringen des trockenen Futters. Der Großbesitzer richtet seine richtig besetzte Partie ein, wie hier der Ausdruck dafür lautet. Je nach der Entfernung des Futterschlags werden 3, 4 oder auch 5 und mehr möglichst lange Leiterwagen bespannt. 2 Staker neben dem Wagen, 2 Lader auf demselben, 1 Weiterfahrer und 1 Pferderechen hinter dem Wagen bilden die Arbeitskräfte draußen auf dem Futterschlag. Ist der erste Wagen vollgeladen, so steht schon der zweite bereit, um an seine Stelle zu rücken usw. Das erste Fuder ist mittlerweile auf den Gutshof gelangt und vor den Schuppen gefahren. Der Kutscher spannt sofort die Pferde ab und bespannt einen bereitstehenden weiteren Wagen, den sogenannten Wechselwagen, und fährt wieder aufs Feld. Zwei Staker haben mittlerweile schon begonnen, das Fuder leerzumachen. Das Futter wird durch die Schuppenluken auf den Stall gereicht. Dortselbst befinden sich je nach der Breite des Schuppens, 6, 8, 10 oder noch mehr Menschen, die das Futter, wie es von den Stakern gereicht wird, weiterbefördern und sachverständig aufschichten.

Bei diesem Betrieb gibt es kaum einen Augenblick des Müßigseins für Mensch und Pferd. Es ist wie ein Uhrwerk, das, einmal in Betrieb gesetzt, wie von selber weiterläuft und vor allem sich selber immer wieder den Antrieb gibt, in gleicher Gangart weiterzulaufen. Der Herr respektive der Inspektor hat seine Tätigkeit in der Hauptsache darauf zu beschränken, jedes Hindernis sozusagen vor dem Entstehen hinwegzuräumen. Für einen Wagen, der schadhaft zu werden beginnt, muß vor seinem Zusammenbrechen ein anderer einrangiert werden. Wenn in der einen Ecke des Feldes die letzten Fuder geladen werden, dann muß der Inspektor taxieren können und achtgeben, daß schon das vorletzte Fuder breiter und voller geladen wird, damit nicht noch ein dritter Wagen, vielleicht nur halbvoll nach dem Hofe gefahren werden muß usw.

Und unser Kleinbäuerlein! Auch er spannt seine beiden Pferdchen an den entsprechend kleinen Wagen zum Futterholen. Mit seiner Frau allein kommt er dabei schon gar nicht zurecht. Seine Kinder müssen mithelfen. Nun fährt die ganze Gesellschaft auf den Futterschlag. Der Bauer reicht das Futter auf das Wägelchen, die Frau ladet, ein Kind harkt nach und ein anderes fährt weiter. Endlich ist das Fuder vollgeladen, und die kleine Karawane begibt sich zurück auf den Hof. Frau und Kinder erklettern auf einer Hühnerstiege den Schuppen, bei dem infolge seiner Kleinheit die Ecken, der Dachfirst und die sogenannten Okeln, die sich schlecht und beschwerlich vollstopfen lassen, einen viel größeren Prozentsatz ausmachen wie auf dem geräumigen Schuppen des Großbesitzers. Unser Bäuerlein erklettert das Fuder und reicht das Futter nach oben, während die Pferdchen derweilen in der Sonne träumen. Endlich ist das Fuder leer. Frau Bäuerlein und die Kinder klimmen die gefährliche Hühnerstiege wieder nach unten, und das gesamte lebendige Arbeitsinventarium unseres Kleinbetriebs pilgert wieder aufs Feld usw.

Das ist hier im kleinen das, was Fritz Reuter in seinem Ut mine Stromtid bei Fritz Triddelfitz verspottet hat.

Wenn nun gar die Bäuerin Mutterfreuden erwartet? Die Arbeit muß gemacht werden. Aber wie leicht ist da ein Unglück geschehen. Das Fuder rutscht oder kippt beim Auf- und Absteigen vom Wagen oder vom Schuppen, ein kleiner Fehltritt, und dauerndes Siechtum kann die Folge sein.

Nebenan beim einsichtigen Großbesitzer, dessen Einsicht eventuell entsprechende Gesetze noch erhöht haben, wird eine Frau, die ihrer Entbindung entgegensieht, solche gefährliche Arbeit nicht machen, unter den 36 Arbeiterfrauen ist Auswahl genug vorhanden.

Die Futterernte ist jetzt beendet, die Getreideernte hat noch nicht begonnen. Der Bauer hackt seine Rüben, der Großbesitzer häufelt die Kartoffeln, irgendwo haben beide ein Stück Schwarzbrache gelassen, welches besonders verunkrautet und verqueckt war. Es ist jetzt Zeit, das in Ordnung zu bringen.

Der Großbesitzer geht vielleicht mit einer Scheibenegge, die recht teuer ist, und hinterher wieder mit seinen schweren Apparaten dem Unkraut zu Leibe und hat es bald unterbekommen. Unser Bäuerlein arbeilet sich mit seinen leichten Geräten ab und bekommt doch die Quecke nicht aus den tieferen Acker schichten. Nun wird die Brache tiefgepflügt. Es ist vorher starker Regen gekommen. Eine tiefliegende naßgründige Stelle ist nach dem Pflügen vom Sonnenbrand zusammengetrocknet, beim Eggen gibt es Kluten wie Kinderköpfe groß. So darf das nicht bleiben, der Acker wird nicht gar. Der Großbesitzer spannt seine schwere Walze respektive Kroskel oder Schollenbrecher an und zermürbt die Erdschollen durch einbis zweimaliges Ueberwalzen zu Beutelmehl. Unser Bäuerlein wills nachmachen. Auch er bespannt seine Walze. Vergebliche Mühe. Die für 2 Pferdchen berechnete leichte Walze macht auf die Kluten keinen Eindruck, er muß zum Schlägel greifen und im Schweiße seines Angesichts noch arbeiten, während der Kutscher des Großbesitzers nebenan nach schnell vollbrachter Arbeit ein Liedchen trällernd davonfährt.

Mittlerweile ist die Getreideernte herangerückt. Hier wiederholt sich das Spiel, das wir schon bei der Futterernte beschrieben haben. Getreidemähmaschinen der verschiedensten Sorten arbeiten beim Großbesitzer. Lagerstellen müssen allerdings auch da noch mit der Sense genommen werden. Mähmaschinen, die in stark gelagertem Getreide arbeiten, werden wohl schon in verschiedenen Formen auf den Markt gebracht, sie haben sich aber meines Wissens bis jetzt noch nicht bewährt. Das will aber nicht viel besagen; in der Hauptsache arbeiten die Mähmaschinen.

Diese verhältnismäßig teuren und schwerfälligen Maschinen kann der Kleinbauer selbstredend niemals anwenden, auch nicht auf dem Wege der Genossenschaft. Mit der Hand muß er sein Getreide mähen, binden und harken.

Während bei schönem Erntewetter die Einfahrtpartien auf dem Gutshof wieder in Gang gebracht werden und ohne Zeitverlust und unnötige Kraftverschwendung Fuder auf Fuder in die geräumigen Scheunen rattern, pendelt die gesamte Bauernhofsbevölkerung wieder hin und her zwischen Feld und Scheune.

Wenn Ziegel möglichst schnell in eine höhere Etage eines Baues befördert werden sollen, oder Pfannen auf das Dach gebracht, und keine besonderen mechanischen Vorrichtungen dafür vorhanden sind, dann bilden die Arbeiter auf der Leiter eine Kette, und es wandert nicht jeder einzelne mit ein paar Ziegeln die Leiter auf und ab. Wenns wo brennt und Eile nottut, muß ebenfalls der Eimer von Hand zu Hand durch die Menschenkette fliegen, und in der Erntezeit brennts.

Dem Großbesitzer stehen nun 20 und mehr verschiedene Scheunenfächer und Tennen zur Verfügung, in die er seine diversen Getreidesorten fahren und namentlich das zur Saat und zum Verkauf bestimmte Getreide gesondert aufbewahren kann.

Unser Kleinbesitzer hat im besten Falle 4–5 voneinander getrennte Gelasse in seiner Scheune. Wie soll er da nun die verschiedenen Getreidesorten, wie Erbsen, Wicken, Roggen, Weizen, Hafer, Gerste, Bohnen, Timothysaat, Menggetreide, Saatklee usw. so aufbewahren, daß die verschiedenen Getreidearten sich nicht vermischen, ganz abgesehen davon, daß schon beim Säen an den Grenzflächen zweier Getreidefelderchen die verschiedenen Sorten durcheinandergelaufen sind.

Die Ernte ist nun glücklich vorbei, das Getreide in den Scheunen geborgen. Der Großbesitzer hat eine Zeit des beständigen Wetters während der Ernte benützt, um gleich vom Fuder zu dreschen. Er hat seinen Dampfdreschapparat an geeignetem Platze aufgestellt, und statt in die Scheune sind die Getreidefuder an den Dreschkasten gefahren, und die Staker haben das Getreide den Einlegern, die auf dem Dreschkasten hantieren, zugereicht. Welche mannigfachen Vorteile erwachsen allein daraus dem Großbesitzer. Einmal spart er bei einer besonders reichlichen Ernte Scheunenraum. Er läßt das ausgedroschene Stroh, das der von der Lokomobile gleichfalls getriebene Elevator zu Haufen türmt, natürlich draußen stehen und kann anderes Getreide dafür in die Scheune bringen, dann erspart er tüchtig an Arbeit; denn um das jetzt schon vom Fuder gedroschene Getreide später zu dreschen, hätte es wieder aus dem Scheunenfach hinausbewegt werden müssen, nachdem es vorher mit Mühe und Not eingebracht war. Dann aber hat er gleich sein Saatgut zur Bestellung der Wintersaat fix und fertig. Aus dem Dreschkasten läuft das Getreide, wenn der Zylinder etwas enger gestellt wird, zur Saat beinahe brauchbar in die Säcke.

