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Die partiellen Vereinigungen bedeuten eine weitere Stufe der Konzentration; sie unterscheiden sich von der früheren Form der Konzentration durch Vernichtung des schwächeren Unternehmens dadurch, daß hier nicht gleichzeitig mit der Betriebsvereinigung und Unternehmungsvereinigung auch eine Eigentumsvereinigung stattfinden muß; sie bedeuten aber keine prinzipielle Änderung in den Konkurrenzverhältnissen. Insofern sie niedrigere Kosten haben als die anderen Unternehmungen oder sie selbst vor ihrer Vereinigung, sind sie im Konkurrenzkampf stärker; sind die Vereinigungen genug zahlreich und ausgedehnt, so daß sie den größten Teil der Produktion herstellen, so werden ihre Produktionskosten ausschlaggebend für die Preise werden. Diese Vereinigungen haben so die Tendenz, preissenkend zu wirken. Dies hindert nicht, sondern dies ist sogar vorausgesetzt, daß die Vorteile der Vereinigung den vereinigten Unternehmungen Extraprofit abwerfen können.
Anders die monopolistischen Vereinigungen, die Kartelle und Trusts. Ihr Zweck ist die Erhöhung der Profitrate, und sie können das erreichen zunächst durch Erhöhung der Preise, wenn sie imstande sind, die Konkurrenz auszuschalten. Hier entsteht nun die Frage nach dem Kartellpreis. Man wirft gewöhnlich diese Frage zusammen mit der nach dem Monopolpreis schlechthin und streitet darüber, ob die monopolistische Vereinigung wirklich ein Monopol sei oder wodurch dieses beschränkt, ob daher die Preise dieser Vereinigungen wirklich gleich oder niedriger sein müssen als Monopol preise. Diese selbst aber seien bestimmt durch das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis der Produktionskosten und der Stufenleiter der Produktion einerseits, des Preises und der Größe des Absatzes anderseits. Der Monopolpreis sei gleich jenem Preis, der einen so großen Absatz zulasse, daß die Stufenleiter der Produktion die Produktionskosten nicht so sehr verteuere, daß dadurch der Profit auf die Einheit zu sehr abnähme. Ein höherer Preis senke den Absatz und damit die Stufenleiter der Produktion, erhöhe daher die Kosten und senke den Profit per Einheit; ein niederer senke den Profit so stark, daß auch die Masse des Absatzes kein Äquivalent für den erniedrigten Preis mehr biete.
Das Unbestimmte und Unmeßbare unter der Herrschaft von Monopolpreisen ist die Nachfrage. Wie diese auf die Erhöhung des Preises reagiere, kann nicht angegeben werden. Der Monopolpreis läßt sich zwar empirisch festsetzen, seine Höhe aber nicht objektiv theoretisch erkennen, sondern nur psychologisch, subjektiv begreifen. Die klassische Ökonomie, wozu wir auch Marx rechnen, hat daher den Monopolpreis, den Preis der Güter, die nicht beliebig vermehrbar sind, aus ihren Deduktionen ausgeschaltet. Umgekehrt ist es die Lieblingsbeschäftigung der psychologischen Schule, Monopolpreise zu „erklären“, wobei sie am liebsten, von einem beschränkten Gütervorrat ausgehend, alle Preise als Monopolpreise erklären möchte.
Die klassische Ökonomie faßt den Preis als Erscheinungsform der anarchischen gesellschaftlichen Produktion, seine Höhe als abhängig von der gesellschaftlichen Produktionskraft der Arbeit. Das objektive Preisgesetz setzt sich aber nur durch die Konkurrenz durch. Wenn die monopolistischen Vereinigungen die Konkurrenz aufheben, so heben sie damit das einzige Mittel auf, wodurch sich ein objektives Preisgesetz verwirklichen kann. Der Preis hört auf, eine objektiv bestimmte Größe zu sein, er wird ein Rechenexempel derjenigen, die ihn mit Willen und Bewußtsein bestimmen, wird an Stelle eines Resultats Voraussetzung, an Stelle eines Objektiven ein Subjektives, an Stelle eines vom Willen und dem Bewußtsein der Beteiligten Unabhängigen und Notwendigen ein Willkürliches und Zufälliges. Die Verwirklichung der Marxschen Konzentrationslehre, die monopolistische Vereinigung, scheint damit zur Aufhebung der Marxschen Werttheorie zu werden.
