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Die Einteilung der Art und Weise, wie sich Vereinigungen kapitalistischer Unternehmungen bilden, ist nach drei Gesichtspunkten getroffen worden.
Die Unterscheidung zwischen homogenen und kombinierten Vereinigungen betrifft die technische Eigenart der Vereinigung. Wir haben gesehen, wie die Entstehung dieser Vereinigungen verschiedene Ursachen hat, verschiedenen technischen und ökonomischen Ursachen entspringt.
Die Unterscheidung zwischen partiellen und monopolistischen Vereinigungen beruht in ihrer verschiedenen Stellung auf dem Markte, darauf, ob sie die Preise beherrschen oder umgekehrt von den Preisen beherrscht werden. Die Preisbeherrschung ist dabei nicht abhängig davon, daß alle Unternehmungen derselben Art vereinigt sind. Es genügt die Beherrschung jenes Teiles der Produktion, der in allen Phasen der Konjunktur für die Marktzufuhr unentbehrlich ist, wobei die Kosten dieser Produktion geringer sein müssen als die Kosten der Outsider. Nur dann wird die während einer Krise notwendige Einschränkung auf die Outsider entfallen, und die Preise brauchen bloß bis zum Produktionspreis des Kartells herabgesetzt zu werden.
Die Unterscheidung zwischen Interessengemeinschaft und Fusion schließlich beruht auf der Verschiedenheit der formalen Organisation. Die Interessengemeinschaft beruht auf Vertrag zweier oder mehrerer bisher voneinander unabhängiger Unternehmen; bei der Fusion gehen zwei oder mehrere Unternehmen in ein neues Unternehmen auf. Dieser Gegensatz ist aber nur ein solcher der Organisationsform; er sagt aber nichts über den inhaltlichen Unterschied aus; dieser selbst hängt vielmehr ab von dem Inhalt des Vertrages, auf dem die Interessengemeinschaft beruht. Jedenfalls beschränkt der Vertrag in irgendwelchen Punkten die Selbständigkeit der Unternehmungen; die Fusion hebt die Selbständigkeit auf. Aber zwischen Beschränkung und Aufhebung ist nur ein gradueller Unterschied. Je mehr der Vertrag die Selbständigkeit der in Interessengemeinschaft befindlichen Unternehmungen einschränkt, desto mehr nähern sie sich in ihren ökonomischen Wirkungen der Fusion. Die Einschränkung der Selbständigkeit einer Unternehmung kann aber wieder in verschiedener Weise vor sich gehen. Zunächst kann die Organisation des Unternehmens vertraglich festgesetzt werden, indem etwa die Untemehmungsleitung sich der Aufsicht eines gemeinsamen Organs unterwerfen muß, das gewisse Arten der Konkurrenz auf dem Gebiete der Zirkulation einschränkt, indem es gemeinsame Zahlungstermine und -bedingungen usw. festsetzt, also die sogenannten „Konditionen“ vereinheitlicht. Dann können Einschränkungen festgelegt werden, die sich auf das ökonomische und betriebliche Verhalten beziehen.
Der Inhalt des Vertrages der monopolistischen Interessengemeinschaft ist aber schon durch ihren Zweck bestimmt. Dieser ist Profiterhöhung durch Preiserhöhung. In einfachster Form wird diese erreicht durch eine Preisvereinbarung. Aber die Preise sind nichts Willkürliches. Sie hängen zunächst ab von Angebot und Nachfrage. Die bloße Preisvereinbarung wird sich nur durchführen lassen zur Zeit der Prosperität, wo die Preise steigende Tendenz haben, und nur in einem beschränkten Umfang. Aber auch dann ist die reine Preisvereinbarung ungenügend. Der erhöhte Preis reizt zu Produktionserweiterungen. Das Angebot steigt, und schließlich läßt sich die Preisvereinbarung nicht aufrechterhalten, spätestens bei Eintritt der Depression wird ein solches Kartell gesprengt. [1]
Soll also das Kartell Bestand haben, so muß der Vertrag weitergehen, er muß ein solches Verhältnis des Angebots zur Nachfrage bewirken, daß der festgesetzte Preis auf dem Markte auch eingehalten bleibt. Er muß also das Angebot regeln, die Produktion kontingentieren. Die Einhaltung dieser Bestimmungen ist nun zwar im Interesse des Gesamtkartells, nicht immer aber in dem der einzelnen Mitglieder, die durch Erweiterung ihrer Produktion ihre Produktionskosten herabsetzen können und daher oft das Bestreben haben, die Kartellbestimmungen zu umgehen. Die sicherste Gewähr gegen Umgehung der Bestimmungen aber ist dann gegeben, wenn der Verkauf der Produkte nicht mehr durch die Mitglieder selbst, sondern durch ein zentrales Verkaufsbüro des Kartells besorgt wird.
