MIA > Deutsch > Bebel > Aus meinem Leben, 3. Teil
Im Frühjahr 1880 machte sich allgemein bei uns das Bedürfnis geltend, eine größere Zusammenkunft von Vertretern der Parteigenossen zu veranstalten, die nur im Ausland stattfinden konnte. Einmal galt es, volle Klarheit zu schaffen über die Stellung der Partei zu den Machinationen und Agitationen eines Hasselmann und Most. Zweitens war es notwendig, die Partei über die innere Lage aufzuklären und hierüber eine gründliche Aussprache herbeizuführen. Drittens mußte die Partei über den Sozialdemokrat und seine Verbreitung unterrichtet werden. Endlich galt es, sich über die Maßnahmen für die Agitation zu den nächstjährigen allgemeinen Reichstagswahlen zu verständigen. Die Züricher und wir stimmten darin überein, daß diese Zusammenkunft notwendig sei. So meldete ich ihnen alsdann unter dem 29. März, wir hätten beschlossen, sie solle zwei Tage nach dem offiziellen Schluß des Reichstags in Romanshorn oder Rorschach zusammentreten. Der Schluß des Reichstags sei kurz vor Pfingsten zu erwarten. Die Einladung zu der Zusammenkunft solle von der Redaktion und Expedition des Sozialdemokrat durch ein Rundschreiben, für das ich einen Entwurf beilegte, erfolgen. Die Versendung der Einladung für das Inland würden wir übernehmen. Man solle allseitig größte Diskretion beobachten und empfehlen.
Aber dieses war gut predigen. Ehe noch die Zusammenkunft stattfinden konnte, hatte die Regierung des Kantons Zürich Wind von der Sache bekommen und Erkundigungen eingezogen, was Wahres daran sei. Dies veranlaßte den Sozialdemokrat, in seiner Nummer vom 16. Mai mitzuteilen, die für die Pfingstwoche geplante Zusammenkunft in der Schweiz könne verschiedener Hindernisse halber nicht stattfinden und müsse auf mehrere Monate verschoben werden. Diese Mitteilung hatte nicht früher erfolgen können, so daß mehrere Delegierte, und darunter Most, erst Kenntnis davon erhielten, als sie bereits auf Schweizer Boden angekommen waren.
Most kam bei dieser Gelegenheit auch nach Zürich. Hier beriefen die Genossen eine Versammlung ein, in der er nach jedem Redner das Wort nehmen konnte, um seine Anklagen gegen die Partei zu begründen. Schließlich sprach die Versammlung das Verlangen aus, daß die Polemik zwischen der Freiheit und dem Sozialdemokrat von jetzt ab eingestellt werde. Sollte aber die Freiheit ihre maßlosen Angriffe gegen die Partei fortsetzen, so sei man gezwungen, die zu ihr stehenden Anhänger aus der Partei auszuschließen.
Most gab klein bei und versprach, der Resolution nachzukommen. Kaum war er aber in London, so führte er den alten Kampf weiter und bestritt sogar, versprochen zu haben, die Angriffe gegen die Partei einzustellen.
Nachdem die Pfingstzusammenkunft unmöglich geworden war, mußten wir uns mit der Einberufung einer neuen beschäftigen, worüber ich an die Züricher schrieb:
„Leipzig, den 24. Mai 1880.
Liebe Freunde!
Wegen des Termins wird heute abend entschieden, wo es sich zugleich um eine Feststellung bezüglich Hasselmanns handelt. Wird ein früherer Termin als Mitte August beschlossen, so kann ich nicht kommen ... In Magdeburg haben eine Reihe von Verhaftungen stattgefunden, und bei einer soll ein Brief von Euch gefunden worden sein, worin Ihr tüchtig über uns loszieht.
Damit habt Ihr uns einen bösen Streich gespielt. Das eine wirklich Gute ist, daß Ihr tüchtig auf uns geschimpft habt, andererseits steht aber fest, daß Ihr durch diesen Brief eine längst gesuchte Waffe gegen Leipzig geliefert habt, und man wird dieselbe ausnutzen.
Ich meine doch, in Zeitläuften wie die gegenwärtigen, wo allerhand Zufälligkeiten eintreten können und wirklich eintreten, solltet Ihr Euch nicht gleich von der Leidenschaft hinreißen lassen, sondern kühl und vorsichtig bleiben. Vorläufig hätte doch die Anfrage hierher, wie das zugehe, daß wir die Verbreitung eines Blattes verhinderten, vollständig genügt. Außerdem solltet Ihr doppelt vermeiden, auf hier loszuschlagen, da dies von Hans und anderen schon zur Genüge besorgt wird. Wir werden sehen, was die Magdeburger Affäre für Folgen hat. Ob die Blätter gefaßt sind, wissen wir nicht, der Briefschreiber hat nichts verlauten lassen und müssen wir erst anfragen.