Aber mehr noch! Kurz vor der neuen Ernte sind gewöhnlich die höchsten Getreidepreise. Bald nachdem frisches Getreide auf den Markt gebracht ist, pflegen die Preise zu sinken. Der Großbesitzer hat schon verschiedene Eisenbahnwagen mit Getreide befrachtet zur Stadt geschickt und hat schon auf seine Annoncen für den teuersten Preis Saatgetreide verkauft, dann erst kommt der Kleinbauer dazu, seine Dreschmaschine aufzustellen und zu dreschen. Natürlich kommt der Erdrusch dann noch nicht Verkaufsoder gar saatfähig aus der Maschine zum Vorschein, sondern muß erst noch durch die Putzmühle wandern.

Nach der Getreideernte kommt die Kartoffelund Rübenernte an die Reihe. Dieses Gebiet haben wir schon oben behandelt. Unser Bäuerlein gräbt im Schweiße seines Angesichts, der Großbesitzer läßt seine Maschine arbeiten. Bei der Rübenernte, die im allgemeinen wohl dem Großwie dem Kleinbesitzer dieselbe Arbeit verursacht, kommt höchstens zugunsten des Großbesitzers in Betracht, daß 4 Pferde den im selben Verhältnis beladenen Wagen leichter ziehen als 2, schon weil das Gewicht des Wagens mit all dem Schmutze, der im nassen Herbste von den ausgefahrenen Wegen den Rädern usw. mitgegeben wird, sich auf 4 Pferde verteilt. Entsprechend kann mehr aufgeladen werden. Belastend für den Kleinbauern ist natürlich auch hier wieder, daß er mit seiner ganzen Karawane vom Hofe zum Felde und umgekehrt wandern muß. Dasselbe gilt auch für das Nachhauseschaffen der Kartoffeln.

Inzwischen ist natürlich größtenteils die Bestellung der Winterfelder geschehen. Auch für die Wintersaat hatte unser Bäuerlein seine 5 Zentner Kunstdünger ein paar Kilometer weit nach Hause fahren müssen; auch bei der Wintersaat hat er mehr Saatgut verwenden müssen, wie nötig gewesen wäre.

Nun wird Stalldung gefahren. Der Großbesitzer richtet auch dabei seine Partie ein, das heißt eine Anzahl Menschen laden im Stalle oder auf der Dunggrube den Dünger auf, ein paar vierspännig bespannte Wagen fahren, und auf dem Felde befinden sich wieder Menschen, die den Dünger vom Wagen abhaken, respektive gleich ausbreiten. Unser Bäuerlein muß mit seiner einen Fuhre und mit seiner gesamten Mannschaft natürlich wieder hin und her. Streut er den eben auf dem Felde in kleinen Haufen abgehakten Dünger gleich aus, dann versäumen die Pferde, läßt er den Dung in den kleinen Haufen vorläufig noch liegen, um erst einmal denselben schnell vom Hofe zu bringen, dann trocknet der Dünger auf dem Felde zusammen und streut sich viel schlechter aus.

Nun wird Stalldung gefahren. Der Großbesitzer richtet auch Stoppelpflügen; das ist die Vorbereitung des Ackers für die nächstjährige Frühlingssaat. Natürlich ist der Großbesitzer da seinen kleinen Nachbarn weit überlegen. Mit seinen für 4 Pferde berechneten Pflügen kann er natürlich viel tiefgründiger und eigener diese Arbeit besorgen wie die Kleinbesitzer mit ihren für 2 Pferdchen berechneten Pflügen. Ist der Boden sehr bündig und, was bei uns auch keine Seltenheit ist, lange Zeit kein Regen gefallen, dann wird unser Bäuerlein überhaupt das Pflügen einstellen müssen. Kommt es doch sogar vor, daß die für 4 Pferde ganz besonders stark gearbeiteten Pflüge zerbrechen und verbiegen, weil die festgetrocknete Erde einen zu großen Widerstand bietet. „Sommerfrost“ nennen es die Bauern.

Welcher Besitzer von schwerem Boden hat das nicht schon öfter durchgemacht und sich dann sehnsüchtig einen Retter herbeigewünscht in Gestalt eines Dampfpflugs! Oft genug kommt es vor, daß Ackerflächen mit schwerem Boden im Herbste ungepflügt bleiben, weil die Trockenheit ein Pflügen unmöglich machte. Der im Frühjahr gepflügte strenge Boden gibt in der Regel keinen Ertrag.

Doch nehmen wir an, das Pflügen geht in einem gut durchnäßten Boden vorwärts. Großbesitzer wie Kleinbauer halten sich tüchtig daran. Da geht beim Großbesitzer auf dem Felde mitten in der Arbeit ein Pflug entzwei. Ein im Acker verborgener Stein hat die Spitze des Pflugeisens verbogen oder abgebrochen. Der Großbesitzer hat für diesen Fall schon einen Reservepflug auf dem Acker bereit liegen. Die Arbeit erleidet nur geringe Unterbrechung. Nach Schluß der Tagesarbeit nimmt der betreffende Gespannfahrer den beschädigten Pflug mit nach Hause, der Gutsschmied bringt ihn in Ordnung, am nächsten Tage wird er wieder aufs Feld mitgenommen, um als Reservepflug zu dienen.

Unser Kleinbauer könnte ja auch seinen Reservepflug auf dem Felde bei der Hand haben, oder da seine Felder nicht zu weit vom Hofe abliegen, holt er sich von da einen Ersatzpflug; doch er hat keine Schmiede zu Hause. Er muß den beschädigten Pflug baldmöglichst auf den Wagen laden und zu der vielleicht recht weit entfernten Schmiede fahren. Derartiges Malheur kann unserem Kleinbesitzer natürlich nicht nur beim Pflügen passieren, sondern in ungezählten anderen Fällen ebenfalls. Da verliert ein Pferd ein Hufeisen respektive muß umgeschlagen werden, da geht eine Egge entzwei oder es bricht ein Radreifen usw.

Die Arbeiten auf dem Felde sind nun beendet, respektive der eingetretene Winterfrost hat dem Hantieren mit Pflug und Spaten ein Halt geboten. Es beginnen die Winterarbeiten auf dem Hofe.

Das Vieh ist schon sämtlich eingestallt. Der Großbesitzer spannt seine Lokomobile an den Dreschkasten und treibt das Getreide aus der Scheune hindurch. Der Dreschkasten enthält zugleich die Reinigungsmaschinen, Putzmühle, Siebe und Fächel. Das Getreide läuft verkaufsmäßig in die Verladesäcke und wird direkt von der Maschine zum Bahnhof gefahren und waggonweise zur Stadt geschickt. Der Preis ist mit dem Getreidehändler vorher schon vereinbart. Der Gutsbesitzer liest die Börsenberichte und weiß, welchen Preis das Getreide hat. Dem Getreidekaufmann ist es natürlich sehr lieb, waggonweise das Getreide auf einer Stelle zu kaufen. Er kann in diesem Falle höhere Preise zahlen. Der Großbesitzer hat außerdem ein größeres Absatzgebiet für sein Getreide. Er kann das im Eisenbahnwaggon verfrachtete Getreide eventuell auch zur nächsten Großstadt schicken, wenn er glaubt, trotz der höheren Frachtkosten dort durch höhere Preise noch einen Gewinn zu erzielen.

Der Kleinbesitzer setzt seine durch die Pferde getriebene Dreschmaschine in Gang, muß hinterher noch putzen, fächeln und sieben und erhält doch keine reine Ware, weil das Getreide in der Scheune nicht genügend getrennt gehalten werden konnte.

Bei einer sehr guten Ernte hat er nun auch einiges zum Verkauf übrig. Er bespannt sein Fuhrwerk, ladet ein paar Zentner auf und fährt mitunter meilenweit zur nächsten Stadt. Wenn möglich, wird er diese Fahrt natürlich mit einem Markttag verbinden, der in der Stadt abgehalten wird, und sich vielleicht Ferkel oder sonst was kaufen, um wenigstens nicht leer nach Hause zu fahren.

Kaum ist er in der Stadt, so überfallen ihn schon die Vorkäufer oder Deichselspringer, behandeln sein Getreide und suchen dem unwissenden Bäuerlein mit allen Kniffen möglichst billig die Ware abzukaufen. Billiger wie die Ware des Großbesitzers muß dies Getreide sein, denn das Heer der Vorkäufer arbeitet im Auftrage desselben Großhändlers, an den auch unser Großbesitzer seine Getreidewaggons sendet, und alle diese Zwischenhändler zweiter und dritter Größe wollen auch leben.

Praktischer ist es denn schon, wenn der Großhändler vielleicht in einem Dorfe in der Nähe unserer Kleinbesitzer einen Aufkäufer hinsetzt, der dann von den Bauern Getreide zusammenkauft, bis er einen Waggon voll hat und es dann verladet und zur Stadt schickt. Die Bauern sparen dann wenigstens den Weg zur Stadt, aber die größeren Unkosten bleiben doch bestehen, und das so zusammengekaufte Getreide bildet keine einheitliche Ware, kann also nur minderwertige Preise erzielen, selbst wenn wir schon nicht annehmen wollen, daß irgendein gewissenloser Besitzer vielleicht schlechtes Getreide dazwischen schmuggelt und so die ganze Sendung damit verdirbt.