Sehen wir näher zu! Die Kartellierung ist ein historischer Prozeß, und sie ergreift die kapitalistischen Produktionszweige in einer zeitlichen Reihenfolge je nach den Bedingungen, die für die Kartellierung gegeben sind. Wir haben gesehen, wie die Entwicklung des Kapitalismus dahin geht, diese Bedingungen immer mehr für alle Produktionszweige zu verwirklichen. Unter sonst gleichen Umständen – also bei gleichem Entwicklungsgrade des Einflusses der Banken auf die Industrie, in gleicher Phase des industriellen Zyklus, bei gleicher organischer Zusammensetzung des Kapitals – wird ein Industriezweig desto geeigneter für die Kartellierung sein, je größer der Kapitalumfang der Einzeluntemehmung und je geringer die Zahl der Unternehmungen in diesem Produktionszweig ist.
Gesetzt, diese Bedingungen seien zuerst in der Gewinnung der Eisenerze erreicht. Der Eisenerzbergbau sei kartelliert und erhöhe die Preise. Die nächste Folge ist die Erhöhung der Profitrate für die Bergbauunternehmer. Aber die erhöhten Verkaufspreise des Eisenerzes bedeuten für die Roheisenproduzenten Erhöhung ihrer Kostpreise. Die Verkaufspreise des Roheisens werden aber dadurch zunächst nicht berührt. Auf dem Roheisenmarkt hat sich durch die Kartellierung der Erzgruben nichts geändert. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und damit die Preise bleiben die gleichen. Die Erhöhung der Profitrate des Kartells hat also zur Folge die Senkung der Profitrate der Roheisenproduzenten. Was bedeutet das aber?
Theoretisch können folgende Folgen eintreten: Das Kapital fließt aus der Sphäre niedrigerer Profitrate zu der höherer Profitrate. Bisher in der Roheisenproduktion verwendetes Kapital wird jetzt zum Betrieb von Erzbergwerken gebraucht. Für den Erzbergbau würde so Konkurrenz entstehen, die um so fühlbarer wäre, da die Eisenproduktion eingeschränkt worden wäre. Die Erzpreise würden sinken, die Roheisenpreise steigen und nach einigen Schwankungen der frühere Zustand wiederhergestellt sein, nachdem wahrscheinlich inzwischen das Kartell gesprengt worden wäre. Wir wissen aber bereits, daß die Aus- und Einwanderung von Kapital gerade in solchen Produktionszweigen kaum übersteigbare Schranken finden würde. Dieser Weg zur Ausgleichung der Profitrate ist also nicht gangbar.
Die Kartellpreise sind nur für diejenigen Roheisenproduzenten von Bedeutung, die das Erz auf dem Markte kaufen müssen. Um den Wirkungen des Kartells zu entgehen, genügt es, daß die Roheisenwerke selbst sich Erzgruben angliedern. Damit sind sie vom Kartell unabhängig geworden, und ihre Profitrate wird die normale Höhe einnehmen. Diejenigen Unternehmungen, die so zuerst zu kombinierten Unternehmungen werden, werden zudem Extraprofit machen gegenüber den anderen, die die teuren Rohmaterialien und den Handelsprofit der Erzhändler zahlen müssen. Aber dasselbe gilt auch von den Erzgruben, die zur Roheisenproduktion übergehen, auch sie werden als kombinierte den reinen Werken in der Konkurrenz überlegen sein. So erweist sich zunächst das Kartell als stärkster Antrieb zur Kombination und damit zu einer weiteren Konzentration. Diese wird sich besonders stark geltend machen in den Industriezweigen, die die Abnehmer und Weiterverarbeiter der Kartellprodukte sind.