Aber die Sicherheit der Kontrolle ist nicht die einzige Wirkung dieser Maßregel. Die direkten Beziehungen des einzelnen Unternehmens zu seinen Kunden sind jetzt für die Dauer der Kartellierung aufgehoben, die kommerzielle Selbständigkeit des Einzelunternehmens damit beseitigt. Das Kartell bindet jetzt seine Mitglieder nicht mehr durch bloßen Vertrag, dessen Bestimmungen jederzeit leicht gebrochen oder umgangen werden können, sondern durch eine gemeinsame ökonomische Einrichtung. Der Austritt aus einem solchen Kartell erfordert erst neue Anknüpfung von Beziehungen zu den Kunden, Wiederherstellung der alten Absatzwege, Versuche, die vielleicht auch fehlschlagen können, jedenfalls nur mit Opfern erkauft werden können. Damit ist zugleich eine größere Festigkeit, eine längere Dauer des Kartells gewährleistet. Das Kartell, das so aus einem rein vertragsmäßigen Gebilde durch Aufhebung der kommerziellen Selbständigkeit der Unternehmungen zu einer kommerziellen Einheit wird, nennt man ein Syndikat. Soll aber das Syndikat möglich sein, so muß es den Abnehmern gleich sein, von welchem der kartellierten Werke sie kaufen. Das setzt wieder eine gewisse Gleichartigkeit der Produktion voraus. Diese ist somit Voraussetzung für das Zustandekommen der engeren, dauernden und strafferen Organisation, wie sie das Syndikat darstellt. Es ist dabei zu bemerken, daß die Kartellierung von Spezialarlikeln überhaupt schwieriger ist, da die Erzeuger Extraprofit aus der Verwendung ihrer Spezialmarken, Patente und dergleichen erzielen, der Ausschluß der Konkurrenz für sie zunächst weniger wichtig ist. Das ist erst dann der Fall, wenn die Kartellierung in den Industrien, die ihnen Rohmaterial liefern, sie gleichfalls zur Kartellierung oder zur Kombination zwingt. Anderseits sorgt die Kartellierung zugleich für größere Vereinfachung der Produktion. [2]
Etwas vereinfacht und schematisiert ergäbe sich also folgende Entwicklung des Vertragsinhalts monopolistischer Interessengemeinschaften, wobei natürlich auch die eine oder andere Entwicklungsstufe übersprungen werden kann. Zunächst als loseste Form, als Vorstufe gleichsam das „Konditionenkartell“ (Grunzel). Darauf folgt die gemeinsame Regelung der Preise; um aber die Preise einhalten zu können, muß das Angebot entsprechend festgesetzt werden. Die Preisregelung, soll sie nicht etwa unbeständig und vorübergehend sein, fordert also Festsetzung der Produktion. Sollen aber keine Umgehungen des Vertrages möglich sein, so wird dies am sichersten verhindert, wenn der Absatz nicht dem Einzelunternehmen überlassen bleibt, sondern von einem gemeinsamen Organ der Unternehmungen, einem Verkaufsbüro, besorgt wird. Damit verliert das Unternehmen seine kommerzielle Selbständigkeit, die direkte Beziehung zu seinen Kunden. Die Einhaltung des Vertrages ist auch gesichert, wenn die Profite nicht dem Unternehmen, das sie wirklich gemacht hat, zufallen, sondern nach einem vorher festgesetzten Schlüssel auf die Gesamtheit der Beteiligten aufgeteilt wird. Ebenso kann der Einkauf der Rohmaterialien gemeinsam erfolgen. Schließlich können auch Eingriffe in die technische Selbständigkeit des Einzelbetriebes erfolgen. Schlecht ausgestattete Betriebe können stillgelegt werden, Betriebe für bestimmte Produkte spezialisiert werden [3], für die sie, sei es durch ihre technische Einrichtung, sei es durch ihre günstige Lage zu den Absatzgebieten besonders bevorzugt sind. All dies kann durch Vertragsabschließungen, also in Interessengemeinschaften erfolgen. Aber eine solche Interessengemeinschaft ist nur mehr durch eine gewisse Schwerfälligkeit ihrer Organisation unterschieden von der Fusion. Die Frage Kartell oder Trust als sich ausschließende Gegensätze ist also falsch gestellt. Die Selbständigkeit der Unternehmungen kann auch in Kartellform so sehr eingeschränkt werden, daß der Unterschied gegenüber dem Trust verschwindet. Die Frage ist vielmehr, welche Vorteile die Einschränkung der Selbständigkeit bietet. Insofern die Einschränkung der Selbständigkeit Vorteile bietet, besitzt sie der Trust von vornherein, während es beim Kartell von der Natur und den Wirkungen des Vertrages abhängt, auf dem es beruht. [4]
Die monopolistische Vereinigung ist ökonomische Herrschaftsorganisation, und die Analogie mit den staatlichen Herrschaftsorganisationen liegt daher nahe. Das Verhältnis von Kartell, Syndikat und Trust findet dann sein Gleichnis in dem Verhältnis von Staatenbund, Bundesstaat und Einheitsstaat. Die Redeweise, die das Kartell als „demokratisch“ im Gegensatz zum Trust anpreist, erscheint in ihrer vollen Lächerlichkeit, wenn man sie sich auf den seligen Deutschen Bund angewendet denkt.
