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(Bd. I, Kapitel 5)
Der Käufer der Arbeitskraft konsumiert sie, indem er ihren Verkäufer arbeiten lässt. Mit Kennerblick hat der Kapitalist die für sein besonderes Geschäft, Spinnerei, Stiefelfabrikation usw. passenden Produktionsmittel und Arbeitskräfte ausgewählt und lässt nun den Arbeiter durch seine Arbeit die Produktionsmittel verbrauchen. Er muss die Arbeitskraft zunächst nehmen, wie er sie vorfindet, also auch ihre Arbeit, wie sie zu einer Zeit entsprang, wo es noch keinen Kapitalisten gab. Die Verwandlung der Produktionsweise selbst durch die Unterordnung der Arbeit unter das Kapital kann sich erst später ereignen und ist daher erst später zu betrachten.
Der Arbeitsprozeß, als Gebrauch der dem Kapitalisten verkauften Arbeitskraft des Arbeiters, zeigt nun zwei Eigentümlichkeiten.
Der Arbeiter arbeitet unter der Kontrolle des Kapitalisten. Dieser passt auf, dass die Arbeit ordentlich von statten geht und die Produktionsmittel zweckmäßig verwandt werden. Mit anderen Worten: die Freiheit und Selbständigkeit des Arbeiters beim Arbeitsprozess sind dahin.
Zweitens aber: Das Produkt ist Eigentum des Kapitalisten, nicht des Arbeiters. Da der Kapitalist – nach unserer Voraussetzung – den Tageswert der Arbeitskraft zahlt, so gehört ihm deren Gebrauch. Ebenso gehören ihm die anderen zur Erzeugung des Produkts nötigen Elemente, die Produktionsmittel. Folglich geht der Arbeitsprozess zwischen Dingen vor sich, die der Kapitalist alle gekauft hat, und somit ist das Produkt sein Eigentum.
Dieses Produkt ist ein Gebrauchswert, Garn, Stiefel usw. Aber obgleich Stiefel z. B. gewissermaßen die Basis des gesellschaftlichen Fortschritts bilden und unser Kapitalist ein entschiedener Fortschrittsmann ist, fabriziert er die Stiefel nicht ihrer selbst wegen. Gebrauchswerte werben hier nur produziert, weil und sofern sie Träger des Tauschwerts sind. Unserm Kapitalisten handelt es sich um zweierlei: Erstens will er einen Gebrauchswert produzieren, der einen Tauschwert hat, einen zum Verkauf bestimmten Artikel, eine Ware. Und zweitens will er eine Ware produzieren, deren Wert höher ist als die Wertsumme der Produktionsmittel und der Arbeitskraft, für die er sein gutes Geld auf dem Warenmarkt vorschoss. Er will nicht nur einen Gebrauchswert produzieren, sondern Wert, und nicht nur Wert, sondern auch Mehrwert.
Wir wissen, dass der Wert jeder Ware bestimmt ist durch das Quantum der in ihr enthaltenen Arbeit. Dies gilt auch für das Produkt, das sich unserm Kapitalisten als Resultat des Arbeitsprozesses ergab. Es ist also zunächst die in diesem Produkt vergegenständlichte Arbeit zu berechnen.
Es sei z. B. Garn. Zur Herstellung des Garns war zuerst sein Rohmaterial nötig, z. B. zehn Pfund Baumwolle. Wie hoch der Wert der Baumwolle, ist nicht erst zu untersuchen, denn der Kapitalist hat sie zu ihrem Wert, z. B. Zu 10 M gekauft. In dem Preis der Baumwolle ist die zu ihrer Produktion erheischte Arbeit schon allgemein als gesellschaftliche Arbeit dargestellt. Wir wollen ferner annehmen, dass die in der Verarbeitung der Baumwolle verzehrten Arbeitsmittel, die Spindeln usw., einen Wert von 2 M besitzen. Ist eine Goldmenge von 12 M das Produkt von 24 Arbeitsstunden oder zwei Arbeitstagen, so folgt zunächst, dass im Garn zwei Arbeitstage vergegenständlicht sind. Die zur Produktion der Baumwolle erheischte Arbeitszeit ist Teil der zur Produktion des Garns, dessen Rohmaterial sie bildet, erheischten Arbeitszeit und deshalb im Garn enthalten. Ebenso verhält es sich mit der Arbeitszeit, die zur Produktion der Spindeln erheischt ist, ohne deren Verschleiß die Baumwolle nicht versponnen werden kann. Jedoch ist vorausgesetzt, dass nur die unter den gegebenen gesellschaftlichen Produktionsbedingungen notwendige Arbeitszeit verwandt wurde. Wäre also nur ein Pfund Baumwolle nötig, um ein Pfund Garn zu spinnen, so darf nur ein Pfund Baumwolle verzehrt sein in der Bildung eines Pfunds Garn. Ebenso verhält es sich mit der Spindel. Hat der Kapitalist die Phantasie, goldene statt eiserner Spindeln anzuwenden, so zählt im Garnwert dennoch nur die gesellschaftlich notwendige Arbeit, d. h. die zur Produktion eiserner Spindeln notwendige Arbeitszeit.