Wir haben im früheren gesehen, wie die Tendenz zur Kombination durch gewisse Konjunkturerscheinungen hervorgerufen oder verstärkt wird. Durch die Kartellierung wird diese Tendenz gesteigert und zugleich modifiziert. Eine monopolistische Vereinigung mag während einer Krise ihre Preise hochhalten, während das ihren nichtkartellierten Abnehmern unmöglich sei. Dann tritt für diese zu den Wirkungen der Krise noch die Unmöglichkeit, ihre Produktionskosten zu vermindern durch billigeren Einkauf des Rohmaterials. In solchen Zeiten wird einerseits bei den Nichtkartellierten der Drang, sich aus eigenen Gruben billiges Rohmaterial zu schaffen, besonders stark sein. Gelingt dies aber nicht, so werden eine ganze Reihe von sonst lebensfähigen, technisch gut ausgestalteten Betrieben nicht weiterexistieren können. Sie müssen Bankrott machen oder sich zu billigem Preis von einer Erzgrube ankaufen lassen, für die die Erwerbung des Werkes zu dem niedrigen Preis die Sicherheit künftiger Rentabilität bedeutet.
Noch ein anderer Weg steht den Roheisenindustriellen offen. Der vereinigten Macht der Erzgrubenbesitzer standen die Roheisenproduzenten vereinzelt gegenüber. Sie waren daher machtlos gegenüber der Verteuerung des Rohmaterials. Aber ebenso machtlos waren sie, als es galt, die Preiserhöhung ihres Rohmaterials in dem Preis des Eisens zum Ausdruck zu bringen. Das ändert sich, sobald sie sich selbst zum Kartell vereinigen. Dann sind sie imstande, dem Erzgrubenkartell geschlossen gegenüberzutreten und ihre Macht als Abnehmer geltend zu machen. Anderseits aber können sie beim Verkauf ihrer Produkte jetzt selbst preisbestimmend auftreten und die Profitrate über die Norm erhöhen. In der Tat werden beide Wege eingeschlagen, sowohl die Kombination als die Kartellierung, und das Resultat des Prozesses wird die kombinierte monopolistische Vereinigung von Erz- und Eisenproduzenten sein.
Es ist klar, daß dieser Prozeß sich dann weiter fortpflanzen muß auf die weiteren Abnehmer des Roheisens und eine kapitalistische Produktionssphäre nach der anderen ergreifen wird. So entfalten die Kartelle ihre propagandistische Kraft. Die Kartellierung bedeutet zunächst eine Änderung der Profitrate. Diese Änderung ist erfolgt auf Kosten der Profitrate der anderen kapitalistischen Industrien. Die Ausgleichung dieser Profitraten auf ein gleiches Niveau kann nicht erfolgen durch die Wanderung des Kapitals. Denn die Kartellierung bedeutet ja, daß die Konkurrenz des Kapitals um seine Anlagesphären gehemmt ist. Die Behinderung der Freizügigkeit des Kapitals durch ökonomische Ursachen und durch Eigentumsverhältnisse (Monopol an Rohstoffen) ist ja die Voraussetzung der Aufhebung der Konkurrenz auf dem Markte zwischen den Verkäufern. Die Ausgleichung kann nur erfolgen durch Anteilnahme an der erhöhten Profitrate durch Selbstkartellierung oder durch Ausschaltung derselben durch Kombination. Beides bedeutet erhöhte Konzentration und daher Erleichterung der Weiterkartellierung.
Ist aber die Weiterkartellierung aus irgendwelchen Gründen ausgeschlossen: wie wirkt dann der Kartellpreis, und können wir dann über seine Höhe etwas aussagen?
Wir haben gesehen, wie die durch Erhöhung des Kartellpreises bewirkte Erhöhung der Profitrate durch nichts anderes bewirkt werden kann als durch die Erniedrigung der Profitrate in anderen Industriezweigen. Der Kartellprofit ist zunächst nichts anderes als Anteilnahme, Aneignung des Profits anderer Industriezweige. Nun besteht, wie wir bereits wissen, in Industriezweigen mit geringem Kapital und starker Zersplitterung der Betriebe die Tendenz einer Senkung der Profitrate unter ihren gesellschaftlichen Durchschnitt. Die Kartellierung bedeutet eine Verstärkung dieser Tendenz, eine weitere Herabdrückung der Profitrate in diesen Zweigen. Wie weit diese Herabdrückung gehen kann, hängt ab von der Natur dieser Produktionssphäre. Eine zu starke Herabdrückung wird beantwortet werden mit Auswanderung von Kapital aus diesen Sphären. Diese Auswanderung ist wegen der technischen Natur des Kapitals in diesen Sphären nicht allzu schwer.