Da von hier kein Verbot der Verbreitung erfolgt ist, haben wir natürlich auch kein solches zurückzunehmen; Ihr seid eben in dieser Beziehung wieder einmal das Opfer von Mißverständnissen geworden und hättet Euch viel Ärger ersparen können. Also noch einmal: hübsch kaltes Blut, selbst da, wo man glaubt, das Richtige unfehlbar zu haben ...
Ich bin sehr ärgerlich, daß die Angelegenheit mit der Zusammenkunft verfahren wurde, so daß mehrere unnütz reisten. Hätte man mich sofort von der beschlossenen Vertagung in Kenntnis gesetzt, wäre alles noch vollkommen rechtzeitig geordnet worden. Ich habe übrigens die Überzeugung, daß die Vertagung nichts schadete, daß im Gegenteil verschiedene später kommen werden, die jetzt wegen der Kürze der Zeit nicht kommen konnten. –
27./5. Montag abend ist beschlossen worden, den Kongreß auf 21., 22. und 23. August anzusetzen. Für einen früheren Termin war niemand, mehrere für einen viel späteren. Hauptgrund ist: wir müssen Geld schaffen, die Geschichte kommt jetzt so viel teurer. Die Verhandlungen beginnen, wie gewöhnlich mit der Vorversammlung Sonnabend.
Den Ort bestimmt Ihr. Wenn Ihr Rorschach nicht nehmen wollt, sondern St. Gallen, empfiehlt sich da nicht gleich Zürich?
Ich bin der Ansicht, daß wir vorläufig, der Spitzel wegen, über den genauen Termin strenges Schweigen beobachten, dagegen allgemein den August als Termin angeben, und daß Ihr demnächst in einer Nummer des Sozialdemokrat dies offiziell anzeigt und wiederholt auffordert, daß sich diejenigen, die zum Kongreß kommen wollen, bei Euch anmelden. Laßt aber das Wort Kongreß öffentlich fort und meldet Besprechung, es erleichtert uns später unsere Verteidigung vor den Gerichten ...
Erklärung gegen Hasselmann und Most, für jeden nach seiner Art, ist Montag vereinbart worden. Hasselmann war von den Berlinern gewählt, aber zu feig anzunehmen, jetzt sprengt der Lump aus, man hätte ganz gut die Versammlung auf deutschem Boden halten können, es sei reine Geldverschwendung von uns. Ihr tut am besten, im Redaktionsbriefkasten eine Notiz zu bringen, worin Ihr einem Beliebigen sagt: ‚Daß eine größere Zusammenkunft in Deutschland zur Besprechung von allgemeinen Parteiangelegenheiten, die eventuell mehrere Tage in Anspruch nähme, möglich sei, das können nur politische Kinder glauben.‘
Ich verreise nächsten Montag bis ziemlich Ende Juni und bitte, alle Briefe so einzurichten, daß sie einem größeren Kreis von Genossen vorgelegt werden können. Habt Ihr etwas Spezielles für meine Person, so laßt dies in besonderem Brief an mich gehen.
Euer August Bebel.“
In Zürich war man mittlerweile auf die gute Idee gekommen, die Zusammenkunft nicht in einer Stadt, sondern auf dem alten Schloß Wyden abzuhalten, das bei dem Dorf Ossingen an der Thur auf einem Hügel romantisch gelegen ist. Der alte Bau gehörte einem Basler Herrn, der uns das Schloß und seine Nebengebäude auf einige Tage vermietete. In einem der letztern wurde ein Massenquartier eingerichtet, bestehend aus Strohlager mit Wolldecke. Der rote Postmeister behauptete, die Ossinger Wirte würden uns kaum freundlich aufnehmen, worin er sich irrte, wie sich nachher erwies; auch würde die Geheimhaltung der Konferenz kaum möglich sein, verkehrten wir im Dorf. So wurden der Wirt des Deutschen Vereins in Romanshorn und seine Frau veranlaßt, die Bewirtung der Kongreßteilnehmer im Schlosse selbst zu übernehmen.
Als wir von der Station Ossingen auf einem Weg um das Dorf zur Burg hin aufstiegen, standen die Bauern in den Feldern und Weinbergen auf ihre Geräte gestützt und sahen uns überrascht und kopfschüttelnd nach. Noch überraschter wurden sie, als am Abend in dem alten Bau Lichter angezündet wurden und die Stimmen der Redner durch die offenen Fenster in den klaren Augustabend hinausschallten. Je mehr aber der Abend fortschritt, um so weniger verlockend erschien mir die Aussicht auf dies nächtliche Strohlager. Die Erinnerung an meine Handwerksburschenzeit stieg erschreckend in mir auf. Außerdem glaubte ich nicht an die Versicherung des roten Postmeisters, die Ossinger Wirte würden uns Speise und Trank trotz unseres guten Geldes verweigern. Ich setzte Liebknecht heimlich auseinander, daß wir dort unten sicher besseres Quartier fänden als hier oben, und lud ihn zum Mitgehen ein. Der war bereit dazu. So verschwanden wir aus dem Kreise der Zecher. Wie ich erwartet, wurden wir im Dorf vom Wirt „Zum Hirschen“ sehr freundlich empfangen und mit gutem Landwein. Schwarzbrot mit frischer Butter und vorzüglichem Schweizerkäse gelabt. Der Wirt gab wiederholt seiner Verwunderung Ausdruck, warum „die Herren“ auf dem Schloß kampierten, statt zu ihnen ins Dorf zu kommen.