Nunmehr handelt es sich um den Wertteil, welchen die Arbeit des Spinners selbst der Baumwolle zusetzt. Wir nehmen an, dass die Spinnarbeit einfache Arbeit, gesellschaftliche Durchschnittsarbeit ist. Man wird später sehen, dass die gegenteilige Annahme nichts an der Sache ändert.
Es ist nun entscheidend wichtig, dass während der Dauer des Spinnprozesses nur die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verzehrt wird. Müssen unter normalen Produktionsbedingungen 1⅔ Pfund Baumwolle während einer Arbeitsstunde in 1⅔ Pfund Garn verwandelt sein, so gilt nur der Arbeitstag als Arbeitstag von 12 Stunden, der 12 × 1⅔ Pfund Baumwolle in 12 × 1⅔ Pfund Garn verwandelt. Denn nur die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zählt als wertbildend.
Dass die Arbeit gerade Spinnarbeit, ihr Material Baumwolle und ihr Produkt Garn, ist für die Wertbildung vollkommen gleichgültig. Wäre der Arbeiter, statt in der Spinnerei, in der Kohlengrube beschäftigt, so wäre der Arbeitsgegenstand, die Kohle, von Natur vorhanden. Dennoch stellte ein bestimmtes Quantum aus dem Bett losgebrochener Kohle, z. B. ein Zentner, ein bestimmtes Quantum aufgesaugter Arbeit dar.
Beim Verkauf der Arbeitskraft wurde unterstellt, dass ihr Tageswert = 3 M, und dass in 3 M 6 Arbeitsstunden verkörpert sind, dass also 6 Arbeitsstunden erforderlich sind, um die Durchschnittsumme der täglichen Lebensmittel des Arbeiters zu produzieren. Verwandelt unser Spinner nun während einer Arbeitsstunde 1⅔ Pfund Baumwolle in 1⅔ Pfund Garn [1], so in 6 Stunden 10 Pfund Baumwolle in 10 Pfund Garn. Während der Dauer des Spinnprozesses saugt die Baumwolle also 6 Arbeitsstunden ein. Dieselbe Arbeitszeit stellt sich in einem Goldquantum von 3 M dar. Der Baumwolle wird also durch das Spinnen selbst ein Wert von 3 M zugesetzt.
Sehen wir uns nun den Gesamtwert des Produkts, der 10 Pfund Garn, an. In ihnen sind 2½ Arbeitstage vergegenständlicht, 2 Tage enthalten in Baumwolle und Arbeitsmitteln, ½ Tag Arbeit eingesaugt während des Spinnprozesses. Dieselbe Arbeitszeit stellt sich in einer Goldmasse von 15 M dar. Der dem Wert der 10 Pfund Garn entsprechende Preis beträgt also 15 M, der Preis eines Pfundes Garn 1½ M.
Unser Kapitalist stutzt. Der Wert des Produkts ist gleich dem Wert des vorgeschossenen Kapitals. Der vorgeschossene Wert hat sich nicht verwertet, hat keinen Mehrwert erzeugt. Der Preis der 10 Pfund Garn ist 15 M, und 15 M wurden verausgabt: 10 M für Baumwolle, 2 M für die verzehrten Arbeitsmittel und 3 M für Arbeitskraft.