Nun ist Saatklee zu dreschen und reinzumachen. Das letztere ist eine überaus schwierige Arbeit. Das Kleekorn will sich durchaus nicht aus den Hüllen, in denen es steckt, befreien lassen. Da muß zehnund zwanzigmal gedroschen, gerieben und gearbeitet werden, und trotzdem bleibt noch ein großer Teil der Kleesaat in den Hülsen.

Dieser schwierigen Reinigungsarbeit wegen haben früher die Gutsbesitzer vielfach auf den Saatbau der verschiedenen Kleesorten verzichtet, sich die Saat fertig gekauft und den kleinen Besitzern den Anbau von Saatklee überlassen. Auch das ist jetzt anders geworden. Es ist eine Kleereinigungsmaschine konstruiert, hier bekannt unter dem Namen Viktor, die immer größere Verwendung findet und die Schwierigkeit des Saatkleereinigens vollständig behoben hat. Die Gutsbesitzer schreiten jetzt wieder zum Saatkleebau. Der Kleinbauer wird sich nach wie vor mit seiner veralteten Methode quälen können, denn die Maschine, die ebenfalls durch die Lokomobile getrieben und von einem Unternehmer von Gut zu Gut gesandt wird, kann nur dort aufgestellt werden, wo ihr eine gewisse Minimalarbeitsdauer garantiert wird.

Die Winterszeit wird ferner benutzt, um Holz zu fahren. Auch der Vorrat für den Sommer wird herbeigeschafft. Der Forst ist oft eine oder gar mehrere Meilen vom Besitzer entfernt. Der Großbesitzer richtet wieder seine Vierspänner und ladet seine 5–6 Meter auf den Wagen.

Unser Kleinbesitzer kann da wieder nicht mitkonkurrieren. Im Winter hat er allerdings Zeit. Da kauft er denn, um nicht zuviel Geld ausgeben zu müssen, den Abfall, die Aeste, sogenannten Sprak, und bringt dann mit jeder Fuhre Brennwerk nach Hause, das einen Wert von 40–50 Pfennig hat.

Wie steht es nun mit der Viehhaltung und Pflege im Winter?

Der Großbesitzer hat das Vieh beim Einstallen entsprechend gesondert. Hier ist der Stall für die Kühe, da ist das Jungvieh nach Größe oder sonstwie gesondert untergebracht, im anderen Stalle befinden sich die Schafe respektive das andere Inventarium. Ueberall sind die saubersten und bequemsten Füttereinrichtungen gemacht. Das Wasser wird durch maschinelle Einrichtungen in das Bassin gepumpt, ein Röhrenwerk, das in jeder Krippe seine Ausmündung hat, ermöglicht das bequemste Tränken.

Diese Einrichtungen sind vielfach schon wieder verbessert. In Verbindung mit der Wasserleitung werden automatisch funktionierende Tränkeinrichtungen angelegt, die es jedem Tiere ermöglichen, ganz nach Belieben zu jeder Zeit sein Wasserbedürfnis zu befriedigen. Das Wasser hat in diesem Falle immer eine angemessene Temperatur. In vollkommenerer Weise kann dem individuellen Verlangen der einzelnen Tiere in dieser Richtung nicht mehr Rechnung getragen werden.

Mag unser Kleinbauer, der sich natürlich für seine paar Stück Vieh keine Wasserleitung anlegen kann, noch so oft durch Vorhalten des gefüllten Tränkeimers die Kuh stören, die automatische Tränkvorrichtung ist jedenfalls die vollkommenste und trägt zum Wohlbefinden des Tieres ganz erheblich bei.

Die sonst auf vielen Gütern schon bestehenden Einrichtungen für schnelles und arbeitsparendes Füttern übergehe ich, jedenfalls können bei unserem Großbesitzer zwei Menschen mit Leichtigkeit 120–150 Stück Jungvieh besorgen; dabei setze ich allerdings voraus, daß zum Bürsten und Putzen des Viehes noch eine Hilfskraft tätig ist. Gewöhnlich werden auf den Gütern für diesen Zweck ältere Arbeiter verwendet, die schwere Arbeit draußen oder in der Scheune nicht mehr verrichten können.

Bei Kühen rechnet man auf je 20 Stück eine Arbeitskraft. Bei einer Herde von 100 Kühen zum Beispiel übernimmt der Kuhmeister mit vier Gehilfen die ganze Arbeil, das heißt füttern, melken, den Dung aus dem Stalle schaffen, putzen und auch noch die Kälberaufzucht.

Unser Kleinbauer von 30 Morgen hat im ganzen allerböchstens 10 Stück Inventarium. Er hat 2 Pferde und dann vielleicht noch 2 Kühe, 3 Stück Jungvieh, 1 Mutterschaf und 2 Schweine. Jedenfalls muß Herr und Frau Bauer sich mit diesen 10 Hofgenossen den Winter über durchschlagen. Ja, kann unser Kleinbäuerlein aus diesen 10 Stück Inventarium nun wenigstens etwas Besonderes erzielen, mehr erzielen verhältnismäßig als der Gutsnachbar nebenan? Sehen wir zu.

Der Gutsnachbar nebenan hat 100 und mehr Kühe. Er hat für diese Kühe Stallschweizer, also qualifizierte Arbeiter, Leute, die dieses Fach als Spezialfach erlernt haben.

Die Kühe werden an den einzelnen Futtergängen sachgemäß verteilt. Frischmilchende Kühe respektive solche, die besonders gute Futterverwerter sind, kommen an den ersten Gang, und nun stuft sich die Aufstellung nach dieser Tendenz der Reihe nach an den weiteren Futtergängen ab. Für die Gänge mit den besseren Futterverwertern wird nun natürlich entsprechend mehr Kraftfutter vom Speicher, respektive Rauhfutter vom Schuppen gegeben.

Aber damit allein wird sich der Großbesitzer auch noch nicht begnügen, sondern von seinem Kuhmeister verlangen, daß er innerhalb dieser verschiedenen Futtergänge die Kühe noch individuell behandelt, der einen mehr zusteckt wie der anderen. Ein guter Kuhmeister macht das schon von selber. Was kann unser Bäuerlein in der Beziehung mehr tun?

In einem kürzlich erschienenen Artikel der Monatshefte Nr. 7 zeigt Genosse Schulz an der Hand der Veröffentlichungen der Milchkontrollvereine, daß die Produktionskosten pro Kilogramm Milch beim bäuerlichen Besitz sich etwas niedriger stellen wie bei Großbetrieb. Dabei spricht meines Erachtens die Fütterung sicher die allergeringste Rolle mit. In der Hauptsache dürfte dieser Unterschied, wenn der weitere Ausbau der Milchkontrollvereine diese bisher doch nur im kleinen gewonnene Erfahrung bestätigen sollte, zurückzuführen sein auf das bessere Melken. Ich gebe unumwunden zu, daß im kleinen bäuerlichen Betrieb, wo die Bäuerin «eiber das Melken beaufsichtigt oder gar mitmelkt, zum mindesten die Kühe zur Kontrolle nachmelkt, oder gar in den bäuerlichen Familienbetrieben, wo die Frau ihre beiden Kühe ganz allein besorgt, daß da die Kuh bis zum letzten Tropfen Milch ausgestrippt und zu größerer Milcherzeugung angeregt wird, während im Großbetrieb, der nur mit fremden Arbeitskräften melken und fremde Arbeitskräfte das Melken beaufsichtigen lassen kann, vielmals nicht so rein ausgemolken werden wird. Das sind natürlich kleine Nachteile für den Großbesitzer, aber dafür melkt beim Großbesitzer auch ein Melker 15 und mehr Kühe, während unsere Kleinbauersfrau ihre Arbeitskraft nur an 2 Kühen betätigen kann.

Etwas mehr gärend Drachengift des Sozialismus und etwas weniger Milch der frommen Denkart, mein verehrter Genosse, dann werden Sie sich sagen, daß das, was die Kühe geben, nicht das Alleinseligmachende für die Menschheit ist. Für den Säugling mag die Milchproduktion der Güter Höchstes und Einziges sein, die Menschheit an sich braucht aber noch manches andere. Wenn 4 oder 5 Menschen 100 Kühe vollständig besorgen, das heißt füttern, melken, reinhalien und die entsprechenden Kälber aufziehen, dann wird die Milch, wenn sie auch scheinbar um einen halben Pfennig teurer produziert würde, in Wirklichkeit doch viel billiger sein, und für die Allgemeinheit würde dabei ein viel größerer Nutzen herausspringen, als wenn 2 Menschen ihre Arbeitskraft an 2 Kühe sozusagen verschwenden müssen.

Um überhaupt zu einem richtigen Resultat zu kommen, müßten die Milchkontrollvereine für den Großbetrieb natürlich auch andere Preise für das Rauhfutter und Stroh annehmen, denn die Gewinnung dieser Materialien gestaltet sich im Großbetrieb billiger wie im Kleinbetrieb. Ebenso ist der Bezug und Einkauf der Kraftfuttermittel im großen wesentlich billiger.

Der Kuhmeister in seiner Eigenschaft als Spezialarbeiter auf seinem Gebiet wird in vielen Fällen, zum Beispiel beim Kalben, wobei häufig genug Komplikationen vorkommen, durch sofortiges sachgemäßes Eingreifen viel Schaden verhüten. Unserem Bäuerlein gehen diese Spezialkenntnisse ab. Der Kuhmeister vom großen Nachbargut wird oft genug von unseren 100 Kleinbesitzern in Anspruch genommen, um Rat gefragt und herausgeholt, viel mehr, als es unserem Gutsbesitzer vielleicht lieb ist.