Aber um so schwieriger wird die Frage, wohin dieses Kapital sich wenden soll, da auch die anderen Sphären kleiner Kapitalanlage in gleicher Weise von den kartellierten Industrien ausgebeutet werden. [1] Und so wird schließlich in diesen Industrien der Profit der scheinbar noch selbständigen Kapitalisten zu reinem Aufsichtslohn, diese Kapitalisten selbst zu Angestellten des Kartells, zu Zwischenkapitalisten oder Zwischenunternehmern, analog den Zwischenmeistern des Handwerks.
Der Kartellpreis ist so in der Tat abhängig von der Nachfrage. Aber diese selbst ist kapitalistische Nachfrage. Der Kartellpreis muß also theoretisch schließlich gleich dem Produktionspreis sein plus der Durchschnittsprofitrate. Aber diese selbst hat sich geändert. Sie ist verschieden für die große kartellierte Industrie und für die kleinen von ihr in Abhängigkeit geratenen Sphären der Kleinindustrie, deren Kapitalisten sie eines Teiles des Mehrwerts beraubt, um sie auf ein bloßes Gehalt zu beschränken.
Aber diese Preisbestimmung selbst ist – wie das isolierte oder partielle Kartell selbst – nur provisorisch.
Die Kartellierung bedeutet eine Änderung in der Durchschnittsprofitrate. Die Profitrate steigt in den kartellierten Industrien und sinkt in den nichtkarteliierten. Diese Verschiedenheit führt zur Kombination und Weiterkartellierung. Für die außerhalb der Kartellierung befindlichen Industrien sinkt die Profitrate. Der Kartellpreis wird um den Betrag über den Produktionspreis der kartellierten Industrien steigen, um den er in den nichtkartellierten unter ihren Produktionspreis gefallen ist. Sofern in den nichtkartellierten Industrien Aktiengesellschaften vorhanden sind, kann der Preis nicht sinken unter k + z, Kostpreis plus Zins, da sonst keine Anlage von Kapital möglich wäre. Die Erhöhung des Kartellpreises findet also ihre Grenze an der Möglichkeit der Senkung der Profitrate in nicht kartellfähigen Industrien. Innerhalb dieser findet eine Ausgleichung der Profitrate zu einem niedrigeren Niveau statt durch die hier bestehende Konkurrenz des Kapitals um die verschiedenen Anlagesphären.
Die Erhöhung des Kartellpreises läßt den Preis der nichtkarteliierten Produkte nicht unverändert. Diese Änderung rührt her von der Ausgleichung der Profitrate innerhalb der nichtkartellierten Industrien. Würde die nichtkartellierte Industrie eine Einheit bilden, so bliebe der Preis der nichtkartellierten Produkte unverändert. Derselbe Preis würde nur eine geringere Profitrate als früher bedeuten, da der Preis der Rohmaterialien, also der Kostpreis, gestiegen ist. War der Preis früher 100, die Profitrate 20 Prozent, so sinkt sie jetzt auf 10 Prozent, weil durch die Kartellierung der Kostpreis, der früher 80 war, jetzt auf 90 gestiegen ist. Da aber in den einzelnen nichtkartellierten Industrien je nach ihrer organischen Zusammensetzung in verschiedener Weise durch die Kartellierung der Kostpreis steigt, so muß eine Ausgleichung stattfinden. Diejenigen Industrien, die größere Mengen von durch das Kartell verteuertem Rohmaterial verbrauchen, müssen die Preise ihrer Produkte erhöhen, diejenigen, die weniger verbrauchen, werden eine Verminderung ihrer Preise erfahren. Mit anderen Worten: Industrien mit überdurchschnittlicher [2] organischer Zusammensetzung ihres Kapitals werden eine Erhöhung, Industrien mit unterdurchschnittlicher Zusammensetzung des Kapitals eine Senkung des Produktionspreises erfahren, während dieser in Industrien mit durchschnittlicher Zusammensetzung unverändert bleibt. Gewöhnlich hat man nur die Preiserhöhung im Auge und bildet sich dann sofort ein, jede Erhöhung der Produktionskosten sei ohne weiteres auf die Konsumenten abwälzbar. Aber die Erhöhung der Produktionskosten führt unter bestimmten Umständen sogar eine Senkung des Preises herbei.