Der Kapitalist sagt vielleicht, er habe sein Geld mit der Absicht vorgeschossen, mehr Geld daraus zu machen. Der Weg zur Hölle ist jedoch mit guten Absichten gepflastert, und er könnte ebenso gut der Absicht sein, Geld zu machen, ohne zu produzieren. Er droht. Man werde ihn nicht wieder ertappen. Künftig werde er die Ware fertig auf dem Markt kaufen, statt sie selbst zu fabrizieren. Wenn aber alle seine Brüder Kapitalisten desgleichen tun, wo soll er Ware auf dem Markt finden? Und Geld kann er nicht essen. Er wird salbungsvoll. Man soll seine Aufopferung bedenken. Er könnte seine 15 M verprassen. Statt dessen hat er sie produktiv verwandt und Garn daraus gemacht. Aber dafür ist er ja im Besitz von Garn statt von Gewissensbissen. Außerdem, wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren. Welches immer das Verdienst seiner Entsagung, es ist nichts da, um sie extra zu zahlen, da der Wert des Produkts, das aus dem Prozess herauskommt, nur gleich der Summe der hineingeworfenen Warenwerte. Er beruhige sich also dabei, dass Tugend der Tugend Lohn. Stattdessen wird er zudringlich. Das Garn ist ihm unnütz. Er hat es für den Verkauf produziert. So verkaufe er es, oder, noch besser, produziere in Zukunft nur Dinge für seinen eigenen Bedarf. Er stellt sich trutzig auf die Hinterbeine. Sollte der Arbeiter mit seinen eigenen Gliedmaßen in der blauen Luft Waren produzieren? Gab er ihm nicht den Stoff, womit und worin er allein seine Arbeit verleiblichen kann? Da nun der größte Teil der Gesellschaft aus solchen Habenichtsen besteht, hat er nicht der Gesellschaft durch seine Produktionsmittel, seine Baumwolle und seine Spindeln, einen unermesslichen Dienst erwiesen? Nicht dem Arbeiter selbst, den er obendrein noch mit Lebensmitteln versah? Und soll er den Dienst nicht berechnen? Hat der Arbeiter ihm aber nicht den Gegendienst erwiesen, Baumwolle und Spindel in Garn zu verwandeln? Außerdem handelt es sich hier nicht um Dienste. Ein Dienst ist nichts als die nützliche Wirkung eines Gebrauchswerts, sei es der Ware, sei es der Arbeit. Hier aber gilt’s den Tauschwert. Er zahlte dem Arbeiter den Wert von 3 M. Der Arbeiter gab ihm einen genau gleichen Wert zurück in dem der Baumwolle zugesetzten Wert von 3 M, Wert für Wert. Unser Freund, eben noch so kapitalübermütig, nimmt plötzlich die anspruchslose Haltung seines eigenen Arbeiters an. Hat er nicht selbst gearbeitet? Nicht die Arbeit der Überwachung, der Oberaufsicht über den Spinner verrichtet? Bildet diese seine Arbeit nicht auch Wert? Sein eigener Werkmeister und sein Geschäftsführer zucken die Achseln. Unterdes hat er aber bereits mit heiterem Lächeln seine alte Miene wieder angenommen. Er foppte uns mit der ganzen Litanei. Er gibt keinen Deut darum. Er überlässt diese und ähnliche faule Ausflüchte und hohle Flausen den dafür eigens bezahlten Professoren der politischen Ökonomie. Er selbst ist ein praktischer Mann, der zwar nicht immer bedenkt, was er außerhalb des Geschäfts sagt, aber stets weiß, was er im Geschäft tut.
Sehen wir näher zu. Der Tageswert der Arbeitskraft betrug 3 M, weil in ihr selbst ein halber Arbeitstag vergegenständlicht ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nötigen Lebensmittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann, ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei ganz verschiedene Größen. Dass ein halber Arbeitstag nötig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den Arbeiter keineswegs, einen ganzen Tag zu arbeiten. Der Wert der Arbeitskraft und ihre Verwertung im Arbeitsprozess sind zwei verschiedene Größen. Diese Wertdifferenz hatte der Kapitalist im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft, Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine unerlässliche Nebenbedingung, weil Arbeit in nützlicher Form verausgabt werden muss, um Wert zu bilden. Was aber entschied, war der besondere Gebrauchswert dieser Ware, Quelle von Wert zu sein und von mehr Wert als sie selbst bat. Dies ist der Dienst, den der Kapitalist von ihr erwartet. Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Warenaustausches gemäß. In der Tat, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der Verkäufer jeder anderen Ware, bekommt ihren Tauschwert und veräußert ihren Gebrauchswert. Der Gebrauchswert der Arbeitskraft, die Arbeit selbst, gehört ebenso wenig ihrem Verkäufer, wie der Gebrauchswert des verkauften Öls dem Ölhändler. Der Geldbesitzer hat den Tageswert der Arbeitskraft gezahlt, ihm gehört daher ihr Gebrauch während des Tages, die tagelange Arbeit. Der Umstand, dass die tägliche Erhaltung der Arbeitskraft nur einen halben Arbeitstag kostet, obgleich die Arbeitskraft einen ganzen Tag wirken kann, dass daher der Wert, den ihr Gebrauch während eines Tages schafft, doppelt so groß ist als ihr eigener Tageswert, ist ein besonderes Glück für den Käufer, aber durchaus kein Unrecht gegen den Verkäufer.