Der Großbesitzer kauft sich nun einen Bullen. Für seine weit über 100 Häupter starke Herde kann er sich den allerbesten Bullen aussuchen. Ein paar hundert Mark mehr oder weniger spielen dabei keine Rolle. Er kann sich aber auch den Bullen aussuchen, der speziell für seine Herde am besten paßt. Das eine Mal braucht er einen Stier aus einer besonders milchergiebigen Herde, das andere Mal sieht er vornehmlich auf Körperformen, einmal wieder auf besonders starke Knochen, oder er will die häßlichen Kopfformen aus seiner Herde herauszüchten und sucht einen Bullen mit besonders schönem Kopf und feiner Hornbildung.

Diese freie Auswahl des Vatertieres ist bei der Viehzucht dem Kleinbauern versagt. Für seine beiden Kühe kann er sich keinen Bullen kaufen. Gewöhnlich geht er mit seiner Kuh zum benachbarten Gutshof, und gegen Bezahlung respektive Verpflichtung zu einem Tag Arbeit in der Erntezeit wird die Kuh belegt. Natürlich nicht mit dem besten Bullen. Der Gutsbesitzer wird nicht riskieren, sich womöglich durch die fremden Bauernkühe Seuchen in seine Herde einzuschleppen. Für die Bauern und Leutekühe hat er einen billigeren und auch minderwertigeren Bullen bereitstehen.

Nehmen wir nun auch schon an, unsere 100 Kleinbauern v/ären so weit vorgeschritten, daß sie sich zusammentun und auf genossenschaftlichem Wege einen guten Bullen kaufen. Dann sind sie trotzdem noch viel schlechter daran wie der Großbesitzer.

Erstens einmal haben sie den Stier nicht auf dem Hofe stehen, sondern müssen mit der Kuh, die rindert, oft einen längeren Weg machen, was im Winter bei Sqhnee und Eis oft üble Folgen haben dürfte. Doch davon abgesehen, kann bei der Auswahl des Genossenschaftsbullen wohl auf die Kühe aller 100 Kleinbesitzer Rücksicht genommen werden? Man muß im Auge behalten, daß die Kühe dieser Kleinbesitzer nicht wie die Herde des Großbesitzers von vornherein nach einheitlichen Prinzipien gezüchtet worden sind, sondern ganz verschiedenartige Eigenschaften besitzen.

Wir haben schon oft erwähnt, daß es unserem Kleinbäuerlein schwer fallen dürfte, seine etwaigen besonderen Fähigkeiten zu verwerten und zum Beispiel Saatgetreide zu züchten.

Aehnlich liegt die Sache auch bei der Rindvieh-, Schweineund Schafzucht. Die eigentliche Tierzucht kann am besten der Großbesitzer besorgen. Sicherlich werden unter unseren 100 Kleinbesitzern auch welche vorhanden sein, die besondere Fähigkeiten zum Züchter haben. Aber kann der beste Feldherr und Stratege seine Fähigkeiten wohl verwerten und ausbilden, wenn er weder ein Schlachtfeld noch genügend Soldaten zur Verfügung hat? Kann der beste Spezialarzl seine Fähigkeiten ausnutzen und vor allem weiterentwickeln, wenn er nicht genügend Kranke mit dem immer wieder verschiedenen Auftreten der Krankheiten zur Behandlung und Beobachtung bekommt?

Ein guter Tierzüchter muß nicht nur ein feiner Tierkenner und Beobachter sein, nein, er muß auch das Tiermaterial in genügender Menge zur Verfügung haben, er muß die verschiedenen Tiere miteinander vergleichen können.

Was wird unser Bäuerlein anfangen können, wenn bei einem der beiden Lämmer seines Mutterschafes eine Variation auftritt? Als guter Beobachter und Kenner wird er das bemerken, er wird auch erkennen, daß diese Variation weitergezüchtet, verstärkt und konstant gemacht, irgendwelchen besonderen Nutzen gewähren würde. Wie soll er aber mit diesem einen Lamm die Variation weiterzüchten? Er müßte vielleicht zu sämtlichen 99 Besitzern der Nachbarstadt laufen, um festzustellen, ob da auch irgendwo dieselbe Variation aufgetreten ist, und dann ist es noch fraglich, ob er dieses Tier zu kaufen bekommt, oder der andere hat diese gute Variation nicht erkannt und das Tier als mißraten längst geschlachtet und verzehrt.

Anders steht es in dieser Hinsicht bei unserem Großbesitzer. Der hat vielleicht eine Herde von 300 Mutterschafen. Wenn da nun eine Variation auftritt, die eine Weiterzucht in dieser Richtung wünschenswert erscheinen läßt, dann ist die Möglichkeit dazu auch leichter gegeben. Falls unter seinen vielen hundert Lämmern nur wenige Fälle dieser Varietät auftreten, dann fährt er zum Nachbar, der ebenfalls Schafzüchter ist, und findet in dessen großer Herde das Gewünschte und tauscht diese Tiere vielleicht ein gegen andere aus seiner Herde, die der Nachbar zu seinen Züchtungsversuchen brauchen kann.

Das Züchten von Artbullen, Ebern und Böcken liegt tatsächlich doch auch beinahe ausschließlich in der Hand von Großbesitzern.

Auf die Schweinezucht will ich hier nicht weiter eingehen, um nicht zu wiederholen, was ich in Nr. 26 der Neuen Zeit geschrieben habe.

Mit dem Verkauf der aufgezogenen Tiere im Groß- resp. im Kleinbetrieb steht es ähnlich wie mit dem Verkauf von Getreide bei Groß- beziehungsweise Kleinbetrieb. Beim Großbesitzer findet der Händler gleichmäßiges Vieh in einer Menge, daß er gleich einen, respektive ein paar Eisenbahnwaggons, damit befrachten kann. Natürlich zahlt er dann den höchsten Preis. Will er dieselbe Menge Vieh von Kleinbesitzern zusammenkaufen, ja, wieviel Tage muß er da unterwegs sein und von Ort zu Ort, von Gehöft zu Gehöft reisen, und schließlich hat er doch nur bunt zusammengewürfteltes Zeug aufgekauft.

Der Großbesitzer hat unmittelbar an seinem Viehstall auch die Viehwage stehen, zum Aerger der Händler, die behaupten, die Viehwage habe ihren ganzen Verdienst vernichtet. Dar Kleinbesitzer kann sich nicht eine eigene Viehwage anschaffen. Er ist darauf angewiesen, sein Vieh nach „ Sicht“ zu verkaufen, wobei der routinierte Händler ihm immer über ist. Im anderen Falle muß er erst wer weiß wie weit sein Vieh auf die Wage treiben, womit große Gewichtsverluste verbunden sind.

Der Großbesitzer hat seine eigene durch die Lokomobile getriebene Schrotmühle stehen. Für seinen Betrieb lohnt selbstredend diese Einrichtung. Die Tiere verwerten das gemahlene Getreide besser. Unser Kleinbauer kann sich für die paar Zentner, die er zu vermählen hat, natürlich keine eigene Mühleneinrichtung machen. Er muß entweder das Getreide ganz verfüttern oder seine paar Scheffelchen zur Mühle hinund herschaffen.

Setzen wir einen anderen Fall. Unser Kleinbäuerlein braucht einen Tierarzt. Er setzt seinen sogenannten Gala- oder Kirchenwagen in Bewegung und holt den Mann heraus aus dem vielleicht zwei Meilen entfernten Orte. Der Tierarzt behandelt den Fall, das Bäuerlein bezahlt wehmütig die Taxe und fährt den Tierarzt wieder nach Hause. Dort wartet vielleicht schon ein zweites Fuhrwerk, das einem anderen unserer 100 Kleinbesitzer gehört, und der Tierarzt muß den Weg wieder machen. Mit dem Menschenarzt kann es ebenso gehen.

Wird der Arzt zum Großbesitzer geholt, dann werden da immer gleich soundsoviel Fälle mit abgemacht. Auch hierbei wird das Konto unserer 100 Kleinbesitzer nicht unwesentlich gegenüber dem einen Großbesitzer belastet werden.
 

5. Die intensive Viehzucht

Haben wir nun im vorhergehenden sozusagen die Entstehung und den Lebenslauf der großen und der kleinen Besitzer zu schildern versucht, haben wir da gezeigt, wie ungleich Licht und Schatten zwischen groß und klein auch im Agrarbetrieb verteilt sind, so wollen wir jetzt noch auf Fragen allgemeiner Natur eingehen.

Die Verfechter der landwirtschaftlichen Kleinbetriebsform stellen sich triumphierend auf den Sockel der Statistik und verkünden: „Der Kleinbetrieb kann auf derselben landwirtschaftlichen Fläche mehr Vieh produzieren wie der Großbetrieb.“

Nach der Bibel erschlug der ackerbautreibende Kain den nomadisierenden Abel; jetzt soll der angeblich mehr Vieh produzierende Kleinbauer Abel den ackerbautreibenden Großbesitzer Kain erschlagen.

Wenn also der Fortschritt heute in der entgegengesetzten Richtung liegen mag wie in früheren Tagen, so bestreiten wir ganz entschieden, daß der Großbetrieb weniger Vieh produzieren kann wie der Kleinbetrieb. 2×2 ist 4 und nicht 5.

Wir haben oben nachgewiesen, wieviel, im Verhältnis zum Großbetrieb, der Kleinbesitz mehr an Land durch Höfe, Wege, Gräben, Grenzraine verliert. Trotzdem soll sich auf weniger Land mehr Vieh ernähren können.

Gewiß, die Statistik führt uns vor Augen, daß vom bäuerlichen Betrieb pro Hektar soundsoviel Schweine mehr geliefert werden wie vom Großbetrieb von derselben Fläche.

Allerdings, die Bauern verkaufen wenig oder gar kein Getreide; der Transport ihrer paar Zentner ist ihnen eben zu beschwerlich; außerdem können sie, wie wir oben gesehen haben, nicht den Preis erzielen wie der Großgrundbesitzer. Aus diesem Grunde verfüttern sie ihr Getreide in der Hauptsache an Schweine.