Bei der Preisfestsetzung ist der Trust dem Kartell überlegen. Das Kartell ist gezwungen, bei der Preisfestsetzung auszugehen von dem Produktionspreis des am teuersten produzierenden Werkes, während für den Trust nur ein einheitlicher Produktionspreis existiert, in dessen Produktionskosten sich die Kosten besser und schlechter eingerichteter Betriebe ausgleichen. Der Trustpreis kann so festgesetzt werden, daß die erzeugte Produktenmenge möglichst groß ist; die Größe des Umsatzes gleicht den geringen Profit auf das einzelne Stück aus. Der Trust kann ferner die Stillegung minder rentabler Betriebe viel leichter durchführen als das Kartell. Er kann bei Einschränkung der Produktion diese nur in den am teuersten arbeitenden Unternehmungen eintreten lassen und so die Produktionskosten senken und umgekehrt bei Erweiterung die Produktion der technisch vollkommensten Betriebe steigern; das Kartell muß in der Regel die vergrößerte Produktion gleichmäßig auf seine Unternehmungen verteilen. So entstehen durch die Preisfestsetzungen des Kartells Extraprofite für die technisch besser eingerichteten Unternehmungen, die nicht durch die Konkurrenz ausgeglichen werden, da das Kartell diese ja ausschließt, und die daher den Charakter einer Differentialrente anzunehmen scheinen. Der Unterschied gegen die Bodenrente besteht aber darin, daß das schlechteste Werk keineswegs wie der schlechteste Boden zur Befriedigung des Marktes notwendig ist. Es kann ausgeschaltet werden, wenn seine Produktion an besser eingerichtete Werke übertragen wird. Da der Kartellpreis aber zunächst aufrechterhalten wird, bedeutet die Vergrößerung der Produktion für die billiger produzierenden Werke Extraprofit. So wird es profitabel, die Produktion der teurer produzierenden Werke abzulösen. Die „Differentialrente“ ist aber dann verschwunden, und es existiert nur der hohe Kartellprofit.
Gerade bei dem Rohstoffkartell ist die Verschiedenheit zwischen den Produktionskosten bedeutend, weil hier bestimmend in den Produktionspreis eingeht die Höhe der Boden-(Bergwerks-)rente. Daher ist hier einerseits die Tendenz zur Stillegung minder rentabler (im spezifischen Sinne des Wortes: geringere Bodenrente abwerfender) Betriebe am stärksten, anderseits die Neigung, die Preise hochzuhalten, was wieder relativ stärkere Produktionseinschränkung bedeutet. Das natürliche Monopol erlaubt zugleich, diese Tendenz durchzusetzen. Die hohen Rohmaterialpreise wirken zurück auf die Preise, damit aber auch auf die Quantität der Produktion der weiterverarbeitenden Industrie.