Als wir nächsten Morgen wieder auf der Burg erschienen, regnete es Spöttereien. Aber das böse Beispiel verdarb die guten Vorsätze. Das Nachtquartier im Nebenbau des Schlosses war keineswegs ideal gewesen. Außerdem hatten eine Anzahl übermütiger Gesellen einen solchen Lärm und Unfug vollführt, daß an Schlaf kaum gedacht werden konnte. Am zweiten Abend war die Zahl der Ausreißer schon erheblich größer, und am Schluß des Kongresses waren es nur noch einige Unentwegte, die nachts auf dem Schloß aushielten.
Die Ossinger erwiesen sich uns in überraschender Weise dankbar. Im nächsten Jahre sollte in Zürich ein internationaler Kongreß abgehalten werden. Die Liberalen setzten Himmel und Hölle in Bewegung, damit die Regierung ihn verbiete. Sie sammelten im Kanton über 30.000 Unterschriften für ein Verbot, aber kein Ossinger Bauer unterzeichnete. Diese erklärten vielmehr, sie hätten die ausländischen Sozialdemokraten kennengelernt, das seien alles anständige Leute gewesen; sie sähen nicht ein, warum diese in Zürich keine Versammlung abhalten sollten.
Die Zahl der in Wyden versammelten Delegierten belief sich auf 56, darunter alle bekannten Genossen aus Deutschland. Unter anderen waren anwesend: Auer, Bernstein, Birkert-Darmstadt, Garve, Greulich, Fritzsche, Frohme, Grillenberger, Hasenclever, Hillmann-Elberfeld, Kautsky, M. Kegel, Leyendecker-Mainz, Liebknecht, Löwenstein-Fürth, Motteler, Oldenburg-Altona, Schlüter-Dresden, Tauscher, Ulrich-Offenbach, Vahlteich, Vater-Hamburg, Vollmar usw.
Den Vorsitz führten Hasenclever und Vahlteich. Die Berichterstattung über die Situation in Deutschland und die Kassenverhältnisse war mir übertragen. Außerdem war ich Berichterstatter über das Treiben von Most. Auer referierte über die Kasseneinnahmen im Gebiet von Hamburg-Altona und deren Verwendung, Fritzsche über eine besondere Sammlung zugunsten der Berliner Ausgewiesenen und ihrer Angehörigen. Außerdem war Auer die Berichterstattung über die Spaltungsversuche Hasselmanns übertragen. Im ganzen waren bis zum 1. August 1880 rund 36.044 Mark eingegangen, von denen durch meine Hände 24.254 Mark geflossen waren. An die Berliner Ausgewiesenen und ihre Familien hatte ich 10.710 Mark gezahlt, für anderweit gemaßregelte und im Gefängnis sitzende Genossen und deren Familien 5.200 Mark, für drei Reichstagssessionen Diäten von 2.032 Mark, für Geldstrafen und Gefängnisentschädigungen 2.416 Mark usw. Für Gehälter wurde nichts bezahlt. Der Sozialdemokrat führte besondere Abrechnung. Neben diesen an der Zentralstelle eingegangenen Geldern liefen erhebliche Summen, die an den einzelnen Orten eingenommen und ausgegeben wurden.
Von einer Anzahl Berliner Ausgewiesener in Hamburg war ein einundzwanzig Bogen langer Protest eingegangen, der sich hauptsächlich gegen die Fraktion richtete und speziell die Geldverwendung angriff. Tiedt, einer der Berliner Kongreßdelegierten, der den Protest übergeben hatte, erklärte, er habe die Übergabe des Protestes auf Wunsch der Verfasser übernommen, aber mit dem Inhalt desselben könne er sich nicht einverstanden erklären. Um den Berliner Genossen einen genauen Einblick in die Kassenverhältnisse zu ermöglichen, wurde Tiedt mit in die Prüfungskommission gewählt. Die Kommission kam zu dem einstimmigen Beschluß, dem Kongreß die Billigung der Kassenführung vorzuschlagen, die völlig in Ordnung sei. Der Kongreß beschloß einstimmig demgemäß. Später wurde bekannt, daß der Verfasser des Protestes ein ausgewiesener Berliner, der einäugige Wolff war, der als Spitzel im Dienste der Berliner Polizei entlarvt wurde. Im weiteren beschloß der Kongreß einstimmig, das Verhalten der Abgeordneten und der von ihnen eingehaltenen Taktik zu billigen, und sprach den in schwieriger Lage handelnden Vorkämpfern der Partei sein Vertrauen aus.