Wenn unser Großbesitzer es ebenso machen wollte, das heißt, sein sämtliches Getreide an Schweine verfüttern, dann würde er sicherlich beträchtlich mehr Schweinefleisch produzieren können wie unsere sämtlichen 100 Kleinbesitzer zusammengenommen. Er würde absolut schon bedeutend mehr produzieren, und gar relativ betrachtet würde er ein ganz gewaltig größeres Quantum auf den Markt werfen können. Warum tut er es nicht? Er könnte es tun, nichts hindert ihn daran, heute nicht einmal mehr die Seuchenfurcht. Nun, er tut es nicht, weil er sich dabei keinen genügenden Verdienst ausrechnet. Er überläßt es den Kleinbauern, sich für einen Hundeverdienst zu quälen und zu schuften.

Wie steht es übrigens mit den Schweinen, die die landwirtschaftlichen Gutsarbeiter produzieren und verkaufen?

Die landwirtschaftlichen Arbeiter figurieren bei der Berufszählung sozusagen als Kleinbetriebsbesitzer, sofern sie Land zur eigenen Nutzung erhalten, was heute noch allgemein der Fall ist, wie zum Beispiel die Gewährung von Kartoffelacker und Gartenland. Wenn die ungeheure Menge Schweine, die diese Leute umsetzen, dem Kleinbetrieb zugute gerechnet wird, so kommt ein ganz schiefes Bild zutage. Diese Schweine müssen ganz selbstverständlich dem entsprechenden Gutsbesitz zugute gerechnet werden, denn der Gutsbesitz liefert die Materialien zu ihrer Aufzucht.

Nun soll der Kleinbesitz, wenn auch lange nicht in dem Verhältnis wie bei der Schweinezucht, so doch auch von derselben Fläche mehr Rindvieh produzieren wie der Großbesitz. Um darüber ein richtiges Bild zu gewinnen, müßten unbedingt die Verhältniszahlen in Gewichtsmengen zum Ausdruck kommen. Das ist aber unseres Erachtens unmöglich richtig zu machen. Die Bauern verkaufen in den allerseltensten Fällen ihr Vieh nach Gewicht. Um zu Gewichtszahlen zu kommen, können also nur Durchschnittsgewichte der einzelnen Rinderkategorien angenommen werden oder gar dem von den Bauern verkauften Vieh dasjenige Durchschnittsgewicht unterstellt werden, welches das vom Großbesitzer verhandelte Vieh besitzt. Dabei kann unmöglich ein wahrheitsgetreues Bild gewonnen werden.

Man dürfte kaum wesentlich zu hoch greifen, wenn man annimmt, daß das von den Gutsbesitzern verkaufte Vieh, wenigstens Jungvieh, beinahe doppelt so schwer ist wie das von den Bauern verkaufte.

Die Bauern halten ihr Vieh gewöhnlich ja gar nicht, bis es ausgewachsen oder gar schlachtreif ausgemästet ist. Sie verkaufen es schon sehr jungMan braucht ja nur auf irgendeinen Viehmarkt zu gehen, um das zu erkennen. Die Gutsbesitzer kaufen dies unreife Bauernvieh entweder direkt oder indirekt durch Vermittlung des Händlers und machen es erst schlachtreif. Der Großbesitzer, zumal wenn er technische Nebenbetriebe, wie Brennerei, Stärkefabrik, Molkerei, Zuckerfabrik usw. hat, kann das Vieh ja auch viel billiger aufmästen wie der Kleinbesitzer. Der Bezug von Kraftfuttermitteln im großen befördert hierin ebenfalls seine Ueberlegenheit über den Bauern.

Auch bei der Rindviehzucht müssen wir die Frage aufwerfen, ob in der Statistik nicht etwa die Kuh, die dem Landarbeiter gehört, dem Kleinbesiiz zugerechnet wird; das wäre natürlich ebenfalls unstatthaft.

Würden also einwandfreie Gewichtszahlen für das vom Groß- respektive Kleinbesitz verkaufte Vieh vorliegen, so müßte unseres Erachtens die Statistik schon ein ganz anderes Bild ergeben, das sich bedeutend zugunsten des Grundbesitzes verschieben würde.

Aber noch ein anderes kommt hinzu.

Ein gewisser Prozentsatz des von dem Kleinbesitzer großgezogenen Viehes hat das Futter gefressen, welches der Großbesitz produziert hat.

Die Kleinbauern leisten heutzutage vielfach dem Großbesitzer Handdienste in der Erntezeit, um dafür vom Großbesitzer Spanndienste und Viehfutter in Anspruch zu nehmen.

Vor Jahren, als die Mähmaschinen noch nicht so vollkommen waren, wie sie es heute sind, als das Mähen des Futters noch mit der Hand vorgenommen wurde, da war es sehr verbreitet, daß der zweite Futterschnitt der Grummet, von den Gutsbesitzern an die Bauern auf Anteil vergeben wurde.

Die Bauern mähten den Grummet ab mußten ihn trocken machen und in kleinen Haufen zusammenbringen. Dann kam der Gutsbesitzer, fuhr seinen Löwenanteil nach Hause und ließ je nach der Quantität des Futters den dritten, vierten, fünften oder gar nur den sechsten Haufen für die Bauern stehen. Die Bauern können auf diese Weise Futter gewinnen, und der Gutsbesitzer hatte den Vorteil, ohne Mühe bei dem oft unsicheren Herbstwetter den größeren Teil seines Grummets einzubekommen. Außerdem verpflichteten sich die Kleinbauern noch, pro Hektar der vergebenen Futterfläche soundsoviel Tage andere Arbeit bei dem Gutsbesitzer zu verrichten.

Heute gestatten die Maschinen dem Gutsbesitzer, mühelos seinen Grummet selber zu gewinnen; wenn dennoch viele Gutsbesitzer dieses System beibehalten haben, so nur, um Arbeitstage zu gewinnen. Andere wieder mähen mit Hilfe der Maschinen meinetwegen etwa drei Viertel ihres Grummets selber und vergeben den Rest ganz an Kleinbesitzer gegen Abarbeit.

Ebenso werden Grabenränder oder Wiesenschlanken, die für den Großbesitzer zum Ernten zu unbequem sind, gegen Arbeitstage oder, wo Arbeitskräfte genügend vorhanden, auch gegen Entgelt an Kleinbesitzer vergeben. Vereinzelt kommt es sogar vor, daß Gutsbesitzer einen Teil ihres Getreides den Bauern auf Anteil zu ernten geben.

Gewinnen also die Kleinbesitzer vom Großbesitz Futter, um im Winter ihr Vieh durchhalten zu können, so ernähren sie außerdem gewöhnlich auch noch im Sommer mit Hilfe des Großbesitzes einen Teil ihres Viehstandes. Gegen Arbeitstage wird ihnen vielfach auf den Gütern Weide für Rindvieh oder Schafe gegeben. Die fleißigen, die arbeiten wollen, binden erlaubterweise ihr Vieh an den Grenzen auf der Weide des Großbesitzers an; aber in der Nacht, die ihren Fittich über vieles breitet, weiß oftmals das Inventarium mancher bäuerlichen Besitzer die Grenzraine des Großbesitzers nicht zu erkennen. Beinahe jeder Großbesitzer erhält auf diese Weise eine Anzahl kleinerer Besitzer existenzfähig.

Genosse Schulz wird aus, seiner „Tilsiter Niederungszeit“ her gewiß noch im Gedächtnis haben, daß es dort große Wiesengüter gibt, ich nenne nur „Kruvertshof“, auf denen die Hauptarbeit des Besitzers sich darauf beschränkt, seine Wiesen parzellenweise zur Futterernte kleinen Besitzern zu verpachten.

Diejenigen Kleinbesitzer nun, die vom Gutsbesitzer kein Futter erhalten oder nehmen wollen, wandern vielfach in die Forsten, um in den Waldwiesen gegen Geld Futter zu holen. Der Forstfiskus hat durch Anwendung künstlicher Düngemittel in letzter Zeit die Quantität und Qualität der Waldwiesen erheblich gebessert, und die Bauern holen mitunter meilenweit aus den Forsten Futter nach Hause.

Nun kann man doch das Vieh, welches durch dieses vom Großbesitz respektive von Forstwiesen produzierte Futter auf dem Bauernhof großgezogen wird, unmöglich der vom Kleinbauern besessenen Fläche zurechnen, indem man etwa sagt, der Kleinbauer könne aus seinem Landbesitz heraus mehr Vieh produzieren. Das hängt in diesem Falle absolut nicht mit dem Kleinbesitz zusammen, sondern nur mit dem Kleinbesitzer. Weil letzterer durch vergrößerte Ausbeutung seiner eigenen und seiner Familie Arbeitskraft, indem er von den Grabenrändern der Gutsgetreidefelder mühsam das Futter herausträgt oder meilenweit nach dem Forst pilgert, sich unabhängig von seinem Boden die Materialien zur Produktion von Fleisch beschafft.

Die Zahlen, die uns die Statistik über die Fleischproduktion auf Groß- respektive Kleinbesitz liefert, können wir also nichts weniger wie einwandfrei nennen.
 

6. Die Beschäftigung der Landarbeiter im Winter

Der Kleinbesitzer hält sich eben wirtschaftlich am Leben durch die ungeheure Ausbeutung seiner respektive seiner Familie Arbeitskraft während des Sommers. Dafür kann er allerdings im Winter auf der Ofenbank liegen, weil ihm Arbeit mangelt.