Unser Kapitalist hat den Kasus, der ihn lachen macht, vorgesehen. Der Arbeiter findet daher in der Werkstätte die nötigen Produktionsmittel nicht nur für einen 6-stündigen, sondern für einen 12-stündigen Arbeitsprozess. Saugten 10 Pfund Baumwolle 6 Arbeitsstunden ein und verwandelten sich in 10 Pfund Garn, so werden 20 Pfund Baumwolle 12 Arbeitsstunden einsaugen und in 20 Pfund Garn verwandelt. Betrachten wir das Produkt des verlängerten Arbeitsprozesses. In den 20 Pfund Garn sind jetzt 5 Arbeitstage vergegenständlicht, 4 in dem verzehrten Quantum Baumwolle und Arbeitsmittel, einer von der Baumwolle eingesaugt während des Spinnprozesses. Der Goldausdruck von 5 Arbeitstagen ist aber 30 M. Das ist also der Preis der 20 Pfund Garn. Das Pfund Garn kostet nach wie vor 1½ M. Aber die Wertsumme, der in den Prozess geworfenen Waren betrug 27 M, der Wert des Garns beträgt 30 M. Der Wert desProdukts ist um ⅑ gewachsen über den zu seiner Produktion vorgeschossenen Wert. So haben sich 27 M in 30 Mverwandelt. Sie haben einen Mehrwert von 3 M gesetzt. Das Kunststück ist endlich gelungen.
Alle Bedingungen des Problems sind gelöst und die Gesetze des Warenaustausches in keiner Weise verletzt. Gleicher Wert wurde gegen gleichen Wert ausgetauscht. Der Kapitalist zahlte als Käufer jede Ware zu ihrem Wert, Baumwolle, Spindeln, Arbeitskraft. Er tat dann, was jeder andere Käufer von Waren tut: er konsumierte ihren Gebrauchswert. Der Verbrauch der Arbeitskraft ergab ein Produkt von 20 Pfund Garn mit einem Wert von 30 M. Der Kapitalist kehrt nun zum Markt zurück und verkauft Ware, nachdem er Ware gekauft hat. Er verkauft das Pfund Garn zu 1½ M, keinen Deut über oder unter seinem Wert. Und doch zieht er 3 M mehr aus der Zirkulation heraus, als er ursprünglich in sie hineinwarf.
Vergleichen wir nun Wertbildungsprozess und Verwertungsprozess, so ist der Verwertungsprozess nichts als ein über einen gewissen Punkt hinausverlängerter Wertbildungsprozess. Dauert der letztere nur bis zu dem Punkt, wo der vom Kapital gezahlte Wert der Arbeitskraft durch einen gleichen Wert ersetzt ist, so ist er einfacher Wertbildungsprozess. Dauert der Wertbildungsprozess über diesen Punkt hinaus, so wird er Verwertungsprozess.
Als wertbildend zählt die Arbeit aber nur, soweit die zur Produktion des Gebrauchswertes verbrauchte Zeit gesellschaftlich notwendig ist. Die Arbeitskraft muss unter normalen Bedingungen funktionieren. Ist die Spinnmaschine das gesellschaftlich herrschende Arbeitsmittel für die Spinnerei, so darf dem Arbeiter nicht ein Spinnrad in die Hand gegeben werden. Statt Baumwolle von normaler Güte muss er nicht Schund erhalten, der jeden Augenblick reißt. In beiden Fällen würde er mehr als die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zur Produktion eines Pfundes Garn verbrauchen, diese überschüssige Zeit würde aber nicht Wert oder Geld bilden. Ferner muss die Arbeitskraft selbst normal sein. In dem Fach, worin sie verwandt wird, muss sie das herrschende Durchschnittsmaß von Geschick, Fertigkeit und Raschheit besitzen. Sie muss in dem gewöhnlichen Durchschnittsmaß der Anstrengung, mit dem gesellschaftlich üblichen Grad von Intensität verausgabt werden. Darüber wacht der Kapitalist ebenso ängstlich, so dass keine Zeit ohne Arbeit vergeudet wird. Er hat die Arbeitskraft für bestimmte Zeitfrist gekauft. Er hält darauf, dass Seine zu haben. Er will nicht bestohlen sein. Endlich darf kein zweckwidriger Verbrauch von Rohmaterial und Arbeitsmitteln stattfinden, weil vergeudetes Material oder Arbeitsmittel überflüssig verausgabte Arbeit darstellen, also nicht zählen und nicht in das Produkt der Wertbildung eingehen.