Aber die Preisgestaltung weist noch einige andere Eigentümlichkeiten auf. Gesetzt, das Kapital der kartellierten Industrien betrage 50 Milliarden. Bei einer Profitrate von 20 Prozent beträgt der Produktionspreis 60 Milliarden. Davon würden die nichtkartellierten Industrien 50 Milliarden kaufen. Ihr Produktionspreis betrüge dann bei gleicher Profitrate ebenfalls 60 Milliarden. Der Wert des Gesamtprodukts also 120 Milliarden. Aber die kartellierten Industrien haben ihre Profitrate erhöht und die der nichtkartellierten Industrien dadurch gesenkt. Die Profitrate der nichtkartellierten betrage so nur 10 Prozent. Ihr Profit ist reduziert, weil sie für Rohmaterial nicht 50, sondern rund 55 Milliarden zahlen müssen. (Ich vernachlässige hier das variable Kapital, das in diesem Beispiel nichts zur Sache tut.) Wenn aber das Kartell für 50 Milliarden 55 bekommt, so muß es für 60 Milliarden 66 erhalten. Die Preise müssen ja nicht nur für die kapitalistischen Konsumenten, sondern für alle Konsumenten gleich sein. Nach unserer Voraussetzung müssen also die letzten 10 Milliarden, die direkt an die Konsumenten gehen, nicht um 10, sondern um 11 Milliarden verkauft werden. Die Konsumenten kaufen also die Masse der nichtkarteliierten Produkte zu den alten Preisen, die kartellierten Produkte zu erhöhten Preisen. Ein Teil des Kartellprofits stammt also von den Konsumenten, womit hier alle nichtkapitalistischen Kreise, die abgeleitetes Einkommen beziehen, gemeint sind. Die Konsumenten werden aber vielleicht ihre Konsumtion bei den erhöhten Preisen einschränken. Und hier kommen wir zur zweiten Schranke des Kartellpreises. Die Preiserhöhung muß erstens den nichtkartellierten Industrien eine Profitrate lassen, die die Fortführung der Produktion ermöglicht. Sie darf aber zweitens auch die Konsumtion nicht zu stark verringern. Die zweite Schranke selbst hängt wieder ab von der Größe des Einkommens, über die die nicht direkt produktiven Klassen verfügen. Da aber für die kartellierten Industrien in ihrer Gesamtheit die produktive Konsumtion eine weit größere Rolle spielt als die unproduktive, so ist die erste Schranke im allgemeinen die eigentlich bestimmende.
Die Verringerung des Profits in den nichtmonopolisierten Industrien bedeutet aber eine Verlangsamung ihrer Entwicklung. Die Senkung der Profitrate bedeutet, daß neues Kapital diesen Sphären nur langsam Zuströmen wird. Zugleich aber wird, da die Profitrate gesunken ist,ein um so erbitterterer Kampf um den Absatz stattfinden, der hier um so gefährlicher wirkt, da schon eine relativ kleine Preissenkung den niedrigen Profit aufhebt. Gleichzeitig tritt noch eine andere Wirkung ein: Wo es der Übermacht der kartellierten Industrien gelingt, den Profit auf einen bloßen Aufsichtslohn zu reduzieren, da ist kein Raum mehr für die Bildung von Aktiengesellschaften, da sowohl Gründergewinn als Dividenden erst aus dem Ertrag über den Aufsichtslohn hinaus gezahlt werden können. So wirkt die Kartellierung hindernd auf die Entwicklung der nichtkartellierten Industrien. Gleichzeitig verschärft sie in ihnen die Konkurrenz und damit die Konzentrationstendenz, bis diese Industrien schließlich selbst kartellfähig werden oder fähig, von einer bereits kartellierten Industrie angegliedert zu werden.