Wenn auf dem Mond der Tag anbricht, dann steigt dort die Temperatur rasch bis zu ein paar hundert Grad Wärme an, um in der Mondnacht in das Extrem zu fallen und beinahe bis auf den absoluten Nullpunkt zu sinken. Wird ein vernünftiger Mensch das als einen zweckentsprechenden Temperaturausgleich bezeichnen?

Wenn der Kleinbesitzer sich im Sommer mit seiner Familie beinahe zuschanden arbeitet, um dafür den langen Winter mit Nichtstun verbringen zu müssen, ist das etwa ein zweckentsprechender Ausgleich? So liegen aber die Dinge.

Greifen wir wieder auf unser Beispiel zurück. Unser Großbesitzer auf seinen 750 Hektar hat 36 Arbeiterfamilien, mit denen er unter Benutzung von Maschinen im Sommer auskommen kann. Doch im Winter hat er schon die größte Mühe, diese 36 Familien zweckmäßig zu beschäftigen.

Arbeit ist die Tätigkeit, die sich mit Herstellung von nützlichen Dingen für die Menschheit beschäftigt. Wir kennen einen Pfarrer, der gab dem reisenden Handwerksburschen erst dann etwas zu essen, wenn er einen Steinhaufen an einen anderen Ort getragen hatte, der nächste Kunde mußte dann diesen Steinhaufen wieder zurück an seinen alten Ort schaffen und so fort. Das ist natürlich Arbeit für den Handwerksburschen, für ihn sogar nutzbringende Arbeit, denn er bekam nachher zu essen, aber der Allgemeinheit wird durch diese Arbeit absolut kein Nutzen gebracht.

Würde der Pfarrer dem Handwerksburschen aufgeben, die Steine vielleicht ein paar hundert Meter weit zu tragen, woselbst sie für einen Chausseebau Verwendung finden sollen, so wäre das schon eine für die Allgemeinheit nutzbringende Arbeit, aber immerhin noch recht unzweckmäßig. Richtig zweckmäßig würde diese Arbeit erst sein, wenn der Pfarrer einen Wagen bespannen ließe, auf den der Handwerksbursche die Steine aufzuladen, an die projektierte Chaussee zu rücken und dort abzuladen hätte.

Unser Großbesitzer mit seinen 36 Familien wird natürlich im Winter seine Leute niemals so beschäftigen wie der Pfarrer, der den bewußten Steinhaufen hinund her tragen ließ, aber er wird sie aus Mangel an genügender Arbeit auch nicht sehr produktiv ausnutzen, sondern vielfach den Mittelweg wählen. Es ist eben in der Landwirtschaft im langen Winter Mangel an Arbeitsgelegenheit. Immerhin hat unser Großbesitzer doch nur für seine 36 Familien nach halbwegs lohnender Arbeit zu suchen.

Wenn nun aber statt dieses Großbesitzers mit seinen 36 Familien auf den 3.000 Morgen 100 Kleinbesitzer säßen, also beinahe dreimal so viel Arbeitskräfte vorhanden wären, oder wenn wir im Sinne des Genossen Schulz gleich verallgemeinern und annehmen wollten, daß nur Kleinbesitzer, die keine fremden Arbeitskräfte anwenden, überhaupt in der Landwirtschaft vorhanden wären, wenn also das flache Land, soweit Großrespektive Mittelbetrieb in Frage käme, seine Einwohnerzahl beinahe verdreifachte? Wenn diese Umwandlung, wie Genosse Schulz prophezeit, in wenigen Jahrfünften vor sich gehen sollte, dann würde zunächst unsere Industrie eine gewaltige Krisis durchzumachen haben; denn der Zuzug vom Lande zur Industrie würde nicht nur ausbleiben müssen, sondern wahrscheinlich müßte die Industrie noch Arbeitskräfte abgeben. In verdreifachter Zahl müßte unsere Industrie Ausländer heranziehen, die unsere heimischen Arbeiter doch nicht überall vollwertig ersetzen könnten.

Aber nun denke man der Frage nach, diese dreimal so starke Bevölkerung im nördlichen und nordöstlichen Deutschland trete in den Winter.

Bis zum Oktober etwa würden diese Kleinbauern mit der Ernte und den Feldarbeiten fertig sein. Der November pflegt Frost zu bringen, und bis in den April hinein ruft der Winter den eigentlich produktiven Arbeiten auf dem Felde sein Halt entgegen. In diesem Jahre, das allerdings als Ausnahme zu betrachten ist, stießen Arbeiter, die auf der Besitzung des Verfassers drainierten, am 12. Mai teilweise noch auf Frost im Boden. Bis zum Anfang des Mai waren Feldarbeiten nicht auszuführen.

Jedenfalls können wir annehmen, daß unsere verdreifachte Bevölkerung hier im Norden ein halbes Jahr auf dem Lande mit ihrer Arbeitskraft sozusagen brach liegt. Im Süden und Westen Deutschlands liegen in dieser Beziehung die Verhältnisse wohl wesentlich anders.

Im Winter hat bei uns der Kleinbauer beim besten Willen nichts zu tun. Das bißchen Getreide ist bald ausgedroschen, und nun raucht er seinen, erschrick nicht, Leser, womöglich selbstgebauten Tabak auf der Ofenbank oder verfällt in den Winterschlaf, und anstatt ein produktiver Vermehrer des Volkswohlstandes zu sein, ist er verurteilt, ein halbes Jahr nur als Zehrer zu fungieren.

Welchen Einfluß wird diese wirtschaftsbetriebliche Veränderung auf dem flachen Lande noch sonst auf die Industrie üben? Die gesamte Produktion von Maschinen, die der landwirtschaftliche Großbetrieb heute in immer steigenderem Maße in Anwendung nimmt, wäre vernichtet, die Rückwirkung auf die Kohlengewinnung und Hüttenindustrie unausbleiblich. Wir haben oben schon ausgeführt, daß die hundert Kleinbesitzer für Gerätschaften und Maschinen (Dreschmaschinen, Häckselmaschinen, Göpelwerk) ein beträchtlich größeres Kapital aufwenden müssen wie der eine Großbesitzer, das steht aber mit dem eben vorher angeführten Satze in keinem Widerspruch; denn was die Kleinbesitzer sich an Maschinen anschaffen, sind einmalige Aufwendungen; diese Maschinen, weil sie gewöhnlich rasten, vererben vom Großvater auf den Enkel. Der Großbesitz jedoch braucht gerade auch solche Maschinen, die schnell verschleißen, wie zum Beispiel Mähmaschinen usw. In drei Jahren pflegt eine Mähmaschine verarbeitet zu sein.

Aber noch etwas anderes. Diese Millionen von Kleinbauern würden schließlich, um ihre Arbeitskraft auch im Winter etwas betätigen zu können, unabweislich dazu übergehen, wie in früheren Zeiten möglichst alles, was sie brauchen, selbst zu verfertigen. Der selbstgewebte Rock, der vom Großvater bis auf den Urenkel vererbt und von Generation zu Generation wärmer und schwerer wurde, dürfte die Textilindustrie gewaltig in Mitleidenschaft ziehen, analog würde es mit ungezählten anderen Industrieartikeln gehen. Der Flachsbau würde wieder aufgenommen werden, um zum Weben von Leinenzeug für den Winter Material zu liefern.

Wie auf einem Gelände, das früher einmal in Kultur gewesen und dann durch Verfall der Entwässerungen von neuem Sumpfland geworden ist, hier und da die Irrlichter wieder ihr spukhaftes Wesen zu treiben beginnen, so würden aus der Leinsaat die flackernden Oellämpchen in den Bauernstuben zu neuem Leben erstehen.

Der leuchtende Zeuge dafür, daß der sieghafte Menschengeist die Natur bezwungen hat, indem er den verheerenden Blitz sich zum Sklaven gemacht, der elektrische Funke, der strahlend auch dem flachen Lande zu leuchten begann, ihm würde ein „Rückwärts“ zugerufen. Die Volksschulen blieben mehr oder weniger in ihrem alten Elend. Theater, Kunst und sonstige Bildungsstätten, den Millionen von Kleinbesitzern werden sie ewig unerreicht bleiben. Geschieden bleibt der Menschheit Heer in Barbaren und Hellenen.

Die sozialistische Kultur der Städte und die Rückständigst auf dem Lande stehen sich gegenüber. Der Preis der Lebensmittel wird die Sphinx jener Zeit werden. Ein tiefer Spalt zerreißt unser Volk in zwei Teile, was kann hineingeworfen werden, um ihn zu schließen?

Die nägelbeschlagenen Schuhe werden nach wie vor die Marmorfliesen der Städte in Stücke zu trampeln suchen.
 

7. Kleinbauer und Sozialismus

Genosse Schulz erachtet in seinem Buche das Kommen des Sozialismus in der Industrie für gegeben und leugnet nur die Möglichkeit des Sozialismus für das Land, woselbst er als Ersatz die landwirtschaftlichen Selbstbewirtschafter haben will. Wie denkt er sich dabei die Möglichkeit der Durchführung des Sozialismus?

Abgesehen davon, daß bei landwirtschaftlichem selbstwirtschaftenden Familienbetrieb auch ohne Beschäftigung fremder Arbeitskräfte die Ausbeutung nicht aufgehoben, sondern in schärfster Weise bei den Familiengliedern fortbestehen kann, – wie wird das Fortbestehen der Familienbetriebe gesichert? Der eine Kleinbesitzer wirtschaftet vielleicht schlecht oder er hat ungünstige Verhältnisse im Boden oder in der Lage getroffen, oder er hat auch nur besonderes Pech in der Wirtschaft. Er braucht Geld. Er findet es bei einem besonders tüchtigen oder sonst irgendwie begünstigten Berufsgenossen. Der will natürlich Sicherheit haben. Die Hypothek und somit die Schuldknechtschaft ist wieder da. Nun wird der Geldbraucher schließlich bankerott, und der Geldgeber muß das Land mit übernehmen.