Im Laufe der allgemeinen Diskussion stellte Schlüter den Antrag, das Wort „gesetzlich“ aus dem Programm zu streichen; die Partei sei rechtlos, gesetzliches Wirken sei ihr unmöglich gemacht, was solle da die Versicherung bedeuten, man wolle mit gesetzlichen Mitteln sein Ziel erreichen? Nach kurzer Diskussion wurde der Antrag einstimmig angenommen. Dieser Beschluß hat nachher inner- und außerhalb des Parlaments und auch in Gerichtsverhandlungen viel Staub aufgewirbelt. Mit Unrecht. Man faßte den Beschluß nicht als einfache Konsequenz der Lage auf, in der sich die Partei befand, sondern als einen revolutionären Akt, der die bisherige Taktik über den Haufen werfen sollte.
Die Verhandlungen über den Ausschluß Hasselmanns aus der Partei nahmen erhebliche Zeit in Anspruch. Am 27. Juni hatte die Fraktion im Sozialdemokrat einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie Hasselmanns Ausschluß forderte wegen der schon erwähnten Reichstagsrede, in der er seine Solidarität mit dem russischen Anarchismus erklärte. Die Fraktion antwortete darauf:
„Diese Worte bedeuten eine Lossagung von der Partei und speziell von uns. Wir akzeptieren diese Lossagung mit Vergnügen. Sie trägt dazu bei, Klarheit in unseren Reihen zu schaffen, was jetzt vor allem not tut, und entfernt einen Menschen aus der Partei, der ihr vom ersten Tag der Vereinigung der deutschen Sozialdemokratie auf dem Kongreß des Jahres 1875 an nur widerwillig vor der Öffentlichkeit angehörte und insgeheim fortgesetzt und planmäßig gegen sie intrigierte und konspirierte. Sprengung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Gründung einer Partei Hasselmann – das war das Ziel, welches Herr Hasselmann, seinem Wesen entsprechend, durch Ränke und Verhetzungen aller Art auf Schleichwegen zu erreichen suchte.“
Die Fraktion trat für diese Anklagen sofort den Beweis an durch Veröffentlichung einer Reihe von Briefen Hasselmanns, aus denen hervorging, wie er systematisch gegen die Partei arbeitete und die nach Eingehen des Neuen Sozialdemokrat (Ende September 1876) vom ihm gegründete Rote Fahne dazu benutzen wollte, die eben erst geschaffene Einheit zu sprengen.
Im weiteren warf der Aufruf Hasselmann vor, wie er nicht einmal den Mut gehabt habe, seine Rede in seinem eigenen Blatt unverändert abzudrucken, wo er sie abschwächte. Die Fraktion forderte, daß, wer gegen die sozialistische Arbeiterpartei sei, sich von ihr trenne. „Wir verlangen reine Bahn. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“
Zum Schlusse wendete sich der Aufruf auch gegen Most, dessen Tollheiten und Inkonsequenzen die Fraktion ebenso fernstehe wie den demagogischen Hetzereien und Intrigen des Herrn Hasselmann. Die Erklärung war von sämtlichen Abgeordneten, mit Ausnahme von Hartmann-Hamburg, unterzeichnet, der die Erklärung für „unzeitgemäß“ hielt.
Auer hatte an der Hand des vorliegenden Materials leichtes Spiel, nachzuweisen, daß die Bestätigung des Ausschlusses Hasselmanns durch den Kongreß eine Selbstverständlichkeit sei. Der Kongreß billigte denn auch mit allen gegen drei Stimmen den Ausschluß. Zwei von diesen drei erklärten, daß sie den Beschluß nicht mehr für nötig hielten, da Hasselmann sich durch sein Treiben selbst außerhalb der Partei gestellt habe.
In der Tat hatte sich Hasselmann schon im Juni nicht entblödet, öffentlich Auer, Derossi und Garve zu denunzieren, sie hätten eine verbotene Sammlung abgehalten. Von der Staatsanwaltschaft zu Hamburg war darauf auch eine Voruntersuchung eingeleitet worden, die aber resultatlos verlief. Most hatte sich in der Freiheit zu der gleichen Ehrlosigkeit verstiegen. Auch die Verhandlungen gegen diesen nahmen den erwarteten Verlauf. Ich hatte es ebenfalls leicht, an dem berghoch vorhandenen Material die traurige Rolle, die er spielte, nachzuweisen. Ein Antrag, ihn als ausgeschieden aus der Partei zu betrachten, wurde mit allen gegen zwei Stimmen angenommen.
Die Versuche einer Anzahl Berliner Genossen, die Anhänger Mosts und Hasselmanns waren, durch spezielle Anträge Hasenclever, Liebknecht, Kayser und mich wegen Äußerungen im Reichstag auf dem Kongreß zur Verantwortung zu ziehen mißglückten kläglich. Es zeigte sich, daß sich der Kongreß in allen Fragen von Bedeutung in einer überraschend einmütigen Stimmung befand. So auch, als er den Sozialdemokrat zum Zentralorgan der Partei ernannte und die Beteiligung an den Reichstags-, Landtags- und Kommunalwahlen empfahl, und zwar aus agitatorischen und propagandistischen Rücksichten.