Die freie Konkurrenz erzwingt die ständige Erweiterung der Produktion infolge Einführung verbesserter Technik. Für die Kartelle bedeutet die Einführung besserer Technik gleichfalls Erhöhung des Profits. Sie müssen sie zudem einführen, weil sonst die Gefahr besteht, daß der neuen Technik sich ein Outsider bemächtigte und sie im neu entstehenden Konkurrenzkampf gegen das Kartell anwenden würde. Ob dies möglich, hängt von dem Charakter des Monopols ab, das das Kartell sich geschaffen hat. Ein Kartell, das auch die Naturbedingungen seiner Produktion monopolisiert hat – wie zum Beispiel die Bergwerkssyndikate – oder dessen Produktion höchste organische Zusammensetzung aufweist, so daß ein neues Unternehmen außerordentlicher Kapitalskraft bedürfte, die nur die Banken zur Verfügung stellen könnten, die aber gegen das Kartell nichts unternehmen wollen – ein solches Kartell ist gegen neue Konkurrenz in hohem Maße geschützt. Da bedeutet die Verbesserung der Technik einen Extraprofit, der nicht durch die Konkurrenz schließlich zum Verschwinden gebracht würde, so daß die Preise der Ware sinken müßten. Die Einführung der verbesserten Technik kommt dann den Konsumenten nicht zugute, sondern nur diesen straff organisierten Kartellen und Trusts. Die verbesserte Technik könnte aber größeres Ausmaß der Produktion bedingen und deren Absatz wieder eine Senkung des Preises erfordern, ohne die Ausdehnung der Konsumtion nicht erfolgen würde. Dies kann der Fall sein, muß es jedoch nicht; es wäre auch möglich, daß zum Beispiel der Stahltrust diese verbesserte Technik in einigen Betrieben anwendete, deren Produktion dann ausreichte, um den ganzen Bedarf zu den bisherigen Preisen zu decken, während er dafür andere Betriebe stillegte. Die Preise blieben dieselben, die Produktionskosten wären gefallen und der Profit gestiegen. Eine Produktionsausdehnung hätte nicht stattgefunden, die verbesserte Technik hätte Arbeiter freigesetzt, die keine Aussicht auf Beschäftigung fänden. Ein ähnliches Resultat könnte auch bei der Kartellorganisation eintreten. Die größten Werke führen die Verbesserung ein und dehnen damit ihre Produktion aus; damit sie das innerhalb des Kartells tun können, kaufen sie kleineren Werken ihre Beteiligung ab und legen sie still. Die verbesserte Technik ist angewendet worden und hat auch Konzentration bewirkt, dagegen keine Ausdehnung der Produktion.
Die Kartellierung bedeutet außergewöhnliche Extraprofite [3], und wir haben gesehen, wie diese Extraprofite kapitalisiert und als konzentrierte Kapitalmassen den Banken zufließen. Gleichzeitig aber bedeuten die Kartelle eine Verlangsamung der Kapitalsanlage. In den kartellierten Industrien, weil die erste Maßregel des Kartells die Einschränkung der Produktion ist, in den nichtkartellierten, weil die Senkung der Profitrate zunächst von weiteren Kapitalsanlagen zurückschreckt. So wächst einerseits rapid die Masse des zur Akkumulation bestimmten Kapitals, während sich anderseits seine Anlagemöglichkeit kontrahiert. Dieser Widerspruch verlangt seine Lösung und findet sie im Kapitalexport. Der Kapitalexport selbst ist nicht eine Folge der Kartellierung. Er ist eine Erscheinung, die von der kapitalistischen Entwicklung unzertrennlich ist. Aber die Kartellierung steigert plötzlich den Widerspruch und schafft den akuten Charakter des Kapitalexports.