Und was wird aus der ruinierten Existenz? Darf der Mann jetzt wenigstens als Arbeiter bei seinem vorherigen Geldgeber tätig sein? Oder wird er ausgestoßen aus der Gemeinde der Selbstwirtschafter?

So wird es sein! Ich sehe mit Seheraugen in die Zukunft und sehe den Genossen Schulz bewaffnet mit einem Schwerte, wie er den Unwürdigen, der es wagt, pleite zu gehen in der Gemeinschaft der Heiligen, hinausstößt aus dem Paradies des Privateigentums und ihn, o so sei verflucht, hinabstößt in den Sozialismus der industriellen Genossenschaften.

Vielleicht wird aber Genosse Schulz gar nicht nötig haben, mit dem Schwerte hinauszujagen? Vielleicht wird er umgekehrt sich vor den Ausgang stellen müssen, um zu verhindern, daß die Gemeinde der Heiligen nicht samt und sonders von dem Teufel der Landflucht gepackt wird und mit klingendem Spiele in die Städte, in das Lager des Feindes zum Sozialismus zieht?

Dann stehen Sie, werter Genosse, wie Hannibal auf den Trümmern von Karthago. Und was werden Sie dann beginnen?

Dann krähen auf den bäuerlichen Höfen noch einmal recht kläglich die Hähne, und der Spuk ist vorbei.

Nein, verehrter Genosse, wenn Sie sagen, Sozialismus in der Landwirtschaft ist nicht möglich, dann sagen wir mit mindestens mehr Berechtigung, landwirtschaftlicher Kleinbetrieb ist unmöglich, wenn Sozialismus einmal das herrschende Prinzip in der Industrie geworden ist.

Wie wollen Sie zum Beispiel auch die Erbfolge regeln? Darf nur das Einkindersystem herrschen? Wenn nicht, so wollen diejenigen, die nicht zum Thronerben prädestiniert sind, doch auch was haben, entweder in Bargeld ausgezahlt oder durch verzinsliche Hypotheken.

Und was machen diejenigen, die durchaus nicht zur Industrie übertreten wollen, aus Lust und Liebe zur Landwirtschaft durchaus draußen bleiben wollen, wenn die Erde nun vergeben ist? Sind vielleicht doch einige Großgüter gestattet, woselbst solche Käuze Unterkunft finden können?

Nach unserer Auffassung würden es wirklich sonderbare Käuze sein, die bei dem stupiden, elenden kleinbäuerlichen Familienbetrieb bleiben wollten, während die Sonne des Sozialismus die industrielle Produktion durchleuchtet und Kunst, Bildung, Wissenschaft, Technik, Freude und Genuß zum Reifen bringt.

Aber diese unter den vom Genossen Schulz angestrebten Verhältnissen „sonderbaren Käuze“ würden sicherlich massenhaft vorhanden sein, dann aber nicht mehr „sonderbare Käuze“ vorstellen, wenn der sozialistisch-genossenschaftliche Großbetrieb in der Landwirtschaft Platz gegriffen hat.

Wir haben in unserer Schilderung des landwirtschaftlichen Großbetriebs nur die allernüchternsten, alltäglichsten Formen vor Augen gehabt. Wir hätten, ohne dafür utopistisch genannt werden zu dürfen, indem wir uns immer noch an Tatsachen gehalten hätten, schon ganz andere Bilder aufmarschieren lassen können.

Auf der anderen Seite dagegen haben wir den heutigen Kleinbesitz in viel zu rosigem Lichte erscheinen lassen. In Wirklichkeit liegen die Verhältnisse bei den Kleinbauern vielfach ja geradezu trostlos.

Man möge herumfahren im Sommer und Vergleiche anstellen zwischen den bestandenen Feldern auf den Gütern und den Bauernfeldern. Was wir unter Berücksichtigung der Ackergerätschaften, der Art der Bestellung usw. theoretisch erwartet naben, wird von der Wirklichkeit noch weit in den Schatten gestellt.

Man möge die Kleinbauernhöfe besuchen und die vom Genossen Schulz so gelobte Viehhaltung ansehen und dann auf den Gutshöfen Umschau halten und Vergleiche anstellen.

In dem Bestreben, eine möglichst große Anzahl von Häuptern aufzuziehen, wird den Bauern häufig bald Streu und Futter knapp, die Tiere, namentlich das Jungvieh, werden unterernährt, bekommen Ungeziefer, und schließlich muß der Bauer sie für jeden Preis verkaufen.

Der Bauer bekommt dann häufig für solch ein verkrätztes, ein Jahr und darüber altes Tier kaum das ersetzt, was er demselben in der ersten Zeit an Milch vertränkt hat. Auf den Gütern werden diese Tiere dann erst wieder in Ordnung gebracht. Es ist häufig genug kein erfreulicher Anblick, den so ein Bauernhof bietet. Das Vieh verkommt aus Mangel an Streu und da entsprechende Einrichtungen fehlen, die die Streu entbehrlich machen, liegt es oft förmlich in Dung und Jauche. Wenn dann der Winter einmal tüchtig einsetzt und der Wind aus Nordost mit vollen Backen bläst, wie soll da das Vieh gedeihen?

Der Gutsbesitzer hat oftmals 100 Kühe in einem gemeinsamen Viehstall untergebracht; da wirkt jedes Tier gewissermaßen als Ofen, und die Stalltemperatur bleibt erträglich; außerdem muß der Stall des Großbesitzers schon des großen Schuppens wegen mit recht starken Mauern ausgerüstet sein.

Beim Bauern, der nur eine geringe Anzahl von Tieren im Stalle hat, dessen Stall außerdem selbstredend auch schwächer gebaut ist, da müssen die Tiere oftmals erbärmlich frieren, und ein großer Prozentsatz des Futters, das sich sonst in Milch oder Fleisch umwandeln würde, muß den Tieren als Heizmaterial zur Wärmeerzeugung dienen.

Wenn zum Beispiel Ostpreußen in den letzten Jahrzehnten in landwirtschaftlicher Beziehung, sowohl in Ackerbau wie vor allem in Viehzucht, einen gewaltigen Aufschwung genommen hat, so ist das nicht den Bauern, sondern allein den Gutsbesitzern zuzuschreiben, die auf allen Gebieten wegweisend vorgegangen sind.

Die Bauern sind sehr schwer zu Aenderungen zu bewegen, selbst wenn diese handgreifliche Verbesserungen vorstellen. Man muß es am eigenen Leibe erfahren haben, auf welche Schwierigkeiten es stößt, wenn man die Bauern zum Beispiel für Meliorationsgenossenschaften usw. gewinnen will. Mit allen erdenklichen Mitteln von Zahlenbeweisen, zwingenden Vernunftgründen und Ueberredungskünsten glaubt man die Leute endlich überzeugt zu haben, sie können keine Einwände mehr machen. Schnell wird das schon vorher fertig ausgearbeitete Schriftstück hervorgeholt, dem Intelligentesten wird es zuerst zur Unterschrift vorgelegt. Unterschreiben – nein, das tun wir nicht, und dabei bleibt es dann.

Wenn die Bauern trotzdem in landwirtschaftlicher Beziehung sich langsam modernisieren, so ist das allein dem aufklärenden Beispiel der Gutsbesitzer zu verdanken.

Wie es in dieser Beziehung in Bayern oder Westund Süddeutschland aussieht, darüber kann ich aus eigener Anschauung kein Urteil fällen. Ich will nicht jenem biederen Deutschen gleichen, der eine Reise nach England antrat, gleich am ersten Tage im Hotel auf einen Kellner stieß, der rote Haare hatte, grob war und unseren Reisenden übervorteilte. Der Deutsche reiste flugs nach Hause und erzählte, alle Engländer hätten rote Haare und Sommersprossen, wären saugrob und insgesamt Betrüger.

Doch was ich anläßlich des Nürnberger Parteitags als Teilnehmer eines Ausflugs in einem bayerischen Bauerndorf in landwirtschaftlicher Hinsicht gesehen habe, war nicht gerade sehr imponierend. Ich erblickte dort noch Einrichtungen und Instrumente, die in Ostpreußen allenfalls noch im Museum für Völkerkunde zu sehen sind.

Daß in einem Distrikt mit rein kleinbäuerlicher Bevölkerung jeder Fortschritt viel langsamer vor sich geht wie in Gegenden mit Großbesitz, ist ja doch auch ganz erklärlich. Die Bauern können sich keine weiten Reisen leisten, um andere Eindrücke und Wirtschaftsformen mit nach Hause zu bringen, ihr kleines Grundstück verträgt außerdem Experimente in keiner Weise.

Würden wir auf der einen Seite den rein kleinbäuerlichen Betrieb sich selbst überlassen, auf der anderen Seite dagegen Großbetriebswirtschaften haben, so würden unsere Nachfahren in nationalökonomischer Hinsicht dieselben Entwicklungsstudien machen können, die die Naturwissenschaft gemacht hat, als sie Vergleiche anstellen konnte zwischen der Fauna der großen Kontinente und der Tierwelt Australiens und mancher Inseln. Während auf den großen Kontinenten das Gesetz der Entwicklung voll zur Entfaltung kam, finden wir in Australien in der Weiterentwicklung stehengebliebene Tierformen, die dem Forscher Zeugnis geben, aus welchen primitiven Formen sich die höheren Tiere herausgebildet haben.

Sagte ich oben, ich hätte die Betriebsverhältnisse des Großguts nur aus den alltäglichsten allgemein gebräuchlichsten Formen heraus geschildert, so habe ich nicht zuviel gesagt. In Wirklichkeit sind ja schon auf den Großgütern in wirtschaftstechnischer Hinsicht sehr häufig viel höhere Formen in Uebung.