Weiter wurde beschlossen, für die Beteiligung an den Reichstagswahlen im Herbst mit aller Kraft einzutreten. Bei Stichwahlen sollten die Parteigenossen im allgemeinen Wahlenthaltung üben. Andere Beschlüsse betrafen die Zustimmung zu der in Zürich gegründeten Auswärtigen Verkehrsstelle und die Billigung der Einberufung eines internationalen Kongresses, den die belgischen Genossen angeregt hatten.
Die Nachricht von der Abhaltung des Kongresses auf dem Schloß Wyden war für die Polizei und die öffentliche Meinung Deutschlands eine Sensation. Die Polizei war in der verzweifelten Lage, zugestehen zu müssen, daß sie trotz ihres großen Spitzelapparates nicht vermocht hatte, herauszufinden, wann und wo er stattfinden werde. Die bürgerlichen Parteien waren darüber in Aufregung, daß überhaupt ein Kongreß stattfinden konnte, und sie regten sich noch mehr auf, als kurz nach dem Kongreß in der Berliner Tribüne und der Magdeburger Zeitung höchst romanhaft klingende Schilderungen, die unsere Züricher Genossen inspiriert hatten, erschienen und das ganze Unternehmen im abenteuerlichsten Licht erscheinen ließen. Wir amüsierten uns weidlich darüber. Auf die Stimmung in der Partei war der Wydener Kongreß von der allerbesten Wirkung. Die bloße Tatsache, daß er stattgefunden, wirkte schon höchst anregend. Man war wieder einmal beisammen gewesen, die alten Kämpen hatten sich gesehen und gründlich ausgesprochen, Mißtrauen, wo es vorhanden war, beseitigt; der Mut der einzelnen war bedeutend gehoben worden. Alle gingen frischen Mutes nach der Heimat mit dem Entschluß, die in Wyden ausgestreute Saat zur Reife zu bringen.
Nachdem die erste Überraschung bei unseren Gegnern vorüber war, brach in der gegnerischen Presse eine Hetze gegen die Schweiz los, Kreuzzeitung und Reichsbote voran. Sie verlangten die Ausweisung der Verschwörer aus der Schweiz und rieten zu dem Versuch, einen Hochverratsprozeß zu inszenieren. Aber das Verlangen der Kreuzzeitung und ähnlicher Organe, die Schweiz solle das Asylrecht mißachten und politisch mißliebige Personen ausweisen, hatte nur zur Folge, daß der im September tagende Schweizer Juristentag sich sehr entschieden für das Asylrecht aussprach. Der Grundsatz der Nichtauslieferung politischer Verbrecher sei unbeschränkt aufrechtzuerhalten. Die Schweiz solle in der Asylgewährung weitherzige Grundsätze betätigen, aber Spione, Agents provocateurs und ähnliches Gesindel mit Grund wegweisen. Ausweisung dürfe niemals einem fremden Staat zu Gefallen verhängt werden.
Polizei und Gerichte entwickelten nach Wyden wieder neuen Eifer in unserer Verfolgung. So versuchte das Breslauer Amtsgericht einen Prozeß gegen eine angeblich bestehende geheime Verbindung anzustrengen und verfügte zu diesem Zweck die Briefsperre über 3.000 Personen. Das ganze Postwesen Breslaus wurde desorganisiert und ein großer geschäftlicher Schaden angerichtet. Und das für nichts.
Auch in Leipzig wurde die Polizei uns immer aufsässiger. Die Wolken zogen sich langsam über unseren Häuptern zusammen. Als wir gegen Mitte September uns ungefähr vierzig Mann stark zu einer „Geburtstagsfeier“ vereinigt hatten, brach plötzlich die Polizei in das Lokal und verhaftete uns allesamt. Unter starker Polizeieskorte wurden wir nach dem Polizeiamt geführt, um verhört zu werden. Ein großer Menschenhaufen begleitete uns. Diese Prozedur, die ergebnislos verlief, wähnte über zwei Stunden, dann wurden wir entlassen. Das einzige Opfer jenes Vorgangs war der russische Genosse Zetkin, der als Schriftsetzer in Leipzig tätig war und als Gast der „Geburtstagsfeier“ beigewohnt hatte. Er wurde ausgewiesen.
Eine erneute, aber erfolglose Haussuchung fand bei mir statt. Auch machte ich die Entdeckung, daß die Staatsanwaltschaft über eine Dame, die sich bereit erklärt hatte, für Briefe an mich als Deckadressatin zu dienen, die Briefsperre verhängt hatte. Die der Staatsanwaltschaft hierbei in die Hände gefallenen Briefe boten aber kein Material zu einer Anklage. Auch sorgte ich sofort dafür, daß die Deckadresse gelöscht wurde.