1. Es ist diese Form der Kartelle, die Engels im Auge gehabt hat, wenn er schreibt:
„Die Tatsache, daß die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktivkräfte den Gesetzen des kapitalistischen Warenaustausches, innerhalb deren sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen – diese Tatsache drängt sich heute auch dem Bewußtsein der Kapitalisten selbst mehr und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in der neuen allgemeinen Schutzzollmanie, die sich von der alten Schutzzöllnerei besonders dadurch unterscheidet, daß sie gerade die exportfähigen Artikel am meisten schützt.“ (Die Tatsache ist sehr richtig, aber ihre Erklärung findet sie nur, wenn man den modernen Schutzzoll in Zusammenhang mit den Kartellen betrachtet.) „Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabrikanten ganzer großer Produktionssphären zur Regulierung der Produktion und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, daß diese Experimente nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der erste Sturm muß sie über den Haufen werfen und beweisen, daß, wenn auch die Produktion einer Regulierung bedarf, es sicher nicht die Kapitalistenklasse ist, die dazu berufen ist.
Inzwischen haben diese Kartelle nur den Zweck, dafür zu sorgen, daß die Kleinen noch rascher von den Großen verspeist werden als bisher.“ (Marx, Kapital, III., 1., S. 97, Anm. 16. [Neuausgabe S. 142. Die Red.])
2. „Das Kartell will Massengut; dessen Qualität, Form, Material usw. keine erheblichen Differenzen mehr aufweist. Allerdings kann hier ebenso künstlich nachgeholfen werden, wie dies bei den Warenbörsen geschieht, die ebenfalls eine gewisse Vertretbarkeit der Waren voraussetzen und deshalb durch spezielle Usancen festsetzen, welche Eigenschaft eine Ware aufweisen muß, wenn sie im Börsengeschäft lieferbar sein soll. Die Kartelle erreichen das gleiche Ziel dadurch, daß sie entweder nur gewisse Standardartikel herausgreifen, von denen der Geschäftsgang in der Branche hauptsächlich abhängt, oder indem sie bestimmte Typen aufstellen, nach denen alle Fabrikanten ihre Erzeugnisse anferligen müssen, so daß dann die Qualitätsunterschiede wegfallen. Das internationale Spiegelglaskartell unterwarf beispielsweise der Vereinbarung nur Spiegelglas in der Dicke von 10 bis 15 Millimeter.
Das österreichisch-ungarische Bindfadenkartell wiederum hat von allen zu erzeugenden Sorten Qualitätsmuster aufgelegt und alle Teilnehmer verpflichtet, ihre Waren nur nach diesen Mustern zu erzeugen. Desgleichen hat das österreichisch-ungarische Jutekartell für die zu erzeugenden Jutesäcke bestimmte Typen aufgestellt.“ Grunzel, Über Kartelle, Leipzig 1902, S. 32 ff.
3. Daß auch Kartelle einen gewissen Einfluß auf die Produktion und Technik der Betriebe ausüben, beweist zum Beispiel folgende Äußerung von Schaltenbrand, dem Vorsitzenden des Direktoriums des Deutschen Stahlwerkverbandes:
„Wir haben weiter zu prüfen: Wie werden wir bei dauerndem Bestehen des Verbandes den Absatz leiten können, um ihn möglichst vorteilhaft zu placieren, welche Arbeitsteilung können wir einführen, um billiger zu produzieren in der Richtung, daß nicht jedes Werk alle Erzeugnisse zu produzieren hat?“ (Kontrad. Verh., 10. Heft, S. 236)
Weitgehende Arbeitsteilung in den einzelnen Unternehmungen hat auch das österreichische Maschinenkartell durchgeführt. Die Profite fließen in die gemeinsame Kasse und werden quotenmäßig aufgeteilt.
4. Wenn also Grunzel meint (l. c., S. 14), „Kartell und Trust sind nicht dem Grade, sondern dem Wesen nach sehr verschieden; es ist mir noch kein Fall bekannt, daß in den drei Dezennien der so lebhaften Kartellbewegung in Europa die eine Form in die andere übergegangen wäre“, so nimmt er eben die juristische Form für das Wesen. Daß der Übergang vom Kartell zum Trust nicht häufig ist, beweist eben nur, daß beide Formen denselben Inhalt haben. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die fortschreitende Einschränkung der Selbständigkeit der kartellierten Unternehmungen sie ständig den Trusts nähert. Die Verschiedenheit der Form hängt aber mit anderen Umständen zusammen, vor allem mit der Entwicklung des Bankwesens und seinem Verhältnis zur Industrie und zum Teil mit Eingriffen der Gesetzgebung. Die Förderung der Trustform durch die amerikanische Antikartellgesetzgebung ist bekannt.
Zuletzt aktualisiert am 25. September 2016