Es entsteht aber die Frage, wo die Grenze der Kartellierung eigentlich gegeben ist. Und diese Frage muß dahin beantwortet werden, daß es eine absolute Grenze für die Kartellierung nicht gibt. Vielmehr ist eine Tendenz zu stetiger Ausbreitung der Kartellierung vorhanden. Die unabhängigen Industrien geraten, wie wir gesehen haben, immer mehr in Abhängigkeit von kartellierten, um schließlich von ihnen annektiert zu werden. Als Resultat des Prozesses ergäbe sich dann ein Generalkartell. Die ganze kapitalistische Produktion wird bewußt geregelt von einer Instanz, die das Ausmaß der Produktion in allen ihren Sphären bestimmt. Dann wird die Preisfestsetzung rein nominell und bedeutet nur mehr die Verteilung des Gesamtprodukts auf die Kartellmagnaten einerseits, auf die Masse aller anderen Gesellschaftsmitglieder anderseits. Der Preis ist dann nicht Resultat einer sachlichen Beziehung, die die Menschen eingegangen sind, sondern eine bloß rechnungsmäßige Art der Zuteilung von Sachen durch Personen an Personen. Das Geld spielt dann keine Rolle. Es kann völlig verschwinden, da es sich ja um Zuteilung von Sachen handelt und nicht um Zuteilung von Werten. Mit der Anarchie der Produktion schwindet der sachliche Schein, schwindet die Wertgegenständlichkeit der Ware, schwindet also das Geld. Das Kartell verteilt das Produkt. Die sachlichen Produktionselemente sind wiederproduziert worden und werden zu neuer Produktion verwendet. Von dem Neuprodukt wird ein Teil auf die Arbeiterklasse und die Intellektuellen verteilt, der andere fällt dem Kartell zu beliebiger Verwendung zu. Es ist die bewußt geregelte Gesellschaft in antagonistischer Form. Aber dieser Antagonismus ist Antagonismus der Verteilung. Die Verteilung selbst ist bewußt geregelt und damit die Notwendigkeit des Geldes vorüber. Das Finanzkapital in seiner Vollendung ist losgelöst von dem Nährboden, auf dem es entstanden. Die Zirkulation des Geldes ist unnötig geworden, der rastlose Umlauf des Geldes hat sein Ziel erreicht, die geregelte Gesellschaft, und das Perpetuum mobile der Zirkulation Findet seine Ruh’.
Die Tendenz zur Herstellung eines Generalkartells und die Tendenz zur Bildung einer Zentralbank treffen zusammen, und aus ihrer Vereinigung erwächst die gewaltige Konzentrationsmacht des Finanzkapitals. Im Finanzkapital erscheinen alle partiellen Kapitalformen zur Totalität vereinigt. Das Finanzkapital erscheint als Geldkapital und besitzt in der Tat dessen Bewegungsform G–G, geldtragendes Geld, die allgemeinste und begriffloseste Form der Kapitalbewegung. Als Geldkapital wird es in den beiden Formen des Leihkapitals und des fiktiven Kapitals den Produktiven zur Verfügung gestellt. Die Vermittlung besorgen die Banken, die zugleich einen immer größeren Teil in eigenes Kapital zu verwandeln suchen und dem Finanzkapital damit die Form von Bankkapital geben. Dieses Bankkapital wird immer mehr die bloße Form – Geldform – des wirklich fungierenden Kapitals, das heißt des industriellen Kapitals. Zugleich wird die Selbständigkeit des kommerziellen Kapitals immer mehr beseitigt, während die Trennung des Bankkapitals und des produktiven Kapitals im Finanzkapital aufgehoben wird. Innerhalb des industriellen Kapitals selbst werden die Schranken der einzelnen Sphären durch fortschreitende Vereinigung früher getrennter und selbständiger Produktionszweige aufgehoben, die gesellschaftliche Arbeitsteilung – das heißt die Teilung in die verschiedenen Sphären der Produktion, die nur durch die Tauschaktion als Teile des ganzen gesellschaftlichen Organismus verbunden sind – stetig verringert, während anderseits die technische Arbeitsteilung innerhalb der vereinigten Betriebe immer weitergetrieben wird.