Der Kampf ging weiter. Die Nummer 39 des Sozialdemokrat vom 26. September veröffentlichte einen von mir verfaßten und von den Kollegen gebilligten Aufruf, unterzeichnet: „Deutschland, den 18. September, Die Parteivertretung“, in dem es mit Hinweis auf den Wydener Kongreß unter anderem hieß:
„... Unsere Aufgabe ist unter den Umständen, unter denen die Partei gegenwärtig in Deutschland lebt und kämpft, eine sehr verantwortliche und schwierige. Von Feinden umgeben, die uns vernichten wollen, denen eine reaktionäre Gesetzgebung Mittel in Hülle und Fülle an die Hand gibt, uns im ‚Namen des Gesetzes‘ zu unterdrücken, kann, wir wiederholen es, nur Mut, gepaart mit Klugheit, uns Erfolge sichern.
Unter diesen Bedingungen ist jedes Mittel recht, das Erfolge sichert, und die Sache der Parteigenossen jedes einzelnen Ortes ist es, die geeigneten Mittel und Wege zu ergreifen und einzuschlagen, die ihnen zur Erreichung des Erfolges am sichersten scheinen. ...
Also organisiert euch, einerlei wie, ... Organisation überall, bis in den entlegensten Ort, wo wir Anhänger haben, und unter jeder denkbaren Form. Das ist das erste Gebot.
Das zweite ist: Unermüdliche Agitation für die Verbreitung unseres Zentralorgans, des Sozialdemokrat, durch Gewinnung neuer Leser und Abonnenten ...
Das dritte Gebot ist: Das beständige Sammeln von Geldern für Agitations- und Unterstützungszwecke an jedem Orte und in jeder Form. ... Zum Kriegführen gehört Geld, Geld und wieder Geld, und da die Partei beständig Krieg führt, braucht sie auch beständig Geld.“
Des weiteren rieten wir zur Vorsicht.
„Ihr sollt vorsichtig sein, und ihr müßt namentlich verschwiegen sein – Spione gibt’s überall –, aber ihr dürft nicht feig sein.“
Darauf folgten Anweisungen, wie man sich im einzelnen verhalten solle. Schließlich wurde nochmals dringend die Organisation in den einzelnen Wahlkreisen im Hinblick auf die nächsten Reichstagswahlen empfohlen. Auch solle man Geld für die Wahl sammeln und sich über den Kandidaten verständigen.
Außer der hier im Auszug mitgeteilten Ansprache der Parteileitung hatte sich aber auch die Auswärtig Verkehrsstelle in Zürich veranlaßt gesehen, eine Art Manifest zu veröffentlichen und als Flugblatt zu versenden, in dem eine Auslegung der Wydener Beschlüsse gegeben wurde, die wir nicht billigen konnten und durften, da sie in künftigen Prozessen dem Staatsanwalt ein bedenkliches Material lieferte. Die Anschauungen, die wir in Leipzig über dieses Vorgehen der Auswärtigen Verkehrsstelle hatten, kommen in einem Briefe zum Ausdruck, den ich am 18. September an die Züricher Genossen schrieb und in dem es heißt:
„... Und nun zum Schlusse zu einem Punkte, der hier in den letzten Tagen sehr viel Staub aufgewirbelt hat. Es betrifft dies das Manifest, das die Magdeburger Zeitung anscheinend in extenso brachte.
Wir haben von diesem Aktenstück keine Ahnung, wir wissen auch nicht, welchen Zweck dasselbe hat und ob dies etwa die Antwort sein soll, von der W. [1] in seinem Briefe spricht, daß er sie auf die Kongreßbegrüßungen (aus dem Ausland) gegeben. Diese einfache Tatsache beweist, in welch peinlicher Lage wir uns befinden.
Ich bin beauftragt, zu erklären, daß wir sämtlich gegen diese Art des Vorgehens Protest erheben und ein zweiter derartiger Schritt zu einem unheilbaren Konflikt zwischen uns und der Verkehrsstelle führen muß.
Ich will hier nicht über die Form, und den Ton sprechen, in dem das Aktenstück gehalten ist, obgleich hierüber sehr absprechende und sehr scharfe Urteile gefallen sind und auch mir scheint es, als glaube man bei Euch, Herrn Most um jeden Preis übertrumpfen zu müssen.
Worin aber Einstimmigkeit herrschte, das war über das eigenmächtige Vorgehen der Verkehrsstelle in einem Fall, der notwendigerweise uns erst zur Prüfung und Begutachtung vorgelegt werden mußte. Die Verkehrsstelle ist keine besondere Behörde, sie kann und darf nicht offizielle Aktenstücke auf eigene Faust in die Welt schicken, für die wir unter allen Umständen verantwortlich gemacht werden. Eine solche Verantwortung übernehmen wir nicht, und eine Behandlung, wie sie uns in dem vorliegenden Fall zuteil geworden ist, lassen wir uns nicht gefallen.
