Julian Borchart

Das Kapital: Zur Kritik der politischen Ökonomie
von Karl Marx

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15. Wohin die kapitalistische
Akkumulation führen muss

(Bd. I, Kapitel 24, Nr. 7)

Worauf kommt die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals, d. h. seine historische Entstehung, hinaus? Soweit sie nicht unmittelbare Verwandlung von Sklaven und Leibeignen in Lohnarbeiter, also bloßer Formwechsel ist, bedeutet sie nur die Enteignung der unmittelbaren Produzenten, d. h. die Auflösung des auf eigener Arbeit beruhenden Privateigentums.

Das Privateigentum des Arbeiters an seinen Produktionsmitteln ist die Grundlage des Kleinbetriebs; der Kleinbetrieb ist eine notwendige Bedingung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion und der freien Persönlichkeit des Arbeiters selbst. Allerdings existiert diese Produktionsweise auch innerhalb der Sklaverei, Leibeigenschaft und anderer Abhängigkeitsverhältnisse. Aber sie blüht nur, schnellt nur ihre ganze Energie, wo der Arbeiter freier Privateigentümer der von ihm selbst gehandhabten Arbeitsbedingungen ist, der Bauer des Ackers, den er bestellt, der Handwerker des Instruments, worauf er als Virtuose spielt. Diese Produktionsweise unterstellt Zersplitterung des Bodens und der übrigen Produktionsmittel. Wie die Konzentration der letzteren, so schließt sie auch die Kooperation, Teilung der Arbeit innerhalb derselben Produktionsprozesse, gesellschaftliche Beherrschung und Regelung der Natur, freie Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte aus. Sie ist nur verträglich mit engen naturwüchsigen Schranken der Produktion und der Gesellschaft. Sie verewigen wollen, hieße die allgemeine Mittelmäßigkeit dekretieren. Auf einem gewissen Höhegrad bringt sie die materiellen Mittel ihrer eigenen Vernichtung zur Welt. Von diesem Augenblick an regen sich Kräfte und Leidenschaften im Gesellschaftsschoße, welche sich von ihr gefesselt fühlen. Sie muss vernichtet werden, sie wird vernichtet.

Ihre Vernichtung, die Verwandlung der vereinzelten und zersplitterten Produktionsmittel in gesellschaftlich konzentrierte, daher des zwerghaften Eigentums Vieler in das massenhafte Eigentum Weniger, daher die Enteignung der großen Volksmasse von Grund und Boden und Lebensmitteln und Arbeitsinstrumenten, diese furchtbare und schwierige Enteignung der großen Volksmasse bildet die Vorgeschichte des Kapitals. Das selbst erarbeitete, sozusagen auf Verwachsung des einzelnen unabhängigen Arbeiters mit seinen Arbeitsbedingungen beruhende Privateigentum wird verdrängt durch das kapitalistische Privateigentum, welches auf der Ausbeutung fremder, aber formell freier Arbeit beruht.

Sobald dieser Umwandlungsprozess nach Tiefe und Umfang die alte Gesellschaft hinreichend zersetzt hat, sobald die Arbeiter in Proletarier, ihre Arbeitsbedingungen in Kapital verwandelt sind, sobald die kapitalistische Produktionsweise auf eigenen Füßen steht, gewinnt die weitere Vergesellschaftung der Arbeit und weitere Verwandlung der Erde und anderer Produktionsmittel, daher die weitere Enteignung der Privateigentümer, eine neue Form. Was jetzt zu enteignen, ist nicht länger der selbstwirtschaftende Arbeiter, sondern der viele Arbeiter ausbeutende Kapitalist. Diese Enteignung vollzieht sich durch das Spiel der Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot.

Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Enteignung vieler Kapitalisten durch wenige, entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewusste technische Anwendung der Wissenschaft, der sparsamere Verbrauch aller Produktionsmittel durch die kombinierte gesellschaftliche Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarktes, und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Systems.

Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieser Umwandlung an sich reißen, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus der kapitalistischen Produktion selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unerträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Enteigner werden enteignet.

Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende kapitalistische Aneignungsweise, das kapitalistische Privateigentum ist die erste Aufhebung des persönlichen, auf eigene Arbeit gegründeten Privateigentums. Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Aufhebung. Diese stellt nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das persönliche Eigentum auf Grundlage der Errungenschaft des kapitalistischen Zeitalters: der Kooperation und des Gemeinbesitzes der Erde und der durch die Arbeit selbst produzierten Produktionsmittel.

Die Verwandlung des auf eigener Arbeit beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches war natürlich ungemein langwieriger, härter und schwieriger, als die Verwandlung des kapitalistischen Eigentums, das tatsächlich bereits auf gesellschaftlicher Produktion beruht, in gesellschaftliches Eigentum. Dort handelte es sich um die Enteignung der Volksmasse durch wenige Gewalthaber, hier handelt es sich um die Enteignung weniger Gewalthaber durch die Volksmasse.

 


Zuletzt aktualisiert am 12. Juli 2024