So erlischt im Finanzkapital der besondere Charakter des Kapitals. Das Kapital erscheint als einheitliche Macht, die den Lebensprozeß der Gesellschaft souverän beherrscht, als Macht, die unmittelbar entspringt aus dem Eigentum an den Produktionsmitteln, den Naturschätzen und der gesamten akkumulierten vergangenen Arbeit, und die Verfügung über die lebendige Arbeit als unmittelbar entspringend aus den Eigentumsverhältnissen. Zugleich erscheint das Eigentum, konzentriert und zentralisiert in der Hand einiger größter Kapitalsassoziationen, unmittelbar entgegengesetzt der großen Masse der Kapitallosen. Die Frage nach den Eigentumsverhältnissen erhält so ihren klarsten, unzweideutigsten, zugespitztesten Ausdruck, während die Frage nach der Organisation der gesellschaftlichen Ökonomie durch die Entwicklung des Finanzkapitals selbst immer besser gelöst wird.
1. Zugleich ändert sich der Charakter des Kartellprofils. Er besteht aus unbezahlter Arbeit, aus Mehrwert, aber zum Teil ans Mehrwert, den die Arbeiter fremder Kapitalisten produziert haben.
2. Hier ist nicht die durchschnittliche organische Zusammensetzung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals gemeint, sondern nur die der nichtkartellierten Industrien.
3. Eine interessante Form nimmt der Kartellextraprofit in folgendem Fall an. Die Lieferung von Schuhmaschinen für die deutsche Industrie lag bis in die neunziger Jahre fast ausschließlich in den Händen Amerikas. Die nach Deutschland liefernden amerikanischen Schuhmaschinenfabriken haben sich zu der „Deutschen Vereinigten Schuhmaschinengesellschaft (D. V. S. G.)“ zusammengeschlossen. Die Maschinen werden nicht käuflich abgegeben, sondern gegen eine bestimmte Pacht vermietet. Wünscht ein Schuhfabrikant eine Maschine zu beziehen, so wird ein Vertrag auf 5 bis 20 Jahre abgeschlossen.
„In diesem verpflichtet sich die liefernde Firma zur Aufstellung der Maschine, zur kostenlosen Ausführung von Reparaturen und Anbringung aller Neuerungen sowie zur Lieferung von Ersatzteilen zu mäßigen Preisen. Dagegen zahlt der Schuhfabrikant eine einmalige Grundtaxe, die etwa dem Herstellungspreis der Maschine entspricht, und außerdem fortlaufend eine bestimmte Abgabe per 1.000 Umdrehungen der Maschine ... Die Abgaben ... bedeuten einen Betrag von 15 bis 25 Pf. per Paar Stiefel, die der Fabrikant an die D. V. S. G. entrichtet, einen Tribut, von dessen Größe wir uns erst einen Begriff machen, wenn wir erfahren, daß zum Beispiel für 1907 drei Erfurter Schuhfabriken mit zusammen 885 Arbeitern, die vorwiegend jene Maschinen benützen, 61.500 Mk. für die einjährige Benützung gezahlt haben.“ Karl Rehe, Die deutsche Schuhgroßindustrie, S. 52.
Das Interessante besteht hier darin: Die Benützung der Maschinen gewährt den deutschen Fabrikanten Extraprofit, weil sie ihren Konkurrenten dadurch überlegen werden. Der amerikanische Trust zwingt sie, einen Teil dieses Extraprofits (nicht den ganzen, sonst entfiele das Motiv zur Anwendung dieser Maschinerie) an ihn abzutreten. Die Stipulierung einer jährlichen Rente erleichtert einmal den Ankauf der Maschinerie und steigert die Abhängigkeit des Fabrikanten vom Trust, da er an diese Maschine gebunden ist. Alle Verbesserungen dieser Maschinerie werden sofort angewandt und steigern den Extraprofit, damit den Umsatz des Fabrikanten, damit aber auch die Abgabe an den Trust, der so einen Teil des fremden Extraprofits in eigenen verwandelt. Den Nutzen aus der verbesserten Technik heimsen so zum grüßten Teil der Trust, zu einem geringeren die Anwender der Maschinen und nur zum kleinsten Teil die Konsumenten ein.
Zuletzt aktualisiert am 25. September 2016