Hier geschieht nichts, was nicht zuvor kollegialisch beraten worden ist, und wir müssen darauf sehen, daß jedes auf weitere Kreise und zur Veröffentlichung bestimmte Aktenstück, das einen offiziellen Charakter trägt, oder tragen soll, uns zuvor vorgelegt und nicht eher und nicht anders veröffentlicht wird, wie wir nach vorausgegangener Beratung bestimmen. ...
Darüber kann kein Zweifel sein, daß der Kongreß, und was ihm nachfolgt, die Wut unserer Gegner aufs äußerste gereizt hat und ein systematisch geführter Hetzkrieg mit entsprechenden Verfolgungen nicht ausbleiben wird. Den gilt es, nicht ohne Not zu verschärfen.
Wir räumen der Verkehrsstelle das Recht ein, die Korrespondenz mit den auswärtigen Genossen zu führen, Aufschlüsse und Auskünfte zu geben, soweit sie das für zweckmäßig hält, und die Gelder einzuziehen. Sobald es sich aber um Akte handelt, durch die größere Parteikreise in irgendeiner Weise in Mitleidenschaft gezogen werden sollen, müssen wir darauf bestehen, unterrichtet zu werden und daß rechtzeitig unsere Zustimmung dazu eingeholt wird. ... Ich glaube, das ist nicht mehr als recht und billig. Da hier die Leitung ist und nicht in Zürich, so darf dort nichts von Wichtigkeit und entscheidender Bedeutung geschehen, von dem wir hier nicht zuvor unterrichtet wurden.“ –
Welchen Eindruck dieses Manifest auf unsere Gegner gemacht, zeigte die Rede, die Herr v. Puttkammer am 30. März 1881 im Reichstag gegen uns hielt, in der er das Manifest vorlas, um an ihm den gefährlichen revolutionären Charakter der Sozialdemokratie zu demonstrieren. Und als achtzehn Jahre später (1899) es sich darum handelte, den Parteigenossen Dr. Arons von der Stellung eines Privatdozenten an der Berliner Universität zu entfernen, stützten sich seine Ankläger wieder auf jenes Manifest, das sie als offizielles Aktenstück der damaligen Parteileitung bezeichneten.
Meine Auffassung über die damalige Situation gibt folgender Brief an Engels wieder:
„Leipzig, den 22. September 1880.
Lieber Engels!
Ich habe Sie auf eine Antwort auf Ihren Brief vom 27. März bis heute warten lassen. Ich kann diese lange Pause damit entschuldigen, daß ich von jener Zeit bis Anfang September, mit sehr kurzen Unterbrechungen, fast stets auf der Reise war. Die kurzen Unterbrechungen waren aber so mit anderen Arbeiten in Anspruch genommen, daß ich nicht die Zeit zu einer Antwort fand.
Nach dieser langen Pause will ich auch auf verschiedene persönliche Angelegenheiten, die in Ihrem Briefe erwähnt werden, nicht weiter zurückkommen.
Es wäre mir sehr angenehm, wenn Sie die von mir gewünschten Photographien von Ihnen und Marx Liebknecht mitgeben könnten. ... Wie es mit der neuen Auflage Ihrer Schrift geworden ist, wird Ihnen Liebknecht mitteilen; ich bat ihn, die Angelegenheit zu ordnen, weil ich aus den eingangs erwähnten Gründen keine Zeit dazu hatte. Irre ich nicht ganz, so betraf der kürzlich in Breslau beschlagnahmte Satz Ihre Schrift. Daß Verrat im Spiele war, ist offenbar, wie denn der Verrat überall neben der Ungeschicklichkeit eine mehr oder weniger große Rolle spielt. So wurde mir vor einer Stunde mitgeteilt, daß man hier Haussuchung bei einem Genossen hielt, der im Verdacht steht, den ‚Sozialdemokrat‘ zu kolportieren. Das konnte nur infolge von Verrat geschehen. Mit welchem Erfolg gehaussucht wurde, weiß ich bis diesen Augenblick, abends 9 Uhr, nicht. Der Betreffende war noch zufällig heute nachmittag bei mir, und während seiner Abwesenheit fiel ihm die Polizei ins Haus. Sie wollen Liebknecht den Fall mitteilen, er wird ihn interessieren.
Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß in der nächsten Zeit hier einige Hauptschläge bevorstehen, das heißt, wenn man das Material dazu findet. Der Kongreß hat riesig verschnupft, und die Führerschaft in all dem Unheil wird Leipzig zugeschrieben. Wir haben bisher hier, im Vergleich zu anderen Orten, ein idyllisches Leben geführt; das hat nunmehr aufgehört, und wir werden die Ohren steif halten müssen.
Über den Verlauf des Kongresses sind Sie einigermaßen aus dem ‚Sozialdemokrat‘ unterrichtet, die wichtigsten Beratungen mußten natürlich verschwiegen werden; mit dem Verlauf desselben bin ich im allgemeinen sehr zufrieden, und er hat auch überall bei den deutschen Genossen sehr gut gewirkt. Wenn Most durch lügnerische Darstellungen und gehässige Kritisierung glaubt großen Schaden anrichten zu können, irrt er sich. Sein Anhang ist im ganzen sehr gering, und der unverhohlene Übertritt ins anarchistische Lager, wie er namentlich durch den Leitartikel der letzten Nummer und die hinter diesem abgedruckten Bakunistischen Revolutionsregeln zum Ausdruck gelangt ist, wird ihm noch mehr schaden.