Besonders gebaute Scheunen, in die das Getreide mit mechanischen Abladevorrichtungen von oben hereingebracht wird, ermöglichen eine große Menschenersparnis. Sogar eine Maschine, die den Stalldung gleich vom Wagen gleichmäßig auf dem Felde ausbreitet, ist hier und da schon in Anwendung. Der Dampfpflug erobert sich, und zwar jetzt in schnellerem Tempo als je, ein immer größeres Feld. Noch vor wenigen Jahren war seine Anwendung nur in beschränktem Maße möglich, weil er selber noch sehr unvollkommen war. Es konnte früher mit dem Dampfpflug nicht flach gepflügt werden. Für den Zuckerrübenbau und speziell in sehr hochkultivierten Gegenden mit sehr tiefer Ackerkrume war seine Anwendung auch damals gegeben; doch zum Getreidebau ist es nicht jedesmal erforderlich, gar zu tief zu pflügen; auf Ländereien, die eine nicht zu tiefe Ackerkrume hatten, war früher das Pflügen mit dem Dampfpflug unmöglich, weil zuviel tote Erde nach oben gebracht wurde.

Das ist jetzt anders geworden. Heute kann man auch mit dem Dampfpflug den Acker flach umbrechen und dafür mehr Pflugscharen einsetzen, wodurch das Dampfpflügen wesentlich billiger geworden ist.

Zur Dampfpfluganwendung ist auch gewöhnlich drainierter Acker notwendig, um durch Gräben nicht unterbrochene, möglichst lange Züge zu haben.

Noch vor wenigen Jahren waren selbst die Großgüter nur selten drainiert. Das ist jetzt alles anders geworden, und der Dampfpflug schickt sich, entsprechend seiner Schwerfälligkeit natürlich in behäbigem Tempo, zu seinem Siegeszug an.

Ob er die Palme erringen wird in dem Wettlauf, der beginnen wird zwischen ihm und dem elektrisch betriebenen Pfluge? Wohl schwerlich! Der elektrische Konkurrent ist ein gar zu schnellfüßiger und gewandter Partner. Die Elektrizität, diese geradezu wie für den landwirtschaftlichen Großbetrieb geschaffene Betriebskraft, dringt langsam, aber um so sicherer vor. Wie ein Prozeß, der kürzlich gegen einen Herrn v. Plitzewitz in Pommern angestrengt war, gezeigt hat, sind auch dort schon große elektrische Zentralen für den landwirtschaftlichen Betrieb errichtet.

Gerade weil im landwirtschaftlichen Betrieb das Arbeitsfeld ein räumlich so weit ausgedehntes ist und die Arbeitsleistung bald hier, bald da an den verschiedensten Stellen einzusetzen hat, eignet sich die leicht überallhin zu leitende Kraft so besonders gut für die Landwirtschaft.
 

8. Der Großbetrieb der Zukunft

Nachdem ich bislang, wie zugegeben werden muß, mich vollständig bloß an die allernackteste Wirklichkeit gehalten habe, möge es mir verstattet sein, endlich auch ein klein wenig dem Zuge meines Herzens zu folgen, zumal ich den Genossen Schulz auch einige Male beim Prophezeien ertappt habe. Man kann sich jedenfalls den landwirtschaftlichen Großbetrieb sehr schön unter den höchsten technischen Formen betrieben vorstellen.

Riesige elektrische Zentralen an geeigneten Stellen angelegt, leiten durch ein Netz von Drähten die Kraft zu den landwirtschaftlichen Großbetrieben. Ein zweites, sekundäres Drahtnetz leitet vom Gutshof die elektrische Kraft wieder nach den benötigten Arbeitsstellen. Natürlich ist auf dem Gutshof wie auf dem dazugehörigen Acker alles dem elektrischen Betrieb angepaßt. Die Felder, sämtlich drainiert, sind in regelrechte Quadrate oder Rechtecke eingeteilt. Feste Gleisanlagen begrenzen die einzelnen Felder.

Auf diesen Gleisen bewegen sich die elektrisch getriebenen Kraftmaschinen, die den Pflug hinund zurückziehen; dem Pfluge folgt die ebenfalls durch elektrische Kraft gezogene Egge, die Drillmaschine und Walze. Zwischen den Getreidereihen gehen später Bodenlockerungsmaschinen hindurch, die Unkraut zerstören und Luft den Pflanzenwurzeln zuführen.

Neuerdings hat man durch praktische Versuche bestätigt gefunden, daß Elektrizität eine erhebliche Beförderung des Pflanzenwuchses bewirkt. Auch diese Erscheinung wird in den Dienst der Landwirtschaft gestellt.

Ist die Ernte da, tritt die Mähmaschine mit Selbstbinder in Tätigkeit, immer durch die Kraft derselben elektrischen Maschinen bewegt. Auch die Stoppelharkmaschine wird durch dieselbe Kraft gezogen. Das durch die Maschinen in Garben gebundene Getreide ist durch Menschenhand in langen Reihen aufgestellt worden, natürlich in einer Weise, die den möglichsten Schutz gegen Witterungsunbill gewährt.

Nun werden entsprechend konstruierte Wagen in Anwendung genommen, die von den Kraftmaschinen die Getreidereihen entlang gezogen werden. Das Getreide wird auf diese Wagen geladen, bis an den Schienenstrang gezogen, und fort geht es durch elektrische Kraft, hinauf in die Scheune, woselbst durch mechanische Abladevorrichtungcu die Wagen entleert werden.

Elektrische Bogenlampen respektive Scheinwerfer auf dem Hofe, respektive an der Arbeitsstelle auf dem Felde, ermöglichen, wenn es nottut, ein Hineinarbeiten bis in die späte Sommernacht.

Ist die Getreide- und Futterernte beendet, so tritt die ebenfalls durch elektrische Kraft gezogene Kartoffelaushebemaschine in Tätigkeit. Die Keller sind natürlich auch so eingerichtet, daß die Loren auf dem Mittelgang der Länge nach durch sie hindurchfahren können, Kartoffeln wie Rüben werden auf Loren vom Felde in die Keller befördert. Die Wintersaat ist mittlerweile auch in den Boden gebracht, und der elektrische Pflug hat jetzt nur noch die zweite Furche zu graben, für die Felder, die im nächsten Jahre die Sommersaat aufnehmen sollen.

Nun beginnt die Winterarbeit. Natürlich ist auf dem Hofe ebenfalls alles dem elektrischen Betrieb angepaßt. Da wird gedroschen, Stroh zu Häcksel geschnitten, Getreide geschrotet, Futterrüben gemahlen und Wasser gepumpt. Da sind auf den Speichern allerhand Reinigungsmaschinen in Bewegung, ebenso wird das dort lagernde Getreide auf entsprechende Weise gelüftet. Selbstredend kann des Abends alles elektrisch beleuchtet werden.

Um den Stalldung auch im Winter auf das Feld zu schaffen, werden wieder die Schienengeleise benutzt.

Durch Betreiben geeigneter technischer Nebenbetriebe wird Sorge getragen, daß auch im Winter die elektrische Kraft möglichst Verwendung findet. Stärke-, Hefe- und Zuckerfabriken sind eingerichtet. Ebenso arbeiten Konservenfabriken auf dem Lande. Große Mahlmühlen, die das Getreide zu Mehl verarbeiten, verbilligen den Transport desselben. Kleie bleibt zu Futterzwecken gleich an Ort und Stelle. Vielleicht wird es auch angezeigt sein, den Bedarf der Landwirtschaft an Stickstoffdünger, welch letzterer jetzt in Gegenden mit billiger Wasserkraft hergestellt wird, auf dem platten Lande selbst zu fabrizieren. Jedenfalls wird man auch im Winter tunlichst für Ausnutzung der elektrischen Kraft Sorge tragen.

Man muß berücksichtigen, daß infolge der technischen Betriebseinrichtungen auch im Sommer ganz bedeutend viel weniger Arbeitskräfte auf dem Lande gebraucht würden. Sollte trotzdem nicht die ganze Arbeitskraft aller Genossen im Winter Verwendung finden können, dann um so besser, dann kann ein Teil der Genossen sich abwechselnd auf Reisen befinden, oder sich in den Städten künstlerischen und wissenschaftlichen Genüssen hingeben.

Dann wird aber die sozialistische Gesellschaft keine Flucht vom Lande zur Stadt zu verzeichnen haben, umgekehrt dürfte wahrscheinlicher eine Stadtflucht werden und alles auf das platte Land hinausdrängen.

Zum mindesten hätte dieser sozialistische Großbetrieb gegenüber dem Schulzschen Kleinbetrieb den Vorzug, daß unverhältnismäßig weniger Arbeitskräfte gebraucht werden, die die notwendigsten Lebensmittel erzeugen müssen, und daß ungezählte Hände frei werden zur Erzeugung anderer notwendiger Güter, und nicht nur Hände frei werden, sondern auch Köpfe, die grübeln und denken können und Pioniere sind, die der Menschheit zu höheren Zielen die Wege ebnen.

Bis dermaleinst sich die Zeit wieder erfüllet hat und die Wissenschaft, speziell die Chemie, ein gewichtiges Wort gesprochen haben wird und die Erde umgewandelt werden kann in einen blühenden Villenpark, in dem die Nachtigallen schlagen und die Rosen duften. Dann wird auch Genosse Schulz sein Erzengelschwert in die Scheide stecken und unter duftendem Jasmin die letzten, natürlich in Esperanto abgefaßten, Lichtdepeschen von benachbarten Planeten studieren.


Zuletzt aktualisiert am 17. April 2021