Es wurde früher bemerkt, dass es für den Verwertungsprozess durchaus gleichgültig ist, ob die vom Kapitalisten angeeignete Arbeit einfache gesellschaftliche Durchschnittsarbeit oder kompliziertere Arbeit ist. Die Arbeit, die als höhere, kompliziertere Arbeit gilt, ist die Äußerung einer Arbeitskraft, worin höhere Bildungskosten eingehen, deren Produktion mehr Arbeitszeit kostet und die daher einen höheren Wert hat als die einfache Arbeitskraft. Ist der Wert dieser Kraft höher, so äußert sie sich aber auch in höherer Arbeit und vergegenständlicht sich daher, in denselben Zeiträumen, in verhältnismäßig höheren Werten. Welches jedoch immer der Gradunterschied zwischen Spinnarbeit und Juwelierarbeit, die Portion Arbeit, wodurch der Juwelenarbeiter nur den Wert seiner eigenen Arbeitskraft ersetzt, unterscheidet sich qualitativ in keiner Weise von der zusätzlichen Portion Arbeit, wodurch er Mehrwert schafft. [2]
1. Die Zahlen sind hier ganz willkürlich.
2. Der Unterschied zwischen höherer und einfacherer, qualifizierter und unqualifizierter Arbeit beruht zum Teil auf bloßen Illusionen, oder wenigstens auf Unterschieden, die längst aufgehört haben, wirklich vorhanden zu sein, und nur noch in herkömmlicher Einbildung fortleben; zum Teil auf der hilfloseren Lage gewisser Schichten der Arbeiterklasse, die ihnen weniger als anderen erlaubt, den Wert ihrer Arbeitskraft zu ertrotzen. Zufällige Umstände spielen dabei eine so grosse Rolle, dass dieselben Arbeitsarten den Platz wechseln. Wo z. B. die körperliche Kraft der Arbeiterklasse abgeschwächt und relativ erschöpft ist, wie in allen Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, verkehren sich im allgemeinen wenig komplizierte Arbeiten, die viel Muskelkraft erfordern, in höhere gegenüber viel feineren Arbeiten, die auf die Stufe einfacher Arbeit herabsinken, wie z. B. die Arbeit eines Maurers in England eine viel höhere Stufe einnimmt als die eines Damastwirkers. Auf der anderen Seite figuriert die Arbeit eines Baumwollsamtscherers, obgleich sie viel körperliche Anstrengung kostet und obendrein sehr ungesund ist, als einfache Arbeit. Übrigens muss man sich nicht einbilden, dass die sogenannte qualifizierte Arbeit einen bedeutenden Umfang in der Arbeit einer Nation einnimmt. Laing rechnet, dass in England und Wales die Existenz von 11 Millionen auf einfacher Arbeit beruht. Nach Abzug einer Million Aristokraten und einer anderen Million Armenhäusler, Vagabunden, Verbrecher, Prostituierte usw, von den 18 Millionen der Bevölkerungszahl zur Zeit seiner Schrift bleiben 4 Millionen Mittelklasse mit Einschluss kleinerer Rentner, Beamten, Schriftsteller, Künstler, Schulmeister usw. Um diese 4 Millionen heraus-zubekommen zählt er zum arbeitenden Teil der Mittelklasse, ausser Bankiers usw. alle besser bezahlten „Fabrikarbeiter"! Auch die Maurer fehlen nicht unter den qualifizierten Arbeitern. Bleiben ihm dann die besagten 11 Millionen, (G. Laing, Das Elend der Nation usw., London 1844) „Die grosse Klasse, die für ihren Lebensunterhalt nichts zu bieten hat als gewöhnliche Arbeit, bildet die grosse Masse des Volkes,“ (James Mill in Artikel Colony, Nachtrag zur britischen Enzyklopädie, 1831)
Zuletzt aktualisiert am 12. Juli 2024