Ich sollte meinen, daß dadurch aber gerade auch für Sie und Marx der Zeitpunkt gekommen wäre, rund und nett zu erklären, daß Sie mit Most keine Beziehungen haben. Sie werden vielleicht antworten, das sei nicht nötig, da Sie nie sich für Most erklärten. Diese Auffassung ist nicht richtig. Most hat in zahlreichen Briefen sich mit Ihrer und Marx’ Zustimmung gebrüstet; der Umstand, daß von Marx einigemal Abonnementsgeld quittiert war, hat nach außen, wo man den Sachverhalt nicht kennt, den Eindruck gemacht, als werde Most gar materiell unterstützt. Tatsache ist, daß Most mit allem diesem namentlich in Österreich stark für sich Propaganda gemacht hat. Ich verlange nun nicht, daß Ihr Euch für den Sozialdemokrat erklären sollt, auch nicht, daß Ihr diesem eine Erklärung zusendet. Die Angelegenheit läßt sich in einer für Euch völlig anstandslosen Weise dadurch erledigen, daß Ihr einem von uns einen Brief als Antwort auf eine bezügliche Anfrage schreibt und der Empfänger – der seinen Namen nicht zu nennen braucht – Euren Brief veröffentlicht. Die Wirkung dürfte für Euch und für uns eine gute sein. Ihre und Marx’ vollständige Passivität wird häufig nicht günstig beurteilt, und man wünscht allgemein, daß Ihr Euch aktiv beteiligt und sagt, was Ihr über die Zeit denkt.
Sie haben ja vollkommen recht, wenn Sie in Ihrem letzten Briefe ausführen, wie alle Tätigkeit unserer Gegner schließlich zu unseren Gunsten ausfalle und wie namentlich die unruhige Vielgeschäftigkeit und zerstörerische Tätigkeit Bismarcks uns in die Hände arbeite. Aber damit allein kann sich doch niemand von uns zufrieden geben, wir müssen die Löcher, die jener gräbt, weiter schaufeln und die Unzufriedenheit, die seine Tätigkeit wie die fortdauernde allgemeine Misere erzeugt, nach Kräften schüren, und da müßt Ihr so gut wie wir helfen.
Recht interessante Überraschungen wird uns die Handelsministerschaft Bismarcks bringen. Hier ist er auf ein Gebiet geraten, auf dem er sich die Zähne sicher ausbeißt und auf dem er obendrein nicht anders als im höchsten Grade Unzufriedenheit säend wirken kann. Bringt er wirklich Gesetze zugunsten der Arbeiter, so hat er erstens die ganze Bourgeoisie gegen sich, und er wird zweitens die Arbeiter nicht gewinnen, weil er bei dem besten Willen doch nur Halbheiten bieten kann. Von allen Ämtern, die er bisher bekleidete, ist dies, was er jetzt angenommen hat, dasjenige, was ihn am gründlichsten ruinieren wird.
Ein weiterer Vorteil wird sein, daß durch die heftige Polemik, welche seine Maßnahmen notwendig hervorrufen, die indifferenten Massen aufgerüttelt und zur Teilnahme am und zur Parteinahme im öffentlichen Leben gezwungen werden. Das kann wiederum niemand mehr nützen als uns. So vorteilhaft das alles ist, wir müssen die Situation auch für uns ausbeuten. Wenn Ihr Euch entschließen könntet, jetzt einmal öffentlich hervorzutreten, indem Ihr die Situation, wenn ich mich so ausdrücken soll, theoretisch beleuchtet, so würde das von mächtiger Wirkung sein, und Euer Urteil würde mehr als einmal von unseren und Bismarcks Gegnern zitiert werden.
Wir sind hier mit den laufenden täglichen Arbeiten und hunderterlei oft kleinen und kleinlichen Geschichten so in Anspruch genommen, daß die nötige Zeit und Sammlung zu solcher Arbeit fehlt, und zudem versteht Ihr’s auch weit gründlicher wie wir. Also gebt das Schmollen auf.
Ich wäre verwünscht gerne einmal noch dortge kommen, um Euch persönlich kennenzulernen, aber es paßte diesmal wieder nicht, gegen Ende nächsten Monats wäre es gegangen. Die übrige Jahreszeit, die Reichstagssession inbegriffen, bin ich mit dem Geschäft und geschäftlichen Reisen so im Gedränge, daß ich sehr schwer abkommen kann. Indes, es muß doch einmal werden.
Herzliche Grüße an Sie und Marx von Ihrem
August Bebel.“
1. Wohl Walther, das heißt Vollmar. – D.H.
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Zuletzt aktualisiert am 1.7.2008